Der Zwilling des Trafic

Man nehme einen Renault Trafic, lasse dessen Technik weitgehend unangetastet und trimme den Franzosen mittels einer dezent umgestalteten Frontpartie auf Opel. Eine Strategie, welche die Rüsselsheimer bereits seit 1997 verfolgen, als man mit dem damals "Arena" genannten 2,8-Tonner auf den Transportermarkt zurückkehrte. 18 Jahre später ist man bei der zweiten Generation des Vivaro angekommen, die Opel, zeitgleich mit dem neuen Renault Trafic, im letzten Jahr vorstellte. Wobei der Neue weiterhin die Grundkonstruktion des Vorgängers nutzt. Trotzdem verlängerte sich der Frachtraum um elf Zentimeter auf 2,54 Meter Länge. Womit nun auch in das Normalmodell bis zu drei Europaletten oder maximal 5,2 Kubikmeter Fracht passen. Trotz der Karosserieverlängerung schafften es die Ingenieure, das Gewicht im erfreulichen Rahmen zu halten. 1910 Kilogramm brachte der für 2,92 Tonnen zugelassene Testwagen leer auf die Waage. Ergibt für diese Klasse überdurchschnittliche 1010 Kilogramm Zuladung. Womit sich der Opel diese hohe Zahl erkauft, lässt sich beim Fahren allerdings erahnen. Der Vivaro liegt nicht so satt und verwindungsfrei auf der Straße wie beispielsweise die Konkurrenten aus Hannover, Stuttgart oder Köln. Zusätzlich erzittert deren Blechkostüm beim Überfahren von Bodenwellen nicht so stark, wie es beim eher dünnhäutigen Opel der Fall ist. Und auch die aus dem Armaturenträger sowie aus Richtung der serienmäßigen Trennwand beizeiten hörbaren Knarzgeräusche hat mancher Wettbewerb seinen Produkten verbindlicher abgewöhnt. Allerdings entstammte der Testwagen noch aus dem Vorserienstand ... Volumen heraus nahmen die Ingenieure dagegen beim Antrieb. Und gingen damit einen mutigen Schritt. Schließlich erscheinen 1,6 Liter Hubraum für einen Transporter nicht gerade üppig. Vor allem, wenn wie im Testwagen die 140 PS starke Topeinstellung den Vortrieb übernimmt. Elastischer und kultivierter Antrieb Zumindest für den Solobetrieb können wir allerdings Entwarnung geben. Ein Mangel an Durchzug und Elastizität gegenüber volumigeren Motoren offenbart der von Renault entwickelte Vierzylinder in keiner Lebenslage. Wofür vor allem die doppelte Aufladung verantwortlich sein dürfte, die dem CDTI üppige 340 Newtometer Drehmoment ab 1750/min einhaucht. Und das Plus an Leistung von 20 PS und 20 Newtonmetern im Vergleich zur nächstschwächeren Einstellung (siehe VR 38/2014) ist vor allem auf der Autobahn und beim Herausbeschleunigen zu spüren. Der Topdiesel leitet spürbar mehr Vortrieb an die angetriebenen Vorderräder. Wer seinen Viravo vorrangig als "Eil-Transporter" nutzt, sollte die 1150 Euro Aufpreis also in Erwägung ziehen. Stets an Bord sein sollte die Motor-Start-Stopp-Anlage, die Opel für 300 Euro offeriert. Letztere lieferte auf der Stadtetappe der gemischten VR-Testrunde ihren Beitrag zum eingefahrenen Verbrauch von 7,5 l/100 km. Womit sich der Vivaro im vorderen Klassenbereich einreiht. Mit Vorsicht zu genießen ist der während der Testfahrt ebenfalls aktivierte Eco-Modus. Der reduziert Motorleistung und Drehmoment, was laut Opel Diesel sparen soll, den Motor aber auch seiner Agilität beraubt. Für den Spurt von 80 auf 100 km/h benötigt der Vivaro im sechsten Gang dann quälende vier Sekunden mehr als im Normal-Modus. Da wird manch gehetzter Kurierfahrer das Sparprogramm genervt abbrechen. Mehr Freude kommt bei der Anschaffung auf: Ab 25.690 Euro ist der 140-PS-Vivaro laut Liste zu haben. Ein günstiges Angebot, auch wenn es ausgerechnet vom Zwillingsbruder Renault Trafic noch mal um 910 Euro unterboten wird.

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