Rom. Große Veränderungen auf Italiens Autobahnen: Das Tutor-System zur Messung der durchschnittlichen Geschwindigkeit an unterschiedlichen Messpunkten ist komplett abgeschaltet worden. Statt dessen wurden die alten Autovelox-Stellen wieder aktiviert. Die Abschaltung wurde vom Corte d’appello in Rom entschieden. Das Berufungsgericht bestätigte damit ein Urteil aus Florenz vom 10. April 2018. Hintergrund ist ein Streit um eine Patentsrechtverletzung, da eine kleine Firma aus dem toskanischen Greve in Chianti das von Autostrade per l’Italia verwendete System als eine Kopie ihres eigenen sah. Mit der jetzigen Entscheidung muss das bisherige Tutor-System endgültig von den Autobahnen verschwinden.
Ersetzt wird das System vorübergehend durch die zuvor verwendeten „Autovelox“, die die momentane Geschwindigkeit messen. Die alten Kontrollstellen wurden allesamt wieder aktiviert. Derzeit verfügen die italienischen Autobahnen über insgesamt 107 Messstellen. Eine komplette Übersicht gibt es hier: http://download.repubblica.it/pdf/2018/motori/autovelox_fissi.pdf
Höchstgeschwindigkeit bleibt gleich
Das Geschwindigkeitslimit für Lkw bis zu einem Gesamtgewicht von 12 Tonnen liegt weiterhin bei 100 Stundenkilometern, bei schwereren Fahrzeuggespannen bei 80 Stundenkilometern. Für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen liegen die Bußgelder weitaus höher als bei Kraftfahrzeugen.
So sehen die zu erwartenden Bußgelder für Lkw aus:
- Geschwindigkeitsüberschreitung von bis zu 10 Stundenkilometern: zwischen 82 und 338 Euro
- Überschreitung zwischen 10 und 40 km/h: zwischen 336 und 1360 Euro sowie 3 Punkte
- Überschreitung zwischen 40 und 60 km/h: Bußgeld zwischen 1064 und 4252 Euro, außerdem 6 Punkte sowie ein Führerscheinentzug für eine Dauer von zwei bis sechs Monaten. Bei erneutem Verstoß innerhalb eines Zweijahreszeitraumes ein Führerscheinentzug für eine Dauer von 16 bis 36 Monaten
- Überschreitung von mehr als 60 km/h: Bußgeld zwischen 1658 und 6632 Euro sowie 10 Punkte und ein Führerscheinentzug für eine Dauer von ein bis zwei Jahren. Bei erneutem Verstoß innerhalb eines Zweijahreszeitraums droht ein dauerhafter Führerscheinentzug
Der Rechtsstreit um das Tutor-System und die Patent-Verstöße hatte bereits im Jahr 2006 begonnen. Nach der Entscheidung aus Rom sind die Autobahnbetreiber zwar nicht dazu verpflichtet, ein System zur Geschwindigkeitsmessung zu installieren, doch die Aktivierung eines alternativen Systems, das bereits vom italienischen Verkehrsministerium genehmigt wurde, befindet sich bereits in der Erprobungsphase.
Der Verband Asaps, dessen Mitglieder sich für die Straßenverkehrssicherheit einsetzen, hat die aktuelle Entwicklung mit Besorgnis betrachtet. Allein am vergangenen Wochenende hätte es 27 Verkehrstote auf den Straßen gegeben - für das Jahr 2018 ein Rekord. Insbesondere im Hinblick auf die nahenden Ferien und die derzeitigen Wartungen vieler Rettungshubschrauber sei diese Änderung „absolut beunruhigend“. Die Einführung des Tutor-Systems auf den italienischen Autobahnen hatte die Zahl der Verkehrstoten um rund 70 Prozent reduziert. (nja)