Düsseldorf/Luxemburg. Güterkraftverkehrsunternehmen, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) getankt haben, müssen den bereits bezahlten Kraftstoff im LKW nicht noch einmal versteuern, wenn sie danach die deutsche Grenze passieren. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gestern entschieden. Bisher müssen Nutzfahrzeuge mit Sonderaufbauten wie Autotransporter oder Wechselbrückenträger hierzulande den gesamten Treibstoff versteuern, sofern der Sprit sich nicht in einem Tank befindet, den der Hersteller des Fahrzeugrahmens angebaut hat.
Laut der EuGH-Entscheidung von Dienstag ist es unzulässig, dass man für den im Ausland getankten Sprit in serienmäßig verbauten LKW-Tanks keine Energiesteuer zahlen muss, für den Sprit in nachträglich angebauten Tanks in Deutschland allerdings schon. Die Richter in Luxemburg haben deshalb die Steuerbefreiung auch auf von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaute Behälter ausgeweitet, die sowohl den Antrieb des LKW als auch während des Transports den Betrieb der Kühlaggregate oder sonstiger Anlagen ermöglichen.
Strafermittlungsverfahren und Steuernachforderungen sind hinfällig
„Durch diese Klarstellung dürften sich auch zahlreiche Verfahren gegen europäische Transporteure in Deutschland erledigt haben, in denen in der Vergangenheit nicht nur hohe Bußgelder oder Strafen verhängt, sondern Steuern in Millionenhöhe nachgefordert wurden“, erklärt Heiko Panke. Er ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Möllenhoff Rechtsanwälte und hat den Fall in Luxemburg betreut. Laut Panke können sich auf dieses Urteil sowohl deutsche als auch Unternehmen aus anderen EU-Staaten berufen.
Sollten Energiesteuerbescheide mit der Begründung erlassen worden sein, Kraftstoff habe sich beim Grenzübertritt in das Steuergebiet der Bundesrepublik nicht in einem Hauptbehälter befunden, da er nicht vom Hersteller des Fahrgestells, sondern von einer dritten Person eingebaut worden wäre, seien diese Bescheide rechtswidrig. „Auch Strafermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung sind einzustellen“, erläutert der Jurist.
Geklagt hatte eine Spedition aus der Nähe von Münster
Auslöser für des EuGH-Urteils ist die Klage des Unternehmens Holger Forstmann Transporte, das den ursprünglichen Tank an einem seiner LKW durch einen Karosseriebauer versetzen und einen weiteren Tank mit einem Fassungsvermögen von 780 Litern einbauen ließ. Eine entsprechende Umrüstung durch den Hersteller wäre nicht üblich gewesen. Zum Problem wurde sie, weil die Spedition das Fahrzeug in den Niederlanden betankte und danach die Grenze nach Deutschland überquerte, um Fahrten im Inland durchzuführen.
Die Zollverwaltung setzte gegenüber der Spedition Energiesteuer für den in den beiden Tanks eingeführten Diesel fest. Mit der Begründung, dass keine Steuerbefreiung greife, da beide Tanks nicht serienmäßig eingebaut worden seien. Dagegen klagte das Unternehmen. Der Zollsenat des zuständigen Finanzgerichts Düsseldorf hatte das Verfahren daraufhin im vergangenen Jahr ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt, um den Herstellerbegriff in der Energiesteuerrichtlinie klären zu lassen. (ag)