Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Deutsche Bahn als letzter Halt Seit Jahrzehnten bewahrt der Staatskonzern ausrangierte Politiker vor dem Abstellgleis. Der Fall Ronald Pofalla sorgt in Berlin für Aufregung. Die Aufregung über den möglichen Wechsel von Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der bundeseigenen Deutschen Bahn belegt ein weiteres Mal, dass Politiker gern nach lukrativen Versorgungsposten in der Verkehrswirtschaft streben. Die Liste derer ist lang und enthält prominente Namen. Otto Wiesheu (früher bayerischer Verkehrsminister, CSU), Georg Brunnhuber (Ex-Bundestagsabgeordneter, CDU), Klaus Wedemeier (einst Bremens Bürgermeister, SPD), Klaus Daubertshäuser (Ex-Bundestagsabgeordneter, SPD), Reinhard Klimmt (Ex-Bundesverkehrsminister, SPD) und viele andere sprangen nach der Politik auf den Zug der Deutschen Bahn. Eigenes Vorstandsressort Politik Ein spezielles Ressort für Kontakte zur Politik hatte es erstmals unter Konzernchef Hartmut Mehdorn gegeben. Sein Nachfolger Rüdiger Grube wollte sich lieber selbst um gute Drähte ins Berliner Regierungsviertel kümmern. So arbeitet CDU-Mann Brunnhuber heute als politischer Beauftragter des Vorstands ohne eigenes Vorstandsressort wie bis 2009 Wiesheu. Ein bisher nicht offiziell bestätigter Wechsel Pofallas wäre den Berichten zufolge mit der Einrichtung eines neuen Ressorts für Kontakte zur Politik verbunden. Der Wirbel um den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Große Koalition gleich zu Beginn ihrer Amtszeit in die Defensive gedrückt und der Opposition Munition geliefert. Versuchte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter zunächst mit dem windigen Argument zu beschwichtigen, Pofalla gehöre dem Kabinett nicht mehr an, versuchte Merkels erstes Sprachrohr Steffen Seibert wenige Tage später seine Chefin zu entlasten. Die Kanzlerin wisse seit Ende November davon, dass ihr früherer Kanzleramtschef zur Bahn wechseln könnte. Und sie habe ihm gegenüber „ihren Überzeugungen entsprechend“ dazu geraten, vor einem Wechsel eine „gewisse zeitliche Distanz“ herzustellen. Wie lange ein solcher Zeitraum nach Merkels Meinung sein solle, sagte ihr Sprecher nicht. Während die Unionsparteien die Personalie Pofalla dezent beschwiegen, geriet der Koalitionspartner SPD in argumentative Bedrängnis. Die Sozialdemokraten hatten sich nämlich in ihrem Bundestagswahlprogramm für eine 18-monatige Karenzzeit ausgesprochen, bevor ein Politiker nach seinem Ausscheiden einen Posten in der Wirtschaft übernehmen darf. Eine entsprechende Passage war auf Drängen der SPD auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden. Darin ist allerdings nur von einer „angemessenen Regelung“ die Rede. Die SPD will dem Vernehmen nach den Fall Pofalla für eine kurzfristige Einführung einer Karenzzeit nutzen. Die Opposition befürchtet eine Interessenverquickung, falls Pofalla zur DB wechselt. Der neue Sprecher für Bahnpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, Matthias Gastel, sieht das Unternehmen Deutsche Bahn bereits massiv beschädigt. Die Linke will Pofallas möglichen Rollenwechsel in der kommenden Woche im Bundestag zum Thema machen. Transparency Deutschland spricht von einem „Verfall politischer Sitten“. Aufsichtsrat war nicht informiert Der Aufsichtsrat der DB, zuständig für die Berufung eines neuen Vorstands, reagierte verärgert über das Versteckspiel um die Personalie Pofalla. Chef-Kontrolleur Utz-Hellmuth Felcht erklärte, er wisse nichts von Plänen, ein neues Ressort für politische Kontakte in Berlin oder Brüssel zu schaffen. „Ich halte es für ein Unding, dass die Bundesregierung nichts sagt“, sagte dessen Stellvertreter, EVG-Gewerkschaftsvorsitzender Alexander Kirchner. Der DB-Aufsichtsrat, dem drei Staatssekretäre der Regierung angehören, will sich auf einer Sondersitzung am 30. Januar mit der Personalie befassen. Während die Bahn eine Stellungnahme dazu ablehnte, wertete der Privatbahnverband Mofair einen Wechsel Pofallas als Bremse für den Wettbewerb. Die DB habe immer schon Einflussreiche aus der Politik eingekauft. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Das plant die Koalition „Wir erhöhen die Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Verwaltung. Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an“. Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD vom 16. Dezember 2013, Seite 152 Die SPD will den Fall Pofalla nutzen, um eine obligatorische Karenzzeit einzuführen

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