Neuss. Trotz der größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg spiegelt sich die Corona-Krise bisher nicht in der Zahlungsmoral der deutschen Unternehmen wider. Der branchenübergreifende Zahlungsverzug beträgt derzeit durchschnittlich 10,1 Tage und verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum damit um 1,0 Tage (1. Quartal 2020: 11,1 Tage), wie der Verband Creditreform bekannt gab. Patrik Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei Creditreform, zeigt sich überrascht über das Ergebnis der Studie: „Dies ist umso bemerkenswerter, als dass die Gesamtkonjunktur im Vergleichsquartal durchweg positiver als 2021 war.“ Zur Stabilisierung hätten vor allem staatliche Hilfsmaßnahmen beigetragen. Zudem hätten sich „Unternehmenslenker“ mittlerweile an die dauerhafte Ausnahmesituation angepasst. Viele Mittelständler versorgten sich, laut Hantzsch noch vor der Krise mit ausreichend Liquidität, um in der heraufziehenden Krise handlungsfähig zu bleiben. Hantzsch warnt jedoch: „Die verbesserte Zahlungsmoral ist jedoch kein Zeichen der Gesundung, denn es drohen eine drastische Verschlechterung des Zahlungsverhaltens beim Auslaufen der Corona-Hilfen.“
Bundesweit unterschiedliche Zahlungsmoral verzeichnet
Bei den Bundesländern gibt es, der Aufstellung von Creditreform nach, dennoch einige Unterschiede bei der Zahlungsmoral: Sachsen (7,3 Tage), Hamburg (8,3 Tage) und Baden-Württemberg (8,4 Tage) zahlten branchenübergreifend am schnellsten. Am anderen Ende der Skala rangiert Brandenburg (11,5 Tage) vor dem Saarland (12,8 Tage) und dem Schlusslicht Berlin (13,4 Tage).
Auch bei den Wirtschaftssektoren gibt es teils große Unterschiede: Während sich die Zahlungsmoral im Baugewerbe zwar um 1,4 Tage verbesserte (2020: 16,3 Tage), ist der Verzug bei Firmen aus diesem Sektor am weitaus längsten. Bei den Konsumgütern (7,7 Tage) und im Einzelhandel (7,4 Tage) wurden Rechnungen mit deutlich weniger Zahlungsverzug beglichen.
Zahlungsentwicklung im laufenden Wirtschaftsjahr
Wie lange sich diese positive Entwicklung fortsetzt, hängt im Superwahljahr 2021 vor allem von der Dauer und Intensität der beschlossenen Hilfsmaßnahmen ab“, erklärt Hantzsch. Für Gesamtdeutschland sei der Ausblick mäßig bis verhalten, da sich die Situation der Unternehmen unter realen Wettbewerbsbedingungen deutlich verschärfen dürfte. (ste)