Binnenhäfen erweitern ihre Kapazitäten

Als Binnenschifffahrtshochburg hat Minden sich seit 100 Jahren einen Namen gemacht. Gleich fünf Hafenstandorte mit insgesamt 65 Hektar zählt die Wasserstraßenkreuz-Kommune. Jetzt kommt ein sechster hinzu. Voraussichtlich ab 2017 wird der neue Regioport Weser das völlig überlastete Containerterminal im alten Industriehafen im Osten entlasten. Auf 14 Hektar können dann Container-Verkehre in die deutschen Nordseehäfen mit übergroßen Motorschiffen (UGMS) abgewickelt werden. Eine neue Weserschleuse ermöglicht den Umschlag von 20- und 40 Fuß-Container auf bis zu 135 Meter langen Wasserfahrzeugen. "Im August gibt es den Planfeststellungsbeschluss und im Oktober ist Baubeginn", rechnet Joachim Schmidt, Geschäftsführer des Mindener Hafens, mit einer schnellen Realisierung des seit 2009 geplanten Bauprojekts. Regioport Weser ist das derzeit wohl ehrgeizigste Hafenausbauprogramm für Containerlogistik. Quer durch Deutschland investieren derzeit Hafen- und Terminalbetreiber in ihre Infrastruktur. In Frankfurt, Karlsruhe, Köln-Nord, Mannheim, Regensburg, Riesa und Trier werden derzeit Terminals ge- oder ausgebaut oder ihr Bau vorbereitet. Auch kleine Häfen rüsten auf. So plant Dörpen in Niedersachsen nach der Eröffnung des neuen Ems-Terminals im September 2014 einen Ausbau des Containerbahnhofs mit bis zu 700 Meter langen Gleisen. Auch der Mindener Nachbarhafen Bückeburg, der Schütt- und Massengüter umschlägt, soll ausgebaut werden. Die Planungen sehen eine Modernisierung und Erweiterung von Umschlaganlagen und Speichergebäuden vor. Die Stimmung in den Häfen ist gut. Für 2015 erwarten viele ein moderates Wachstum wie 2014. Weil im Vorjahr weder starkes Hoch- und Niedrigwasser noch Streiks der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) die Binnenschifffahrt lahmlegten, konnten zahlreiche Standorte gegenüber 2013 Zuwächse verzeichnen. Einmal mehr florierte die Containerlogistik. Der zweistellige Zuwachs des Mindener Hafens um 14 Prozent auf 126.500 TEU (20-Fuß-Container) ist kein Einzelfall. Ähnlich hoch ist das Wachstum in Duisburg. Mit 3,4 Millionen TEU (plus 13 Prozent) gab es einen neuen Rekord für den Marktführer. Auch beim Massengut konnte die Duisport-Gruppe zulegen und erzielte so einen Gesamtumschlag im Hafen von 65 Millionen Tonnen (plus fünf Prozent). Flächenknappheit in den großen Häfen An den wenigen Standorten, die mit Niedrigwasser zu kämpfen hatten, florierte der Umschlag ebenfalls. So meldeten die Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe (SBO), denen vier deutsche und zwei tschechische Standorte angehören, mit 2,85 Millionen Tonnen (plus sieben Prozent) das zweitbeste Ergebnis seit 1990. In der Container-Hochburg Riesa wuchsen die Volumina sogar um fast 12 Prozent auf 41.800 TEU. Als Folge der niedrigen Wasserstände sorgten bis Jahresmitte vor allem bahnseitige Verkehre für die Zuwächse. Für Boris Kluge ist das durchaus symptomatisch. "Der bahnseitige Umschlag hat vielerorts auf Kosten des wasserseitigen Umschlags zugenommen", registriert der Geschäftsführer des Bundesverbands Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB). Die Investitionen vieler Häfen in trimodale Angebote haben Transporte im Kombinierten Verkehr (KV) vor allem in die Nordseehäfen Auftrieb gegeben und freie Flächen noch attraktiver für Ansiedlungen gemacht. "Die Mieter wechseln kaum", stellt Kluge fest. "Vor allem große Häfen haben zunehmend mit Flächenknappheit zu kämpfen." Von dieser Entwicklung könnten kleine Standorte profitieren. Ein Beispiel ist der Hafen Wustermark in Brandenburg, der mit Havel Port einen zweiten Anlauf nach seiner Eröffnung 2008 wagt. Im ersten Betriebsjahr 2014 konnte der neue Betreiber, an dem der Elbe Port Wittenberge Anteile hält, nach diversen Ausbaumaßnahmen 47.500 Tonnen Massengut und 290 Container umschlagen. Jetzt soll dieser Achtungserfolg mit trimodalen Strategien ausgebaut werden. "Wir verzeichnen immer mehr Anfragen für Bahnladungen, die im Hafen auf Schiffe verladen werden", versichert eine Sprecherin. Gegenüber konkurrierenden Standorten wie Westhafen Berlin bietet Wustermark über die Nachbarschaft zum Multimodal Terminal Berlin (MTB) hinaus vor allem einen Vorteil: An Erweiterungsflächen herrscht kein Mangel. Auch bei den Häfen selbst hat das Nachdenken längst darüber begonnen, wie viel Wachstum mit weiteren Schienen- und Binnenschifffahrtsangeboten in die Nordseehäfen noch möglich ist. Die Bayernhafen-Gruppe will ihre Verbindungen nach Südosteuropa ausbauen. "Auch im KV mit dieser Region gibt es Chancen für Wachstum", urteilt Bayernhafen-Chef Joachim Zimmermann. Eine wichtige Premiere fand im Januar 2015 im Nürnberger Tricon-Terminal statt. Von hier startet DB Schenker wöchentliche Züge zum bulgarischen Hafen Ruse. Andere Akzente setzt Minden. Hafen-Chef Schmidt will den künftigen Regioport Weser vorerst nur für bimodale Verkehre öffnen. "Das Aufkommen wird bis 2025 auf 74.000 TEU steigen", prognostiziert der Hafenchef. Das entspricht ungefähr den Volumina, die Planco Consulting vor mehreren Jahren für Container-Verkehre aus der Region errechnet hat. "Wenn jedoch die Eisenbahn als dritter Verkehrsträger benötigt wird, können über die angrenzende Schienentrasse nach Nienburg weitere Verkehrsverbindungen in die Nordseehäfen erschlossen werden", hält sich Schmidt eine Hintertür offen. Minden setzt auf das Binnenschiff Die Vorsicht des Hafenchefs ist begründet. Als Hinterlandhub für die deutschen Nordseehäfen steht Minden im Konkurrenzkampf mit einem halben Dutzend anderen Standorten in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Auch für diese gibt es Ausbaupläne. Am meisten Schlagzeilen machen diejenigen für das KV-Terminal Hannover-Lehrte, das Deutsche Bahn und die Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene-Straße bis 2018 zum Mega-Hub ausbauen wollen. Minden hat gegenüber der Konkurrenz nur eine Besonderheit. Von Braunschweig abgesehen ist dieser Standort der einzige Hub mit einer direkten Wasseranbindung. Und dieser Vorteil steht und fällt mit dem Ausbau der Mittelweser für dreilagige Containerschiffsverkehre, der weiter auf sich warten lässt. Für jedes UGMS endet deshalb bis auf Weiteres die Fahrt in Minden. Binnenhafen Mannheim mit leichtem Minus Trimodales Containerterminal soll für mehr Mengen sorgen 8,4 Millionen Tonnen hat der Hafen Mannheim 2014 umgeschlagen. Als Folge des Niedrigwassers im ersten Halbjahr musste der viertgrößte deutsche Binnenhafen ein Minus von 3,8 Prozent hinnehmen. "Der Umschlag von Steinkohle, Ölsaaten und Chemieerzeugnissen bescherte uns das drittbeste Ergebnis seit 1990", zieht Hafenchef Roland Hörner trotzdem eine erfreuliche Bilanz. "Auch das wasserseitige Containeraufkommen bewegt sich mit fast 141.000 TEU auf hohem Niveau."Für 2015 erwartet Hörner angesichts des guten ersten Quartals ein Jahresergebnis von mindestens acht Millionen Tonnen. Spätestens ab 2017 sollen es noch mehr werden. Der Ausbau des trimodalen Containerterminals mit zwei Portalkränen, 400 Meter langen Kranbahnen und 1,8 Kilometer längeren Umschlaggleisen ist dann abgeschlossen. "Wir entwickeln außerdem unseren Schwergutbereich für den Umschlag von Lokomotiven, Turbinen und Windkraftkomponenten weiter", hat Hörner ein weiteres Wachstumsfeld entdeckt. Auch weitere Abfahrten vom Contargo-Terminal nach Bremerhaven und Hamburg (gegenwärtig jeweils drei pro Woche) könnten für zusätzliches Wachstum sorgen. bot

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