Übergangsfrist: Mehr Zeit für Klarheit

Am vergangenen Freitag hat der Europäische Rat einer Übergangsregelung für den Brexit zugestimmt. Der EU-Ausstieg Großbritanniens ist für März 2019 geplant. Danach soll eine knapp zweijährige Übergangsfrist bis Ende 2020 folgen, in der sich praktisch nichts ändert. Die Briten bleiben im EU-Binnenmarkt, gewähren EU-Bürgern alle bisherigen Rechte, zahlen in den EU-Haushalt ein und erkennen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes an. Die einzige Änderung: Das politische Mitspracherecht des EU-Aussteigers besteht voraussichtlich schon nächstes Jahr nicht mehr. Mit der Frist will die Politik der Wirtschaft Zeit für die Umstellung kaufen.Sowohl der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) als auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßten die Entscheidung. "Es ist sehr wichtig für unsere Unternehmen, dass die EU-Mitgliedstaaten das nächste Etappenziel in den Verhandlungen über den britischen EU-Austritt erreicht haben", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Der Pressesprecher André Schwarz vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) äußerte sich zwar positiv zur Übergangsfrist, bezweifelt aber, dass bis Ende 2020 alle offenen und strittigen Punkte geklärt seien. So stufte er bereits den Aufbau der neu zu schaffenden Verwaltungsstrukturen im Vereinigten Königreich als Herausforderung ein.Austrittsabkommen für Oktober geplantIn den nächsten Monaten will die EU mit den Briten an einem Austrittsabkommen feilen. Es soll bis Oktober stehen und die Eckpunkte für die künftigen Beziehungen enthalten. Geht es nach den Briten, behalten sie alle Vorteile und werden nur die EU-Verpflichtungen los. So forderte die britische Premierministerin Theresa May eine "breiteste und tiefstmögliche Partnerschaft - die eine weitergehendere Kooperation bedeutet als jedes Freihandelsabkommen heute weltweit".Abkommen beeinflusst WirtschaftDie Europäische Kommission lehnt dies ab. Auf dem EU-Gipfel vergangenes Wochenende in Brüssel zeichnete sich ab, dass sie derzeit den Briten nur ein herkömmliches Freihandelsabkommen zugestehen möchte. Mehr sei nicht möglich, weil Großbritannien aus dem gemeinsamen Binnenmarkt und der Zollunion austreten wolle, heißt es in den Leitlinien für die nächste Brexit-Verhandlungsetappe.Kommt es zur Verwirklichung dieses Modells, wird das negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Das gilt es zu vermeiden - zumindest wenn es nach den Wirtschaftsverbänden geht. Zwar lehnen sie eine "Rosinenpickerei" in Form von Sonderregelungen kategorisch ab. Dennoch befürwortet der DSLV "ein weitreichendes Handelsabkommen mit Großbritannien mit möglichst niedrigen Handelshemmnissen". Der BGA nennt als mögliches Beispiel einen Brexit nach dem norwegischen Modell. Das Land ist wie Island Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR). Der Preis dafür: Neben Beitragszahlungen und der Erfüllung von EU-Regeln müssen auch EU-Bürger uneingeschränkt ins Land gelassen werden. Ein eigentliches No-Go für die Briten.Die Übergangsfrist verschafft Zeit, die jetzt konstruktiv in die Erarbeitung einer Einigung gesteckt werden muss. Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals brauchen nach Ansicht des BDI "dringend Orientierung, welche Regeln im Außenhandel und im Transportwesen dauerhaft gelten sollen".

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