Braucht Oberbayern mehr Güterbahnhöfe?

Die IHK für München und Oberbayern hat jetzt auf Defizite im Schienengüterverkehr vor Ort hingewiesen. Wo hakt es genau? Mit rund 20.000 Beschäftigten gehört das bayerische Chemiedreieck zu den größten Standorten dieser Branche in Deutschland. Ein Nadelöhr für die Region und die Wirtschaft ist und bleibt die Schieneninfrastruktur. Das hat kürzlich eine IHK-Konferenz in Burghausen verdeutlicht. Was muss besser werden? Notwendig sind zum Beispiel der zweigleisige Ausbau und eine vollständige Elektrifizierung der Abschnitte ab Tüßling nach Burghausen und Freilassing. Die Bahnanbindung an das dortige Umschlagterminal ist miserabel. Zudem brauchen wir mit Blick auf den geplanten Bau des neuen Brenner-Nordzulaufs einen zusätzlichen Güterbahnhof zwischen Rosenheim und München. Das Umschlagterminal in München-Riem ist voll ausgelastet. Sie plädieren für eine Güterverlagerung auf die Schiene. Welche Vorteile sehen Sie? Die Straßenanbindung ist für viele Unternehmen in der Region lausig. Die A 94 von München nach Burghausen etwa wird zwar gebaut, aber das dauert bis weit nach 2019. Noch gibt es hier eine meist zweispurige Bundesstraße mit wenigen Möglichkeiten zum Überholen. Angesichts des steigenden Güterverkehrsaufkommens und der zunehmenden Masse der Lkw-Fahrten droht langfristig ein Verkehrsinfarkt. Unsere Mitgliedsunternehmen können nur wenige Transporte auf die Schiene verlagern. Weil es zu wenige Güterbahnhöfe in Oberbayern gibt und sich diese zu weit entfernt von den Produktionsstätten befinden, ist das bislang oft unwirtschaftlich. Ich halte ein Ausweichen auf die Schiene auch für angebracht, weil es für die Straße immer mehr Umweltschutz-Restriktionen geben wird. Damit mehr Industrieunternehmen ihre Güter in Zukunft auf der Schiene befördern, muss die Bahn allerdings verlässlicher werden. Bisher hat der Lkw oft den Vorteil, dass er nicht nur schneller ist, sondern auch mehr Flexibilität erlaubt und die Fläche bedient. Welche Rolle spielt der Lkw aus der Sicht Ihrer Organisation in der nahen Zukunft? Die Maschenweite im Schienennetz bleibt selbst dann groß, wenn eine Güterverlagerung stärker gefördert wird. Die Verteilung in der Fläche bekommt man nur mit dem Lkw hin. Nicht überall sind vernünftige Übergänge zwischen Straße und Schiene möglich. Dennoch sind beim Lkw technische Verbesserungen notwendig, um den Schadstoffausstoß und Lärmemissionen noch weiter zu reduzieren. Und es braucht wegen des E-Commerce-Booms neue Lieferkonzepte auf der letzten Meile - etwa Sammelverkehre. Was sollte die Politik tun, um beim Modal Shift das richtige Verhältnis zu finden? Wir appellieren an die Politik, dass wir in Deutschland mehr Unterstützung brauchen, um den Anteil der Bahn am Güterverkehr weiter zu erhöhen. Dazu gehören der Ausbau des Netzes und unter anderem deren Ertüchtigung für den Betrieb von 740 Meter langen Güterzügen, die generelle Beschleunigung von Genehmigungsverfahren bei wichtigen Projekten, aber auch eine Senkung der Trassenpreise, die Digitalisierung und Automatisierung der Bahnen für mehr Effizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit. Dazu sprechen wir mit Bundesbehörden und Bundestagsabgeordneten. Das sind alles Punkte des bereits beschlossenen Masterplans Schienengüterverkehr, der schleunigst in dieser neuen Legislaturperiode umgesetzt werden muss. Deshalb ist unsere dringlichste Bitte, dass sich die Parteien in Berlin so bald wie möglich über eine Regierungsbildung einig werden. IHK macht sich für die Schiene stark Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern spricht sich für mehr Umschlagterminals und einen schnelleren Ausbau der Schieneninfrastruktur im Süden des Freistaates aus. Hier sei die Politik gefordert, so Peter Driessen. Vor allem bei Stahl, Papier, chemischen Produkten und Gefahrengütern sei die Bahn eine umweltfreundliche, sichere und konkurrenzfähige Option, deren Potenzial nicht ausgeschöpft sei. ag

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