Hannover. Bei Speditions-, Transport- und Logistikunternehmern sorgen derzeit die teilweise widersprüchlichen Entscheidungen zum Mindestlohngesetz (MiLoG) für Verwirrung: Bestes Beispiel sind die beiden erstinstanzlichen Urteilen aus Herne und Bautzen vor wenigen Wochen, in denen es darum ging, ob ein Arbeitgeber ein Urlaubsgeld bei den 8,50 Euro pro Stunde anrechnen darf. Wer hat recht und wie macht man es richtig? Rechtsanwalt Benjamin Sokolovic aus Hannover rät, sich davon nicht verrückt machen zu lassen.
„Ich bin davon überzeugt, dass Urlaubsgeld auf den Mindestlohn anrechnungsfähig ist“, betont der Experte für Arbeitsrecht. Er empfiehlt, diese Zahlung, die bisher häufig als Einmalzahlung vorgesehen ist, wie auch die Zahlung des Weihnachtsgeldes – im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer – auf zwölf Monate aufzuspalten. „Wenn diese Zahlungen sodann monatlich und unwiderruflich gezahlt werden, bestehen meines Erachtens keine Zweifel gegen die Anrechenbarkeit des Urlaubs- und im Übrigen auch des Weihnachtsgeldes.“
Laut Sokolovic bestehen keine unionsrechtlichen Gründe gegen die Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Berechnung des Mindestlohns. „Der EuGH hat betont, dass bei der Frage, ob ein Gehaltsbestandteil die Normalleistung vergütet, das nationale Verständnis von Vergütungselementen maßgeblich ist“, sagt der Jurist. Das deutsche Arbeitsrecht sei hier sehr großzügig. Der Rechtsanwalt hält deshalb alle Zahlungen für mindestlohnwirksam, die als Gegenleistung für erbrachte Arbeit mit Entgeltcharakter im Fälligkeitszeitraum ausgezahlt werden.
Insofern bestätigt der Jurist nicht nur die aktuelle Vorgabe des Gesetzgebers an den Zoll als zuständige Kontrollbehörde, sondern folgt auch dem jüngsten Mindestlohn-Urteil des eingangs erwähnten Arbeitsgerichts in Herne. „Wenn das MiLoG einen angemessenen Lebensunterhalt durch das eigene Einkommen ermöglichen soll, kommt es auf die Höhe der Zahlung selbst an und nicht darauf, worauf sie beruht“, resümiert er. (ag)