Berlin. Mehr Elektromobilität, Tempo 30-Zonen und ein Förderprogramm für umweltfreundliche Taxis: Mit einem zehn Punkte umfassenden Maßnahmenpaket will der Berliner Senat für sauberere Luft in der Hauptstadt sorgen und drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhindern. Geplant ist auch eine „Verstetigung“ des Verkehrs, also bessere Ampelschaltungen und ein schärferes Vorgehen gegen Parker in der zweiten Reihe.
Ziel sei es, die Menschen besser vor Schadstoffen zu schützen und gleichzeitig den Individual- und Wirtschaftsverkehr sicherzustellen, sagte Regierungschef Michael Müller (SPD) am Donnerstag nach einem Treffen mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Roten Rathaus.
Gericht prüft Rechtmäßigkeit von Fahrverboten
Weil die so genannten Diesel-Gipfel auf Bundesebene „ernüchternde“ Ergebnisse gebracht hätten, wolle Berlin nun selbst handeln, um die Luftbelastung vor allem mit Stickoxiden kurzfristig zu reduzieren. Sie lag in den Vorjahren vielfach über den Grenzwerten, betroffen waren Straßenabschnitte von zusammen etwa 60 Kilometer Länge. Der Stadt drohen somit – wie etlichen anderen deutschen Kommunen – Diesel-Fahrverbote.
Als wegweisend in dieser Hinsicht gilt ein am 22. Februar erwartetes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses will klären, ob Kommunen auf Basis geltenden Rechts solche Fahrverbote aussprechen dürfen. Die Deutsche Umwelthilfe hatte dutzende Städte verklagt, darunter Berlin. Dort befasst sich das Verwaltungsgericht voraussichtlich im Mai mit dem Thema.
Förderprogramm für gewerbliche Flotten
Für ein Taxi-Förderprogramm, das Müller bereits vor einigen Monaten angekündigt hatte, stehen fünf Millionen Euro zur Verfügung. Wenn Berliner Unternehmen ein Diesel-Taxi der Klassen Euro 0 bis Euro 5 verschrotten und dafür ein neues Hybridelektro-Fahrzeug anschaffen, erhalten sie 2500 Euro vom Land. Das Programm reicht für 2000 Taxis, also etwa ein Viertel des Fahrzeugbestandes. Es startet am 1. März und endet am 30. Juni.
Daran anknüpfend soll im Sommer – voraussichtlich am 1. Juli – ein weitergehendes Förderprogramm zur Elektrifizierung gewerblicher Fahrzeugflotten aufgelegt werden. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) nannte Pflege- und Sozialdienste, Handwerksbetriebe oder Lieferfirmen als mögliche Adressaten.
Auch die Flotten des Landes – von der Müllabfuhr über die BVG bis hin zum Fuhrpark von Senat und Bezirken – sollen weiter auf emissionsarme Modelle umgestellt werden. Schon jetzt verfüge Berlin mit mehr als 300 E-Fahrzeugen über eine der bundesweit größten E-Flotten, hieß es. Problem dabei: Viele deutsche Hersteller bieten bisher keine geeigneten E-Fahrzeuge an. „Sie drohen, den Zug der Zeit zu verpassen“, kritisierte Pop.
Tempo-30-Zonen für weniger Umweltbelastung
Ebenfalls im Sommer startet ein Förderprogramm, um unter anderem mehr Ladepunkte für E-Mobile sowohl im gewerblichen als auch privaten Bereich zu schaffen. Aktuell sind es 600, bis 2019 sollen weitere 1000 dazukommen. Das Land plant, ergänzend zu Zuschüssen des Bundes die Betriebs- und Wartungskosten von E-Fahrzeugen zu fördern.
Auch der öffentliche Nahverkehr soll unter anderem durch eine schrittweise Verbilligung des Jobtickets auf 50 Euro im Monat attraktiver werden. Details dazu müssten im Parlament noch beraten werden, sagte Müller. Eine Überlegung sei, das verbilligte Ticket auch Mitarbeitern kleinerer Firmen anzubieten. Bisher steht es nur für größere Unternehmen zur Verfügung.
Ebenfalls schon länger bekannt ist die Schaffung von Tempo-30-Zonen an fünf besonders belasteten Hauptstraßen in Kombination mit mehr Grünen Wellen an den Ampel-Kreuzungen. Im Frühjahr soll es losgehen.
Fließender Verkehr reduziert Stickoxide
Um den Verkehr „zu verstetigen“, wie Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos) sagte, soll es zudem Falschparkern in der zweiten Reihe an den Kragen gehen. „Dem regelwidrigen Parken auf Radwegen, Busspuren und Parkplätzen mit Ladeinfrastruktur sowie in Liefer- und Ladezonen wird durch konsequenteres Abschleppen begegnet“, heißt es in dem Zehn-Punkte- Papier. Wie das umgesetzt werden kann, will Günther mit Innensenator Andreas Geisel (SPD) besprechen. Bisher haben Zweite-Reihe-Parker in der Hauptstadt oft nichts zu befürchten.
Allein durch die Maßnahmen für mehr fließenden Verkehr können Günther zufolge die giftigen Stickoxidemissionen an den jeweiligen Straßen um fünf bis zehn Milligramm je Quadratmeter reduziert werden. Dadurch könne eine Überschreitung des Grenzwertes von 40 Milligramm im Jahresdurchschnitt gerade an Straßen verhindert werden, die nicht ganz so stark belastet seien als die „Hotspots“. (dpa)