Belastungsprobe für die Infrastruktur

Bei der Vorstellung der "Verkehrsprognose 2030" hat Ressortchef Alexander Dobrindt die Notwendigkeit erhöhter Investitionen in die Infrastruktur unterstrichen. Die Verkehrswege seien nach wie vor unterfinanziert, auch wenn das Wachstum geringer ausfalle als zuletzt prognostiziert. Angesichts der Prognose komme der LKW-Maut eine "noch höhere Bedeutung zu", betonte der CSU-Politiker. Er bekräftigte seine Absicht, Eckpunkte eines Gesetzentwurfs für eine PKW-Maut für Ausländer noch vor der Sommerpause vorzulegen. Unterdessen verstärkt die SPD den Druck auf den Verkehrsminister, bald Klarheit über die PKW-Maut zu schaffen. Es sei jetzt Dobrindts Job, etwas vorzulegen, um seine Ankündigung wahr zu machen, dass die technische Umsetzung der PKW-Maut im kommenden Jahr beginne. Güterverkehr wächst weniger stark Dobrindt rechnet aufgrund der Prognose mit deutlich mehr Verkehr auf Deutschlands Straßen und sprach von einer Belastungsprobe. Gleichwohl wird der Güterverkehr in den nächsten Jahren nicht ganz so stark wachsen, wie zuletzt vorhergesagt. Bis 2030 werde im Vergleich zu 2010 rund 38 Prozent mehr auf Lastwagen, Bahn und Schiff transportiert, geht aus der Untersuchung hervor. "Hierfür ist in erster Linie die weiterhin hohe Dynamik des internationalen Handels mit seinen Auswirkungen auf grenzüberschreitende (plus 42 Prozent) und Transitverkehre (plus 52 Prozent) verantwortlich; auch der Binnenverkehr wächst stark an (plus 31 Prozent)", heißt es in der Prognose. Die Bahn wird dabei mit einem Plus von 43 Prozent erstmals das Wachstum von 39 Prozent bei der LKW-Verkehrsleistung übersteigen. Für das Binnenschiff ist ein Plus von 23 Prozent errechnet worden. Sowohl im Schienen- als auch im Straßengüterverkehr werde sich die Tendenz zu länger laufenden Transporten weiter fortsetzen, heißt es in der Studie. "Im gesamten Güterfernverkehr wachsen die mittleren Transportweiten um 17 Prozent von 164 Kilometer im Jahr 2010 auf 192 Kilometer im Jahr 2030". Auch der Kombinierte Verkehr werde ein "sehr dynamisches Wachstum" von rund 73 Prozent verzeichnen. Besonders hohe Zuwächse werden auch im LKW-Transit erwartet. Gemessen wird jeweils die Menge der Güter kombiniert mit zurückgelegten Strecken. Die Prognose legt ein jährliches Wirtschaftswachstum von 1,14 Prozent zugrunde und dient als Grundlage für den Verkehrswegeplan, der derzeit erarbeitet wird und der die dringlichsten Projekte ausweisen soll. Der stark wachsende Güterverkehr erfordere insbesondere Investitionen in die Anbindung von Seehäfen und den Ausbau von Rhein, Mosel, Donau und des Nord-Ostsee-Kanals, sagte Dobrindt. In der Vorgängerstudie von 2007 war im Güterverkehr noch ein Plus von über 70 Prozent zwischen 2004 und 2025 prognostiziert worden. Hauptgrund für das geringere Wachstum ist die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise ab 2008, deren Auswirkungen sich beim Transport bemerkbar gemacht haben. Der Treibhausgasausstoß des Verkehrssektors werde bis 2030 im Vergleich zu 2010 um 26 Prozent zurückgehen, was vom Minister positiv hervorgehoben wurde. Er führte dies auf die Entwicklung effizienterer Motoren zurück. Den stärksten Zuwachs bei den Passagieren wird dem Luftverkehr mit plus 65 Prozent vorausgesagt, der von der Tendenz zu Reisen mit immer längeren Entfernungen profitiert. Da auch immer größere Flugzeuge eingesetzt werden, müsse dies nicht automatisch die Leistungsfähigkeit der Flughäfen sprengen, betonte der Minister. Den Zuwachs im Personenverkehr trotz zurückgehender Bevölkerungszahlen führte er auf die gewachsene Mobilität älterer Menschen zurück. Außerdem verteilten sich der Prognose zufolge die Verkehrsströme in Deutschland sehr unterschiedlich. Das Hauptwachstum werde im Norden und Süden sowie in den Großräumen Berlin und Dresden stattfinden. Dagegen zeichne sich in weiten Teilen Ostdeutschlands ein Rückgang des Frachtund des Personenverkehrs ab. Der Minister kündigte an, bei der Sanierung der maroden Verkehrsinfrastruktur stärker auf Öffentlich-Privat-Partnerschaften (ÖPP) zu setzen. Um neue, geeignete Projekte werde sich Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) kümmern. Der Bundesrechnungshof hatte kürzlich in einem Gutachten dargelegt, dass sich die bisherigen sechs ÖPP-Projekte für den Staat nicht rechneten. Bartol schränkte auf Anfrage der VerkehrsRundschau ein, "dass in jedem Einzelfall transparent und unabhängig nachgewiesen werden muss, dass die Beteiligung privater Dritter für die öffentliche Hand kostengünstiger ist". Für die SPD wertete Bartol die Verkehrsprognose als Mahnung, "dass wir beim Transport und in der Logistik im Güterverkehr effizienter werden. Unsere Verkehrswege, insbesondere unsere Brücken, sind nicht auf den wachsenden Verkehr ausgerichtet". Deshalb müsse mehr in den Erhalt der Verkehrswege investiert werden. Ähnlich äußerte sich der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange. Mit Steuergeldern und Mauteinnahmen müssten langfristig die notwendigen Gelder für den Ausbau und Erhalt der Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. "Nur dann haben wir eine Chance, dass es nicht zum Verkehrsinfarkt auf Deutschlands Straßen kommt". Die Bündnis-Grünen-Verkehrspolitikerin Valerie Wilms meldete Zweifel an, ob die Verkehre wirklich so wachsen wie in der Prognose vorhergesagt, "denn bereits die Seeverkehrsprognose 2025 musste deutlich nach unten korrigiert werden". Es stelle sich die Frage, ob man mit Blick auf 2030 nicht stärker auf einen Verkehrsverbund setzen müsse. Die Fraktion Die Linke kritisierte, Dobrindt gehe es nur darum, die Landschaft zuzubetonieren. Verbände üben Kritik In den Branchenverbänden wurde registriert, dass die Gutachter in ihrer Prognose 2030 vom gültigen Bundesverkehrswegeplan 2003 ausgehen und für alle Verkehrsträger unterstellen, dass alle im "Vordringlichen Bedarf" festgelegten Maßnahmen verwirklicht werden. Angesichts der Unterfinanzierung der Infrastruktur ist dies unrealistisch und es liegt die Vermutung nahe, dass das Verkehrsministerium nicht darlegen konnte und wollte, welche Projekte tatsächlich gebaut werden. Stefan Gerwens, Geschäftsführer der Straßenverkehrsinitiative Pro Mobilität, hält die Prognose gleichwohl für realistisch. Bedeutsam für die Planung sei die Annahme, dass es trotz des generellen Wachstumstrends auch Regionen mit rückläufigem Quellund Zielverkehr geben werde. Dies sei besonders für Vorhaben wie Ortsumgehungen relevant. Genauere Informationen werde hier aber erst die noch ausstehende Veröffentlichung der Umlegung der Prognose auf die Verkehrsnetze liefern, betonte Gerwens gegenüber der VerkehrsRundschau. Die "Verkehrsprognose 2030" finden Sie zum Download im Internet unter www.verkehrsrundschau.de/dokumente

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