-- Anzeige --

Interview: „Die Nachteile der Punktereform überwiegen die Vorteile“

01.02.2013 12:50 Uhr
Interview: „Die Nachteile der Punktereform überwiegen die Vorteile“
Anwalt Frank Häcker fordert, dass bei der geplanten Punktereform nachgebessert wird.
© Foto: VR/André Gieße

Am Freitag diskutiert der Bundesrat die geplante Neugestaltung der Flensburger Verkehrssünderdatei. Verkehrsrechtler Frank Häcker befürchtet, das Konzept von Peter Ramsauer könnte durchfallen.

-- Anzeige --

Frank Häcker ist Anwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht in Aschaffenburg und hat vergangene Woche als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein beim 51. Verkehrsgerichtstag in Goslar mit über die Punktereform von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) diskutiert.

Ziel der Punktereform von Peter Ramsauer ist es, das Verkehrszentralregister einfacher, transparenter und gerechter zu gestalten. Inwiefern gelingt dies mit dem vorliegenden Gesetzentwurf?
Dass der Bundesverkehrsminister die Tilgungshemmung abschaffen will, halte ich für sinnvoll. Sie verhindert bisher, dass bestehende Registereinträge verjähren, wenn man sich vor Ablauf der Bewährungszeit erneut etwas zuschulden kommen lässt. Künftig dürfte es für alle Beteiligten leichter nachvollziehbar sein, wann Punkte verfallen. Die begrüßenswerten Ziele der Reform, nämlich die Verbesserung der Verkehrssicherheit und die Vereinfachung des Punktesystems, stehen aber mit den Verschlechterungen in keinem Verhältnis.

Welche Reformpläne bereiten Ihnen derzeit die größten Bauchschmerzen?
Nicht nachvollziehbar ist für mich zum Beispiel die geplante Punktevergabe. Ramsauers Vorschlag sieht vor, nicht mehr bis zu sieben Punkte pro Verstoß zu verhängen, sondern je nach Schwere des Vergehens höchstens drei. Künftig wird ein Handyverstoß also mit einem Punkt und eine fahrlässige Tötung ohne Entzug der Fahrerlaubnis mit nur zwei Punkten geahndet. Nach dem bisherigen System hätte eine fahrlässige Tötung eine Eintragung von fünf Punkten im Verkehrszentralregister zur Folge. Ich empfinde die Umstellung als zu undifferenziert.

Im Gegenzug ist der Lappen nicht mehr bei 18 Punkten weg, sondern schon bei acht. Vor allem Berufskraftfahrer laufen Gefahr, den Führerschein schneller abgeben zu müssen. Was ist daran gerecht, wenn der LKW-Fahrer, der ohne Führerschein seinen Job verliert, künftig härter bestraft wird?
Ich frage mich, ob man bestimmte Berufsgruppen so hart an die Kandare nehmen muss. Wer täglich auf dem Bock sitzt und davon seine Familie ernähren muss, hat beim Führerscheinentzug ein Problem: Daran gekoppelt ist eine Mindestsperre von sechs Monaten, in der man seiner Tätigkeit nicht nachgehen kann. Man muss dann den Führerschein neu beantragen und ein Fahreignungsseminar absolvieren, was jeweils mit erheblichen Kosten verbunden ist – das Fahreignungsseminar soll doppelt so viel kosten wie das heutige Aufbauseminar. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass es nach der Reform nicht mehr möglich sein soll, durch die Teilnahme an einem Seminar Punkte abzubauen. Ich meine, es muss belohnt werden, wenn jemand bereit ist, Zeit und Geld zu investieren, um an seinem Fahrverhalten etwas ändern.

Nicht nur die Seminare verteuern sich voraussichtlich, auch die Höhe der Bußgelder soll nach dem Willen von Ramsauer steigen.
Künftig soll es zwar erst ab einer Bußgeldhöhe von 60 Euro statt bisher 40 Euro zu einem Punkteeintrag in Flensburg kommen. Gleichzeitig ist aber geplant, die Regelbußen zu erhöhen, so dass von diesem Vorteil nichts bleibt. Für fast alle Delikte sind höhere Bußgelder vorgesehen.

Geht der Erziehungsgedanke nach Ihrer Ansicht mit der Punktereform flöten und es künftig stattdessen mehr ums Abkassieren?
Ich möchte dem Bundesverkehrsminister nicht unterstellen, dass er mithilfe der Punktereform mehr Geld eintreiben will. Ich glaube, ihm geht es tatsächlich darum, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Verkehrsrowdys zu einer umsichtigeren Fahrweise zu erziehen. Es entsteht aber zunehmend der Eindruck, dass sich Herr Ramsauer mit der Punktereform ein Denkmal setzen will. Ich halte das heutige Verkehrszentralregister nicht nur für sinnvoll, sondern auch für effektiv und ich verstehe nicht, warum man ein funktionierendes System abschaffen muss. (ag)

-- Anzeige --
-- Anzeige --

HASHTAG


#Personalie

-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


Teamleiter Lager im Handelslager/ Brennschneidbetrieb (w/m/d)

Salzgitter;Mülheim an der Ruhr;Mülheim an der Ruhr;Mülheim an der Ruhr

-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Die VerkehrsRundschau ist eine unabhängige und kompetente Abo-Fachzeitschrift für Spedition, Transport und Logistik und ein tagesaktuelles Online-Portal. VerkehrsRunschau.de bietet aktuelle Nachrichten, Hintergrundberichte, Analysen und informiert unter anderem zu Themen rund um Nutzfahrzeuge, Transport, Lager, Umschlag, Lkw-Maut, Fahrverbote, Fuhrparkmanagement, KEP sowie Ausbildung und Karriere, Recht und Geld, Test und Technik. Informative Dossiers bietet die VerkehrsRundschau auch zu Produkten und Dienstleistungen wie schwere Lkw, Trailer, Gabelstapler, Lagertechnik oder Versicherungen. Die Leser der VerkehrsRundschau sind Inhaber, Geschäftsführer, leitende Angestellte bei Logistikdienstleistern aus Transport, Spedition und Lagerei, Transportlogistik-Entscheider aus der verladenden Wirtschaft und Industrie.