Seattle. Nach über einem Vierteljahrhundert leitet der weltgrößte Onlinehändler, der auch seine eigenen Logistikaktivitäten in den letzten Jahren massiv ausgebaut hat, den Wechsel an seiner Vorstandsspitze ein: Bezos wird den Vorsitz im dritten Quartal 2021 an Andy Jassy abgeben, den Leiter der boomenden Cloud-Sparte AWS.
Konzentration auf den Verwaltungsrat
Eine Ära endet damit aber noch nicht, Bezos will weiter als geschäftsführender Vorsitzender des Verwaltungsrats mitmischen. In einem Memo an die Mitarbeiter betonte der 57-Jährige, dass es bei seiner Entscheidung nicht darum gehe, sich in den Ruhestand zu verabschieden. In seiner zukünftigen Rolle als Verwaltungsratschef wolle er seine Energie und Aufmerksamkeit auf neue Produkte und Initiativen ausrichten. Außerdem gewinne er so mehr Zeit für andere Projekte wie seine Stiftungen, seine Raumfahrtfirma Blue Origin oder die Zeitung „The Washington Post“, die in seinem Privatbesitz ist.
Was am 5. Juli 1994 mit Büchern begann, entwickelte sich zum größten Internetkaufhaus der Welt. Heute ist Amazon noch viel mehr als das und hält mit seinen Cloud-Services, die etwa Start-ups IT-Anwendungen und Speicherplatz im Netz bieten, unzählige Firmen am Laufen. Mit Whole Foods betreibt Amazon zudem eine eigene US-Supermarktkette. Im Streaming-Geschäft versucht Amazon mit seinem Prime-Dienst Marktführer Netflix Konkurrenz zu machen; mit dem Aufbau einer eigenen Lieferlogistik setzt der Konzern Paketzusteller wie UPS, Fedex und DHL unter Druck. Bezos ist mit einem geschätzten Vermögen von 188 Milliarden Dollar (155,4 Milliarden Euro) dem «Bloomberg Billionaires Index» zufolge derzeit der zweitwohlhabendste Mensch der Welt hinter Tesla-Chef Elon Musk.
Corona beschert Amazon Rekordzahlen
Amazons am Dienstag nach US-Börsenschluss veröffentlichter Geschäftsbericht für 2020 wurde angesichts der großen Personalie zur Nebensache. Dabei lief das Geschäft auch im Schlussquartal glänzend: In den drei Monaten bis Ende Dezember knackte Amazon beim Umsatz dank des Bestell-Booms in der Corona-Krise und eines starken Weihnachtsgeschäfts erstmals die Marke von 100 Milliarden Dollar. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum legten die Erlöse um 44 Prozent auf 125,6 Milliarden Dollar zu. Den Nettogewinn konnte Amazon auf 7,2 Milliarden Dollar (6,0 Milliarden Euro) deutlich mehr als verdoppeln. Im Geschäftsjahr 2020 verdiente der Konzern 21,3 Milliarden Dollar, was einem Anstieg um 84 Prozent und einer neuen Bestmarke entspricht.
Amazons größter Profittreiber ist derweil nicht der Onlinehandel, sondern das Cloud-Geschäft mit IT-Services und Speicherplatz im Internet. Insofern ist es auch nur logisch, dass mit Andy Jassy der Leiter dieser Sparte zum künftigen Vorstandschef befördert wurde. (dpa/mh)