Berlin. Der Chef der Deutschen Bahn (DB), Rüdiger Grube, hat den „größten Konzernumbau seit der Bahnreform 1994“ verkündet. Grundlage ist das mehrjährige Programm „Zukunft Bahn“, dass Grube und sein Vorstand heute der Presse vorstellten.
Laut Grube ist im Konzern in den letzten Monaten „fast jeder Stein in der DB umgedreht worden.“ Davon betroffen ist insbesondere der Schienengüterverkehr, also DB Schenker Rail. So fallen in diesem und im nächsten Geschäftsjahr Sonderbelastungen in Höhe von zwei Milliarden Euro an, darunter 1,3 Milliarden Euro Sonderabschreibungen im Schienengüterverkehr.
Trotz der hohen Belastungen in diesem Bereich wird der Schienengüterverkehr bei der Aufzählung von acht Handlungsfeldern nur an sechster Stelle genannt. „Das Geschäftsmodell von DB Schenker Rail wird gänzlich neu aufgestellt“, heißt es darin. Im Fokus stehen dabei neben einer „radikalen Vereinfachung des Produktionssystems zur Verringerung der Störanfälligkeit“ auch der Vertrieb, um langfristig wieder zu wachsen.
95 Prozent Leistungserfüllung angestrebt - bei einer derzeitigen Pünktlichkeit von 75 Prozent
Ziel ist es bei DB Schenker Rail, einen Erfüllungsgrad bei den zugesagten Leistungen gegenüber dem Kunden in Höhe von 95 Prozent zu erreichen. Zum Vergleich: Die Pünktlichkeit der Güterzüge wird von der DB derzeit mit 75 Prozent (Stand Mai 2015) angegeben, liegt also deutlich unter dem Wert von 95 Prozent.
Diese ehrgeizige Ziel will Grube und sein Vorstand erreichen, in dem für langfristig planbare Verkehre ein stabiles Qualitätsnetzwerk mit einem Jahresfahrplan und festgelegten Frequenzen eingeführt wird. In diesem Kernnetz sollen dann ein Großteil aller heute bestehenden Verkehre abgebildet werden. Aber auch Kunden, die kurzfristig Transporte per Bahn außerhalb des Kernnetzes nachfragen, werden hierfür ein Angebot finden, „allerdings abgesichert durch eine Prüfung aller notwendigen Ressourcen und eines konkreten Produktionskonzepts vor Auftragsannahme“. Auch hier habe die Lieferqualität unbedingte Priorität, heißt es bei der DB.
Spätestens 2018 will DB Schenker Rail schneller wachsen als der Markt
Alle diese Maßnahmen sollen zu einer erhöhten Netzauslastung, der Rückgewinnung von Marktanteilen, dem Aufbau eines professionellen Ertragsmanagements sowie der Stärkung des europäischen Netzwerks führen. Spätestens ab 2018, so das Ziel, soll DB Schenker Rail „rund ein Prozent über dem europäischen Markt wachsen“.
DB Schenker Logistics nur am Rande erwähnt
In den Handlungsfelder findet sich keine Aussage zu DB Schenker Logistics. Grube sagte lediglich, dass die DB auch mit den internationalen Geschäften von DB Schenker Logistics wachsen wolle.
Kritische Töne kamen von der Gewerkschaft zu den Plänen Grubes, die dieser gestern im Aufsichtsrat der DB vorgestellt hatte. „Unter der Voraussetzung, dass die bestehenden Tarif- und Sozialstandards eingehalten werden, tragen wir alle Maßnahmen mit, die dazu beitragen, dass die Deutsche Bahn im Personen- wie im Güterverkehr qualitativ besser und pünktlicher wird", gab Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, zwar ein Signal der Unterstützung.
DB-Aufsichtsrat erkennt nicht in allen Bereichen eine nachhaltige Strategie
Gleichzeitig machte Kirchner aber deutlich, dass die Arbeitnehmervertreter der EVG in den dem Aufsichtsrat vorgelegten Plänen zum Konzernumbau nicht in allen Bereichen eine nachhaltige Strategie hätten erkennen können. Insbesondere seien die Auswirkungen auf Zukunftsfähigkeit der Bahn und auf die Beschäftigung der Mitarbeiter unzureichend dargestellt worden. Dieser Auffassung der EVG-Arbeitnehmervertreter habe sich am Ende der gesamte Aufsichtsrat angeschlossen, so Kirchner. Auch eine Beschlussfassung zum Projekt "Zukunft Bahn" gab es im Aufsichtsrat nicht. Der augenblickliche Status wurde lediglich zur Kenntnis genommen. Ein Zeichen, dass die Pläne Grubes nicht auf vorbehaltlose Unterstützung im Aufsichtsrat gestoßen sind. (cd)