Münster. Liegen mehrere Anzeichen für eine Manipulation eines Verkehrsunfalls vor, reicht der Beweis des ersten Anscheins, um Schadenersatzansprüche des betroffenen Autofahrers zunichtezumachen. So entschied das Landgericht Münster. Dabei sei unerheblich, ob die Indizien für den Verkehrsunfall bei isolierter Betrachtung jeweils für sich als unverdächtig erklärt werden könnten. Ausschlaggebend für den Nachweis einer Kollisionsabsprache ist vielmehr eine Gesamtwürdigung sämtlicher Beweise, bei denen aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung geschlossen werden kann.
In dem vorliegenden Fall hatten der Autofahrer eines Mercedes CLS 350 und der eines 400-Euro-Opel Corsa getrickst. Der Opel soll beim Einparken zu schnell unterwegs gewesen und an dem Mercedes einen langgezogenen Streifschaden in Höhe von rund 6400 Euro verursacht haben, den die Kfz-Versicherung des Unfallgegners zahlen sollte.
Ungewöhnlich fanden die Richter, dass ein derart langer Streifschaden entsteht. Vielmehr wäre zu erwarten gewesen, dass der Beklagte nach dem ersten Kontakt, der nach dem Haftpflichtgutachten eines Sachverständigen bereits in Höhe des Kniestücks des hinteren Radlaufs des Klägerfahrzeugs spürbar gewesen ist, sofort bremst oder gegenlenkt und nicht einfach weiterfährt. An einer solchen Vermeidungsreaktion fehlte es aber bereits. Zudem ging aus dem Gutachten hervor, dass der Schaden per Hand noch „nachgebessert“ worden war. Vor allem hierin sah das Gericht einen Anscheinsbeweis für einen gestellten Unfall. Darüber hinaus sei die Gesamtkonstellation „Schrottkarre streift Premiumfahrzeug“ verdächtig gewesen. (ctw/ag)
Urteil vom 11.11.2015
Aktenzeichen: 16 O 229/14