Bonn. Ein Arbeitgeber darf von einem Stellenbewerber keine allgemeine Auskunft über Vorstrafen und Ermittlungsverfahren verlangen. Das hat das Arbeitsgericht Bonn laut Mitteilung vom Mittwoch entschieden. Vielmehr dürfe der Arbeitgeber dazu nur dann Informationen einholen, wenn sie für den zu besetzenden Arbeitsplatz relevant sein könnten. Das Gericht gab damit der Klage eines Auszubildenden statt (AZ: 5 Ca 83/20).
Der Kläger hatte eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik begonnen. Bei dieser Tätigkeit hatte er auch Zugriff auf hochwertige Vermögensgüter der Beklagten. Im Rahmen des Einstellungsverfahrens hatte der Kläger auf einem sogenannten Personalblatt bei der Frage nach „Gerichtlichen Verurteilungen/schwebenden Verfahren“ die Antwort „Nein“ angekreuzt. Tatsächlich wusste er zu dem Zeitpunkt jedoch, dass ihm ein Strafprozess wegen Raubes bevorstand.
Azubi wollte Ausbildung im Freigang fortführen
Etwa ein Jahr nach seiner Einstellung teilte der Kläger seinem Vorgesetzten mit, dass er eine Haftstrafe antreten müsse und eine Erklärung benötige, dass er seine Ausbildung während seines Freigangs fortführen könne.
Daraufhin wollte der Arbeitgeber den Ausbildungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dies wies das Arbeitsgericht Bonn mit Urteil vom 20. Mai jedoch zurück. Die von der Beklagten unspezifisch gestellte Frage nach Ermittlungsverfahren jeder Art sei bei einer Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als Fachkraft für Lagerlogistik zu weitgehend und damit unzulässig, entschied das Gericht. Nicht jede denkbare Straftat begründe Zweifel an der Eignung des Klägers für diese Ausbildung. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.