Auf dem Weg zu einer H2-Strategie

Den Trend zur Elektromobilität hat die Bundesregierung verschlafen, bei der Wasserstofftechnologie will sie diesen Fehler nicht wiederholen. Einen Tag nach dem jüngsten Autogipfel im Kanzleramt diskutierten Politiker der Union im Berliner Westhafen vergangene Woche vor 700 Gästen mit Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft eine nationale Strategie, um Deutschland beim Wasserstoff (H2) eine weltweite Führungsrolle zu sichern - unter anderem im Verkehrssektor. Die Alternative zu Verbrennungsmotoren und Elektromobilität soll auch angesichts der selbstgesteckten Klimaziele bis 2030 weiter Fahrt aufnehmen, um die Treibhausgasemissionen reduzieren zu können. Die Stakeholder-Konferenz gab nun allen relevanten Akteuren die Gelegenheit, ihre Standpunkte und inhaltlichen Beiträge für eine nationale Wasserstoffstrategie einzubringen. Diese will die Bundesregierung bis Ende des Jahres mit einem Aktionsplan verabschieden. Fahrzeughersteller sind in der Pflicht "Wir brauchen mehr Tempo bei der Brennstoffzelle. Damit das gelingt und endlich mehr Wasserstoff-Fahrzeuge auf die Straße kommen, braucht es eine gute Tank-Infrastruktur", betonte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Der CSU-Politiker sieht dabei auch die Fahrzeughersteller in der Pflicht: "Wir haben in den vergangenen Jahren viele Studien und Pilotprojekte zu Wasserstoff und Brennstoffzellen-Technologie im Verkehr gefördert. Jetzt muss die Automobilindustrie bezahlbare Fahrzeuge auf den Markt bringen und den Menschen zeigen, dass die Technik zuverlässig funktioniert", forderte Scheuer auf der Konferenz zur nationalen Wasserstoffstrategie. Die Politik wolle im Gegenzug die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen sowie den Markthochlauf weiter fördern. Im nächsten Frühjahr soll es laut Scheuer insgesamt 100 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland geben. "Bis 2021 sollten dann weitere 15 hinzukommen", versprach er. Eine entsprechende Zusage habe der Verkehrsminister von dem Joint Venture H2Mobility mit seinen Gesellschaftern Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total bei dem Treffen in Berlin erhalten. Auch größere Tankstellen sollen dabei entstehen, an denen neben Pkw leichte Nutzfahrzeuge mit Wasserstoff tanken können. "Damit wird das Wasserstoff-Tankstellennetz bis Ende 2021 eine Kapazität für 60.000 Wasserstoff-Pkw und 500 Wasserstoff-Nutzfahrzeuge erreicht haben", sagte Scheuer. Die Gesellschafter von H2Mobility wollen zudem prüfen, das Anlagennetz bei Bedarf künftig auch für den Schwerverkehr zu ertüchtigen, sagte eine Sprecherin. Bisher gibt es nur eine Handvoll 350-bar-Zapfsäulen, die sich für Busse eignen. Hoffnung ruht auf grünem Wasserstoff Neben Scheuer saßen auf dem Podium in Berlin Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Forschungs-Staatssekretär Michael Meister (CDU) sowie Gerd Müller (CSU), der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Nicht eingeladen war Bundesumweltministerin Svenja Schulz (SPD). Dennoch kamen nicht nur die Marktchancen bei der Energiewende zur Diskussion, sondern auch umweltpolitische Aspekte. Die Teilnehmer waren sich einig, dass grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen eine Schlüsseltechnologie darstellen kann, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Erzeugt wird der Wasserstoff derzeit allerdings noch zum Großteil unter Einsatz von fossilen Rohstoffen. Industrie plädiert für Bürokratieabbau Von der Politik fordern die Wirtschaftsverteter insofern mehr Geld für Forschung und Entwicklung sowie weniger Hürden, um Wasserstoff wirtschaftlich einsetzen zu können. Der Industrieverband BDI erwartet etwa, dass die nationale Wasserstoffstrategie neben einer langfristigen Perspektive ein kraftvolles Signal für erste Anwendungen im industriellen Maßstab sendet. "Der aktuelle regulatorische Rahmen ist eine große Hürde für die Wirtschaftlichkeit von Wasserstofftechnologien", sagte Holger Lösch, stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer. Die Bundesregierung solle das Thema jetzt vorantreiben. "Sie muss unter anderem rasch darüber entscheiden, wie sie Abgaben und Umlagen für Strom anpasst, die europäische Erneuerbaren-Energien-Richtlinie national umsetzt und synthetische Kraftstoffe fördert." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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