London. Das Unterhaus hat am Mittwochabend in London über mehrere Zusätze des Oberhauses zum EU-Austrittsgesetz abgestimmt. Am zweiten Tag der Debatte ging es unter anderem darum, ob Großbritannien die Mitgliedschaft in einer Zollunion mit der EU und dem europäischen Binnenmarkt anstreben sollte. Die Debatte über Änderungen des Oberhauses am EU-Austrittsgesetzes endete ohne eine größere Schlappe für die Regierung. Bei mehreren Abstimmungen lehnten die Abgeordneten sowohl Zusätze ab, die eine Mitgliedschaft Großbritanniens in der Zollunion mit der EU vorsahen, als auch Pläne, das Land im europäischen Binnenmarkt zu halten.
Proeuropäische Parlamentarier im Oberhaus hatten dem Gesetzentwurf gegen den Willen der Regierung mehr als ein Dutzend Änderungen angefügt. Bereits am Dienstag gelang es der Regierung, einige davon wieder rückgängig zu machen. Bis zuletzt war aber unklar, ob May dafür die notwendige Mehrheit finden würde.
Seit der Schlappe bei der vorgezogenen Parlamentswahl im vergangenen Jahr regiert sie mit hauchdünner Mehrheit. Auch am Mittwoch muss May mit einer Rebellion EU-freundlicher Abgeordneter in den Reihen ihrer Konservativen Partei im Unterhaus rechnen. Nur mit Zugeständnissen in letzter Minute konnte die Premierministerin am Dienstag eine Niederlage im Parlament zu dem Gesetz abwenden. Mit 324 zu 298 Stimmen votierten die Abgeordneten gegen einen Zusatz des Oberhauses, der dem Parlament deutlich mehr Einfluss auf die Brexit-Verhandlungen verschafft hätte.
Gesetz soll Chaos am Tag des Brexits verhindern
Medienberichten zufolge gelang es May, die proeuropäische Rebellen mit dem Versprechen auf Linie zu bringen, wesentliche Forderungen in einem späteren Stadium des Gesetzgebungsverfahrens zu akzeptieren. Es geht dabei um die Frage, ob das Parlament die Regierung noch einmal an den Verhandlungstisch schicken kann, falls der Brexit-Deal bei den Abgeordneten durchfällt oder kein Abkommen zustande kommt.
Wie weit die Zugeständnisse der Premierministerin gehen, war jedoch bereits kurz nach der Abstimmung zwischen Brexit-Befürwortern und proeuropäischen Abgeordneten heftig umstritten. Der EU-freundliche konservative Abgeordnete Dominic Grieve sagte der britischen Nachrichtenagentur PA, er habe „keinen Zweifel daran“, dass das Parlament nun ein bedeutsames Mitspracherecht über ein Brexit-Abkommen haben werde.
Das EU-Austrittsgesetz ist der Herzstück der Brexit-Gesetzgebung. Mit dem Gesetz soll die Geltung von EU-Recht in Großbritannien beendet werden. Gleichzeitig sollen alle EU-Bestimmungen in nationales Recht übertragen werden, damit am Brexit-Tag kein Chaos entsteht.
Der Gesetzentwurf geht derzeit im sogenannten Ping-Pong-Verfahren so lange zwischen Oberhaus und Unterhaus hin und her, bis sich beide Häuser über den genauen Wortlaut einig sind. (dpa/jt)