Stuttgart. Eine ARD-Reportage wirft dem Daimler-Konzern vor, per Werkvertrag Billigarbeitskräfte zu beschäftigen. Nach Recherchen des SWR arbeiten an den Fließbändern bei Daimler Menschen, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen. Ein Reporter des SWR ließ sich über eine Leiharbeitsfirma anstellen und arbeitete undercover mit der Stammbelegschaft der Stuttgarter.
Wie der SWR berichtet, wurde der Reporter von der Leiharbeitsfirma an eine Logistikfirma verliehen. Dort wurde er aber nicht für Transportarbeiten eingesetzt, sondern direkt am Fließband des Mercedes-Benz-Werkes in Untertürkheim. Bei seiner Arbeit verdiente er einen Stundenlohn von 8,19 Euro. Das macht monatlich etwa 1220 Euro brutto, also ungefähr 990 Euro netto. Nach Angaben von Daimler-Betriebsräten liegt die niedrigste Tarif-Lohnstufe für die Daimler-Stammbelegschaft mit etwa 3400 Euro knapp dreimal so hoch. Der Verdienst des SWR-Reporters als Billiglöhner war so gering, dass er als Familienvater mit vier Kindern Anspruch auf Hartz-IV-Aufstockung in Höhe von 1550 Euro monatlich hatte.
Experte sieht flächendeckenden Missbrauch
Die im Film gezeigte Konstruktion sei illegal, kommentiert das der Arbeitsmarktforscher Stefan Sell. Er sieht einen flächendeckenden Missbrauch. Viele Unternehmen versuchten, Lohnkosten zu sparen. Da neue gesetzliche Regelungen die Leiharbeit verteuert hätten, nutzen immer mehr Firmen das Modell der Werkverträge, so Sell.
Die Pressestelle von Daimler erklärte dem SWR auf Anfrage, Daimler kaufe Dienstleistungen außerhalb des eigenen Kerngeschäfts ein. Die Tätigkeiten von Daimler-Mitarbeitern und die Tätigkeiten der Mitarbeiter von Drittfirmen seien voneinander abgegrenzt. Es gebe bei Daimler entsprechende Richtlinien und Vorgaben, die sämtliche arbeitsrechtlichen Belange berücksichtigten und die regelmäßig überprüft würden.
Dass die Tätigkeiten zwischen billigen Mitarbeitern von Fremdfirmen und eigenen Stammkräften durchmischt seien, konnte der Vorsitzende des Daimler-Konzernbetriebsrats, Erich Klemm, nicht bestätigen. Er sagte dem SWR auf Anfrage: „Wenn das so wäre, wie Sie das schildern, wäre es nicht in Ordnung und das Unternehmen muss das abstellen." Daimler-Sprecher oder -Manager hatten sich laut SWR nicht zu einem Kommentar vor der Kamera bereit erklärt. (dpa/bw)
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