Börsen in Bewegung

Jeden Tag stellt Nosta Transport, Osnabrück, bis zu 60 Ladungen auf TimoCom, Teleroute und Trans.eu. "Auf unsere Angebote hin melden sich immer wieder Frachtführer, deren Seriosität nicht über jeden Zweifel erhaben ist", sagt Speditionsleiter Detlev Osthoff. "Wiederholt mussten wir nachhaken, ob EU- Lizenz und Versicherungsnachweis wirklich noch aktuell sind." Auf die Frachtenbörsen konnte sich Osthoff bislang immer verlassen. Bei entsprechenden Anfragen haben TimoCom und Co. die notwendigen Auskünfte immer schnell erteilt. Auch in umgekehrter Richtung erlebte Osthoff einen einwandfreien Service. "Wenn unsere Disponenten Frachten akquiriert haben und Rechnungen nicht sofort eintreiben konnten, half das Forderungsmanagement der Frachtenbörsen weiter", betont der Speditionsleiter. Auch andere Services nötigen dem Branchenprofi Respekt ab. Als besonders bemerkenswert empfindet er die Trackinglösung TC EMap von Timo-Com, die Fahrzeugortungen über alle marktüblichen Telematiksysteme erlaubt. Weil Nosta jedoch mit einer eigenen Ortungslösung arbeitet, verzichtet das Unternehmen auf diesen Service. Mehr Services und Innovationen Osthoff steht mit seinem Lob nicht allein da. Auch langjährige Marktkenner bestätigen den Plattformen gerne, dass ihr Service kaum noch Wünsche offen lässt. "Die Frachtenbörsen haben nicht nur die Präventivmaßnahmen gegen Geschäftsrisiken optimiert, sondern auch im Dialog mit den Kunden umfassende Innovationsprozesse eingeleitet", bescheinigt Axel Salzmann, Leiter des Kompetenzzentrums Straßenverkehrsgewerbe und Logistik von Kravag, den Plattformen (siehe Interview). Der unverändert hohe Wettbewerb in der Branche sorgt für enormen Druck. Rund 160 Börsen bieten europaweit ihre Dienstleistungen an, Tendenz weiter steigend. Die weitaus meisten vermitteln Frachten und Laderaum im tagesaktuellen Spotmarkt und wenden sich ausschließlich an Frachtführer und Speditionen. Außer großen internationalen Teilnehmern wie Teleroute, TimoCom, Trans.eu, Wtransnet und RaalTrans gibt es zahlreiche kleinere Plattformen, die sich auf einzelne Märkte wie KEP-Sendungen, Schüttgut oder Komplettladungen spezialisiert haben. Andere Portale wie Cargoclix, Ticontract oder Transwide konzentrieren sich auf die Vermittlung von langfristigen Transportund Logistikkontrakten. Hier können sich auch Verlader registrieren. An neuen Plattformen, die jetzt in den Markt starten, herrscht kein Mangel. Das vorerst jüngste Beispiel ist Xexpress. Die von zwei britischen Logistikern gegründete Plattform vermittelt europaweit Sonderfahrten vorzugsweise für Fahrzeuge bis 12 Tonnen Gesamtgewicht und hat sich auf der Transport Logistic 2015 in München erstmals der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt. Solche Newcomer können sich nur dann eine Chance ausrechnen, wenn sie mit allen marktüblichen Services und den neuesten IT-Applikationen antreten. Bei Xexpress scheint dies der Fall zu sein. Die rund 800 registrierten Teilnehmer können unter anderem mit E-Mail-Benachrichtigungen, welche automatisch über interessante Frachten informieren, und einem Inkasso-Service, der die Konten von Schuldnern bis zur Zahlung sperrt, arbeiten. Über die Qualität der registrierten Teilnehmer informiert ein Benutzerranking, eine mobile Applikation erlaubt die Akquisition von Frachten und Laderaum von unterwegs. Als Konsequenz des harten Wettbewerbs muss auch mancher große Anbieter seine Lösung nachrüsten. Mit kosmetischen Änderungen wie einer übersichtlicheren Homepage oder einer intuitiven Benutzerführung ist es nicht getan. Einige Plattformen haben ihr komplettes IT-System überarbeitet. Das vorerst jüngste Beispiel ist Teleroute. Die Plattform des belgischen Systemhauses Wolters Kluver Transport Services (WKTS), die zuletzt gegenüber manchen Konkurrenten ins Hintertreffen geraten war, wirbt seit Kurzem mit weitergehenden IT-Dienstleistungen. So können Nutzer für jeden Akquisitionsvorgang auf WKTS-Lösungen für Transport- und Auftragsmanagement zurückgreifen und so ihre betrieblichen Abläufe auch für einzelne Frachten optimieren. "Wir wollen jedem Kunden eine maßgeschneiderte Lösung bieten, welche ihren individuellen operativen und finanziellen Anforderungen entspricht", begründet WKTS-Geschäftsführer Fabrice Maquignon solche On-Demand-Lösungen. Außerdem können Nutzer von Teleroute und der Schwesterbörse Transwide über das neue Produkt Community Manager sich mit anderen Teilnehmern vernetzen und bei Ausschreibungen anhand von Kriterien wie Standort, Equipment oder Transportdienstleistungen diese direkt kontaktieren. "Jeder User kann so für einzelne Ausschreibungen geschlossene Benutzergruppen nach seinen Anforderungen bilden", sagt Maquignon. Vermittlungsprozesse beschleunigen Ansonsten zeigt Teleroute bei jedem Fracht- und Laderaumangebot wichtige Informationen wie Kosten für Umwege oder Namen des Disponenten automatisch an. Solche Innovationen dürften von anderen Marktteilnehmern schnell aufgegriffen werden. "Alles muss möglichst in Echtzeit passieren", skizziert Marcel Frings, Sprecher von TimoCom, die aktuellen Herausforderungen der Branche. "Weil jeder mit jedem zu jeder Zeit im digitalen Netz verbunden ist, müssen Kommunikationswege verkürzt und Transparenz sowie Effizienz weiter gesteigert werden." An Lösungen, welche die Vermittlungsprozesse zusätzlich beschleunigen, tüftelt nahezu jeder größere Anbieter. Marktführer TimoCom arbeitet laut eigenen Angaben gegenwärtig an einem Kommunikationstool, das "Standard für einen schnellen und unkomplizierten Austausch innerhalb der Branche" werden soll, so Frings. Offenbar ist dies die Antwort auf das Teleroute-Produkt Community Manager. Auch Trans.eu hat reagiert und präsentierte auf der Transport Logistic 2015 mit "Transclusters" eine Einfach-Version der Teleroute-Lösung. Jeder Nutzer kann Gruppen von ausgewählten Frachtführern und Speditionen bilden, denen er vertraut. "Wir übernehmen auch die Suche nach zuverlässigen Partnern", bietet Trans.eu-Sprecherin Monika Stelmach Hilfe an. Auf der polnischen Frachtenbörse, die vor allem für Osteuropa-Touren genutzt wird, können sich seit Kurzem auch Verlader registrieren. Vor allem bei dieser Zielgruppe dürfte ein neues Tool auf Interesse stoßen, das den Abruf von Telematikdaten über die Trans.eu-Plattform auch durch Drittunternehmen erlaubt. Das Vorbild hierfür ist unübersehbar TC EMap von TimoCom. Allerdings hat der Marktführer eine besondere Plattform für seine Trackinglösung entwickelt, welche auch nicht registrierte Nutzer aus verladenden Unternehmen nutzen können. Solche Lösungen sind Teil der zahlreichen Sicherheitsfeatures, welche viele Anbieter in den letzten Jahren entwickelt haben. Im Fokus stand hierbei die Registrierung von neuen Teilnehmern. Hier haben sich einige Standards durchgesetzt. Jeder Bewerber muss mindestens sechs Monate lang im Markt tätig sein und EU-Lizenz, Handelsregistereintrag, Versicherungsnachweis und andere Unterlagen vorlegen. Außerdem wird seine Bonität regelmäßig überprüft. Alle großen Frachtenbörsen arbeiten mit wenigstens einer Auskunftei zusammen. Wenn der Kandidat freigeschaltet worden ist, filtern sie mithilfe von Algorithmen auffällige Verhaltensweisen während der Nutzung heraus. "Gegenüber der Geschäftspartnersuche auf dem freien Markt erreichen die Frachtenbörsen ein deutlich höheres Sicherheitslevel", ist TimoCom-Sprecher Frings überzeugt. Manche Plattformen wie Trans.eu vergeben auf Basis von eigenen und externen Audits sogar Zertifikate für Arbeitsqualität und Zahlungsmoral. Den Weg zu solchen Standards haben aufstrebende Marktteilnehmer wie Wtransnet geebnet. Die spanische Plattform, die sich in den letzten Jahren zum europaweiten Player gemausert hat, fällt auch heute noch durch besonders strenge Zugangsregeln auf. Über die üblichen Papiere hinaus erwartet Wtransnet drei Kundenreferenzen. Weiter wünscht die Plattform Informationen über Märkte, Routen und Mitarbeitersprachen des Antragstellers. Wer bei Auftragsvergaben auch immer den Zuschlag erhält, erhält in jedem Fall sein Geld, werden die Wtransnet-Macher nicht müde zu betonen. In Zusammenarbeit mit Coface bietet die Plattform eine Zahlungsgarantie an. Wenn ein Teilnehmer eine Rechnung nicht zahlt, springt Coface zu den branchenüblichen Bedingungen einer Warenkreditversicherung ein und übernimmt 90 Prozent der fälligen Summe. Außerdem wird das nicht zahlungswillige oder -fähige Mitglied ausgeschlossen. Auch abgelaufene EU-Lizenzen führen zur Sperrung. Seit dem Gründungsjahr 1996 mussten dem Vernehmen nach rund 800 Unternehmen ausscheiden. Jetzt konzentriert sich Wtransnet auf andere Marktlücken. Gemeinsam mit VIIA, einem Dienstleister der französischen Eisenbahn SNCF, wollen die Spanier Frachten und Laderaum im Kombinierten Verkehr vermitteln. Einen anderen Service kündigt Teleroute an. "Wir entwickeln gerade Alarmtools für fällige Dokumente, welche die Mitglieder hinterlegt haben", sagt Maquignon. Eine solche Nachricht werden langjährige Nutzer wie Osthoff gerne hören. "Wenn wir neue Frachtführer nach aktuellen Dokumenten fragen, müssen diese manchmal passen", so der Nosta-Logistiker. Viele haben deren Verlängerung schlicht vergessen.