Bitte kein Sex in Nummer sechs!

Der vollmundige Slogan "Erwarten Sie Großes" war Volkswagens Antwort auf Daimlers Ansage, "Sex in die Kiste" gebracht zu haben. Damit präsentierten die Schwaben V-Klasse und Vito. Keusch und kühl wie eine niedersächsische Gebetsschwester trat dagegen der neue T 6 auf. Darum könnte der eine oder andere etwas enttäuscht gewesen sein, als sich der Schleier endlich lüftete und auffiel, dass der Neue fast aussieht wie der jetzt "alte" T 5, dessen Basis er nutzt. Darüber können die neu gestaltete Front- und Heckpartien nicht hinwegtäuschen, die optisch auf das Design der aktuellen VW-Pkw zielen. Die Lufteinlässe an der Front zogen die Designer weiter nach unten, was den Transporter nun etwas satter auf den Rädern stehen lassen soll. Dazu tragen auch die jetzt auf Höhe der Fensterlinie montierten Außenspiegel bei, was nebenbei praktische positive Effekte bringen soll. Denn laut VW sind die Spiegel aerodynamisch günstiger positioniert, um Spritverbrauch und Verschmutzungsgrad zu reduzieren. Ebenfalls kräftig zur Verbrauchsverringerung beitragen soll der überarbeitete und mittels SCR-Kat serienmäßig Euro 6 gereinigte 2,0-l-TDI-Vierzylinder. Weshalb nun auch im VW Transporter das regelmäßige Wiederauffüllen des Adblue-Tanks obligatorisch wird. Für knapp 7000 Kilometer reicht der 13-Liter-Vorrat laut VW-Angabe. Mehr freuen, sofern in der Praxis realisierbar, werden sich die Eigner über den Liter Diesel, den der neue Common-Railer im Vergleich zum Vorgänger-TDI laut Norm pro 100 Kilometer einsparen soll. Möglich machen werden das unter anderem ein neuer Wasserladeluftkühler mit verbesserter Kühlleistung und die nun immer serienmäßige Start-Stopp-Anlage. Darüber hinaus will Volkswagen dem neuen TDI mehr Robustheit für den harten Transporteinsatz mitgegeben haben. Was sicher auch nötig ist, wenn in der per Biturbo beatmeten Topversion 204 PS und gewaltige 450 Newtonmeter Drehmoment an die angetriebenen Vorderräder geleitet werden. Vernünftiger für den Transport-Einsatz sind aber sicher die drei alternativen Einstellungen mit 84, 102 oder 150 PS. Wer wenig Kilometer sammelt, kann darüber hinaus weiterhin zum 2,0-l-TSI-Benziner mit 150 oder 204 PS greifen, auch hier ist Start-Stopp nun immer serienmäßig an Bord. Wenig verändert hat VW auch bei der Kraftübertragung. Weiterhin müssen die schwächeren TDI mit fünf Gängen auskommen, ansonsten sind sechs Schaltstufen Standard oder man greift zum Siebengang-DSG-Automaten. Auch innen werden T5-Fahrer die Basis wiedererkennen. Zwar bekam der T6 einen komplett neu gestalteten Armaturenträger spendiert, der an den sexy Flower-Power-Urahnen T2 erinnern soll. Er besteht bei den einfachen Nutzfahrzeug-Versionen aus dem gleichen Hartplastik wie der des Vorgängers. Deshalb stellt das neue Lenkrad die größte optische Abgrenzung zu diesem dar. Wichtiger dürfte den meisten Nutzern aber ohnehin die Vielzahl an neuen praktischen Ablagen im Armaturenträger sein. Großer Sprung bei der Sicherheit Komplettes Neuland sind beim Transporter die elektronischen Assistenzsysteme, die VW für den T6 gegen entsprechende Aufpreise bereithält. Da wäre zunächst der "Front-Assist", der per Radar den Abstand zum Vordermann überwacht und den Fahrer gegebenenfalls optisch und per kurzem Bremsruck wachrüttelt. Für eine drohende Notbremsung erhöht der T6 dann schon mal den Bremsdruck. Mehr dem Komfort dient der Abstandstempomat, zu dem auch eine City-Notbremsfunktion gehört, die bei drohenden Kollisionen unterhalb von 30 km/h selbstständig bremst. Ebenfalls selbstständig bremst auch eine sogenannte Multikollisionsbremse, falls der Fahrer nach einer Kollision nicht mehr in der Lage sein sollte, den T 6 selbst anzuhalten. An eine Mönchszelle erinnert zumindest bei den Kastenwagen die weiter eher karge Serienausstattung. Auch im T6 muss für elektrische Spiegel oder Fensterheber extra bezahlt werden und auch die Trennwand steht weiterhin in den Optionslisten. Zudem versäumte es VW, praktische Ausstattungen wie eine Durchladevorrichtung in der Trennwand zur Verlängerung der Ladefläche zu realisieren, die mittlerweile fast jeder Konkurrent im Repertoire hat. Darauf muss der T6-Eigner bis auf Weiteres verzichten. Der positive Effekt der weiter genutzten "keuschen" T5-Basis sind 500 schnell verfügbare Varianten, was für manche Kunden aber durchaus ein sexy Argument sein dürfte!

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