Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Länderprotest gegen Lang-LKW Der Bundesverkehrsminister treibt den Feldversuch mit Lang-LKW voran: Der Testlauf soll ohne Zustimmung des Bundesrats noch in diesem Jahr starten. Trotz erheblichen Widerstands der Länder soll der Feldversuch mit Lang-LKW ohne Zustimmung von Bundestag oder Bundesrat noch in diesem Jahr gestartet werden. Das geht aus dem Entwurf der Ausnahmeverordnung des Bundesverkehrsministeriums hervor. Länder, Verbände und andere Ressorts hatten bis zum 2. September Zeit, sich zu dem Entwurf zu äußern, der Mitte August vom Verkehrsministerium verschickt worden war. Das Datum des Inkrafttretens ist offengelassen. Der Feldversuch soll aber noch in diesem Jahr beginnen, wie das Ministerium versicherte. Damit er die vorgesehenen fünf Jahre laufen kann, muss er spätestens an Neujahr 2012 starten, denn ein Datum für das Ende steht in der Verordnung. Es ist der 31. Dezember 2016. In der Streckenliste sind über 300 Teilstrecken erfasst, darunter auch die Autobahn A 7 von der deutsch-dänischen zur österreichischen Grenze, obwohl etwa 40 Kilometer durch baden-württembergisches Gebiet führen. Nach dem Wahlsieg über Schwarz-Gelb hatte sich die grün-rote Landesregierung auf die Seite der Feldversuchsgegner geschlagen. Verkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) warnte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), den Widerstand vieler Länder gegen das Modellprojekt zu missachten. „Wenn Ramsauer das macht, muss er wissen, dass seine Gigaliner nicht von der Autobahn runterkommen.“ In einem Schreiben vom 19. August hat das Land das Bundesverkehrsministerium aufgefordert, die durch Baden-Württemberg führenden Strecken zu streichen. Länder erwägen Klage Der Grünen-Politiker steht mit seinem Protest nicht allein. Als Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz (VMK) will Hermanns brandenburgischer Kollege Jörg Vogelsänger (SPD) das Thema Lang-LKW auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung Anfang Oktober setzen. „Wir werden juristisch prüfen, ob durch das Vorgehen von Ramsauer nicht die Rechte der Bundesländer verletzt werden.“ Ramsauer gefährde die ansonsten gute Zusammenarbeit von Ländern und Bund. Statt des Feldversuchs würden höhere Investitionen in die Schiene und Wasserstraße benötigt. Es sei mehr als fraglich, ob wirklich LKW-Fahrten einge-spart werden, da die Genehmigung von Lang-LKW zur Verlagerung von Verkehr von der Schiene auf die Straße einlade. Neben Brandenburg und Baden-Würtemberg gehören auch Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Bremen zur Ablehnungsfront. Gegen den Feldversuch sprachen sich der Auto Club Europa, die Allianz pro Schiene und der Verkehrsclub Deutschland aus. Die Kritik der Deutschen Polizeigewerkschaft fiel besonders harsch aus. „Gigaliner sind Giga-Blödsinn“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt. Die Haltung der Großen Koalition in Thüringen ist widersprüchlich. Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) sprach sich klar für die Lang-LKW aus. Unterstützt wird Ramsauer zudem von den CDU/FDP-Regierungen in Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein sowie vom SPD-regierten Hamburg. Die dortigen Ressortchefs halten sich aber so weit ersichtlich mit Stellungnahmen zurück. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) begrüßte den angekündigten Start des Feldversuchs. „Endlich tut sich was in Sachen Lang-LKW“, freute sich Präsident Mathias Krage. „Zwei Lang-LKW ersetzen drei herkömmliche Gespanne und sparen schätzungsweise zwischen 15 und 30 Prozent Diesel und CO2-Emissionen. Was ist daran falsch?“. Von einem „wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu objektiven Ergebnissen über die Vor- und Nachteile des Eurocombis“ sprach der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin In Skandinavien gehören überlange LKW zum normalen Verkehrsalltag