Bußgeld: Knöllchen aus dem Ausland

Wer in den EU-Mitgliedsstaaten bei Verstößen auf der Straße erwischt wird, muss mit einem Bußgeldbescheid der Behörden des jeweiligen Landes rechnen - wenn diese das Geld oder eine Sicherheitsleistung nicht schon vor Ort bei einer Kontrolle eingezogen haben. Bei den Lenk- und Ruhezeiten werde derzeit vor Ort nach dem Auslesen der Daten der Fahrerkarte und des Massenspeichers des Kontrollgeräts kontrolliert und geahndet "beziehungsweise eine Sicherheitsleistung erhoben", so Philippe Rabenschlag, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Recht und Mobilität. "Die Fälle, in denen man Post nach Hause bekommt, betreffen meist Verstöße wegen Geschwindigkeits-Überschreitungen, Park- oder sogar Rotlichtverstöße, also Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften", erläutert er. Vollstreckung auch in Deutschland Stellt sich die Frage: Zahlen oder nicht zahlen? Grundsätzlich empfiehlt der Anwalt, zuerst zu prüfen, ob man den vorgeworfenen Verstoß überhaupt begangen hat oder nicht - ob etwa ein Messfehler der Behörde vorliegt. "Gerade bei Inkassobüros ist Vorsicht geboten. Nicht selten kann es sich hier auch um betrügerische Maschen handeln", warnt der Experte. Gegebenenfalls ist also ein Einspruch gegen den Bescheid eine Überlegung wert. Der Fahrer oder auch das Unternehmen sollte zahlen, wenn er den Verstoß begangen hat und bei Nicht-Zahlen eine Vollstreckung in Deutschland droht, rät Rabenschlag. Oder, wenn man beabsichtige, noch einmal in das Land einzureisen. Zahlt der Betroffene nicht, können sich die Behörden des Landes an das Bundesamt für Justiz (BfJ) wenden. Dann droht eine Vollstreckung des Bußgelds durch das BfJ. Basis für die Vollstreckungshilfe ist das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Übersetzung als eine Voraussetzung Das Bundesamt kann das Hilfeersuchen des Mitgliedsstaats unter anderem aber ablehnen, wenn Verfahrenshindernisse vorliegen. Zum Beispiel, wenn der Betroffene in einem schriftlichen Verfahren nicht über seine Rechte belehrt wurde. Auch müssen ausländische gerichtliche oder behördliche Entscheidungen, die schriftlich zugestellt werden, grundsätzlich in ihrem wesentlichen Inhalt nach übersetzt sein, erklärt Rabenschlag. "Bußgeldbescheide aus Frankreich sind etwa in bester deutscher Sprache verfasst, rund vier Seiten lang, mit Hinweisen insbesondere zu Zahlungsmethoden." So sei es preislich am günstigsten, bei Geschwindigkeitsverstößen innerhalb einer Woche zu bezahlen. Nach weiterer Frist steigt die Summe. "Zahlt man dennoch nicht, muss man mit einem Strafverfahren rechnen sowie bei Vollstreckung in Deutschland mit weiteren Verfahrenskosten." Wenn der Mindestbetrag von 70 Euro - inklusive Verfahrenskosten - nicht erreicht wird, ist dies ein weiterer Grund dafür, dass das BfJ nicht vollstreckt. Deutschland hat mit Österreich außerdem ein Vollstreckungsabkommen, bei dem die Bagatellgrenze bei 25 Euro liegt. Eine Ablehnung ist grundsätzlich auch möglich, wenn der Betroffene gegenüber dem Bundesamt einwendet, für die Handlung nicht verantwortlich zu sein. Das betrifft laut BfJ besonders Fälle der sogenannten Halterhaftung. Eine Voraussetzung sei allerdings, dass man die fehlende Verantwortung nicht im Ausland schon erfolgreich hätte vorbringen können. Deutsche Ausnahme bei Halterhaftung In vielen EU-Staaten werden Kfz von hinten geblitzt. Wenn ein deutscher Halter im Ausland erfolglos Einspruch mit der Begründung eingelegt hat, nicht selbst der Fahrer gewesen zu sein, kann er dies gegenüber dem BfJ bei einem Einspruch gegen dessen Bescheid angeben. Wichtig ist laut ADAC, Nachweise darüber aufzubewahren. "Die strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Halterhaftung ist in Deutschland - bis auf wenige Ausnahmen im ruhenden Verkehr bei Verwarnungen - verfassungsrechtlich nicht zulässig", so Rabenschlag (Paragraf 25a StVG). In anderen Staaten ist sie zulässig. Das ausländische Erkenntnisverfahren wird laut BfJ inhaltlich nicht überprüft. Heißt: Gegen einen Vorwurf selbst kann man nur in dem EU-Mitgliedsstaat vorgehen, der den Bußgeldbescheid verschickt hat. Ist dort die Einspruchsfrist verfallen, ist der Bescheid in dem Land rechtskräftig. Dabei gibt es teils lange Verjährungsfristen. Ein Bußgeld kann im Ausland also noch später vollstreckt werden, etwa im Rahmen einer Verkehrskontrolle. In Kürze Ein Bußgeldbescheid aus dem EU-Ausland kann auch in Deutschland vollstreckt werden, durch das Bundesamt für Justiz. Gegen den Vorwurf selbst muss man im jeweiligen Mitgliedsstaat vorgehen. VR plus Online Bußgelder in der EU Was kosten zu schnelles Fahren oder ein Verstoß gegen die Lenk- und Ruhezeiten bei unseren Nachbarn? Eine kleine Auswahl finden Abonnenten im VR-Plus-Portal. mwi www.verkehrsrundschau.de/plus/eu-bussgeld2022

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