Keine deutlichen Zinssprünge mehr im laufenden Jahr erwarten die Finanzmarktexperten vom ZEW, dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim. In den Jahren 2024 und 2025 sollen die EZB-Zinsen schrittweise fallen. Dies sind die Ergebnisse der Sonderfrage des ZEW-Finanzmarkttests vom August, in der die Befragten ihre Einschätzung der Inflations- und Leitzinsentwicklung in der Eurozone für den Zeitraum 2023 bis 2025 abgaben.
Frank Brückbauer, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich, fasst die Ergebnis-Prognosen zusammen: "Nachdem im Mai erstmals kein weiterer Anstieg der Inflationserwartungen verzeichnet wurde, sinken sie nun im August das erste Mal merklich. Die Inflationserwartungen bleiben zwar auf einem hohen Niveau, sodass die Inflationsraten bis zum Jahr 2025 weiterhin deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB liegen dürften, jedoch zeichnet sich durch die vergangenen beiden Umfragen eine Trendwende ab." Die Entwicklung der Löhne im Euroraum sieht Brückbauer weiterhin als wichtigen Inflationstreiber. Gleichzeitig nehme die konjunkturelle Lage im Euroraum der Inflation "ein wenig den Wind aus den Segeln."
Rückgang der Inflationserwartungen
Die Finanzmarktexperten erwarten in der Umfrage vom August für die Jahre 2023, 2024 beziehungsweise 2025 durchschnittliche Inflationsraten von 5,5, 3,3 beziehungsweise 2,5 Prozent. Die Mehrheit geht somit weiterhin davon aus, dass die EZB im Zeitraum 2023 bis 2025 ihr Inflationsziel von zwei Prozent nicht erreichen kann. Dennoch gehen die Inflationsprognosen zum ersten Mal seit langem spürbar zurück. So betrugen die Medianprognosen für die Jahre 2023, 2024 bzw. 2025 im Mai 2023 noch 5,8, 3,7 bzw. 2,5 Prozent.
Löhne bleiben Inflationstreiber, Konjunktur bremst
Wie bereits in der Umfrage vom Mai bleiben die Löhne die größten Inflationstreiber, wie das ZEW in seiner Umfrage bestätigt sieht. Eine Mehrheit von 53 Prozent der Experten gibt an, dass sie ihre Inflationsprognosen aufgrund der Entwicklung der Löhne seit Mai erhöht haben. In der vergangenen Umfrage waren es allerdings noch rund 70 Prozent davon überzeugt. Parallel dazu wirkt sich die Konjunktur den Befragten zufolge eher negativ auf die Inflationsprognosen aus. Rund 47 Prozent berichten, dass sie ihre Inflationsprognosen aufgrund der konjunkturellen Lage gesenkt haben.