Brüssel. In der Paket- und Logistikbranche ist ein spektakulärer Milliardendeal geplatzt: Der US-Paketriese United Parcel Service (UPS) darf nach dem Nein aus Brüssel seinen niederländischen Rivalen TNT Express nicht übernehmen. Die europäischen Wettbewerbshüter haben wie erwartet ihr Veto eingelegt. „Nach der Übernahme hätte es in 15 EU-Staaten nur noch zwei oder drei Anbieter gegeben und die Preise wären mit hoher Wahrscheinlichkeit gestiegen“, begründete EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Mittwoch das Verbot.
Für die Deutsche Post mit ihrer Paket- und Expressmarke DHL ist dies eine gute Nachricht. UPS ist Hauptkonkurrent und wollte mit der TNT-Übernahme auf dem wachsenden europäischen Expressmarkt aufschließen. Dieser Großangriff auf den Bonner Konzern fällt nun aus. Eigentlich wollten die Amerikaner den niederländischen Konkurrenten für 5,2 Milliarden Euro schlucken.
UPS war über die EU-Vorbehalte informiert und hatte deswegen vor zwei Wochen die Übernahme abgeblasen. Nach der Entscheidung zeigte sich der Konzern enttäuscht. „UPS ist der Überzeugung, dass das zusammengeschlossene Unternehmen die Logistikbranche verändert und den Kunden bedeutende Vorteile gebracht hätte“, erklärte der US-Konzern am Sitz in Atlanta. Nun wolle man sich wieder auf das eigene Wachstum konzentrieren und ziehe sein Angebot für TNT zurück. Für UPS wird es teuer: Der Konzern muss den Niederländern laut Vereinbarung eine Entschädigung von 200 Millionen Euro zahlen.
Nach Worten Almunias ist das Nein aus Brüssel für die Konzerne verkraftbar. Diese könnten gegen die Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Europas Kartellwächter sprechen selten Verbote aus. Zuletzt hatte die EU-Kommission vor einem Jahr die Börsenfusion von Deutscher und New Yorker Börse untersagt. Nach Worten Almunias hat Brüssel in den vergangenen drei Jahren von 800 Fällen lediglich drei verboten.
Brüssel will fairen Wettbewerb erhalten
Die Kommission betonte, dass nur vier Unternehmen in der Region ein ähnlich breites Angebot an Luft- und Landpaketdiensten anbieten. Neben UPS und TNT sind das die Deutsche Post DHL und das US-Unternehmen Fedex. Ihr Angebot umfasst internationale Lieferungen per Kurier, Express und Paketdienste. Nationale Postbetreiber könnten auf diesem Gebiet nicht mithalten. Almunia argumentierte, die EU-Kommission habe im Sinne der Verbraucher entschieden. In der EU müssten viele Firmen Pakete – etwa Medikamente, Blutkonserven oder wichtige Dokumente – innerhalb von 24 Stunden verschicken: „Es muss bezahlbare und zuverlässige Lieferdienste geben“, betonte der Kartellwächter.
Die Fusionspartner waren zwar auf Brüssel zugegangen und hatten Zugeständnisse eingeräumt, diese reichten aber nicht aus. Nach Almunias Worten war UPS für die Fusion bereit, TNT-Töchter in den 15 EU-Ländern zu verkaufen. UPS wollte dem Käufer zudem Zugang zu seinem Flugstreckennetz gewähren.
Europa ist für Kurier-, Express- und Paketdienste ein Riesenmarkt. Der Umsatz lag nach einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearny im Jahr 2011 bei 47,2 Milliarden Euro. (dpa/bw)