Staat hilft bei der Schlüsselübergabe

So viele Unternehmer wie nie zuvor haben Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden. Das geht aus einem Report des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor: 6911 Alt-Inhaber suchten demnach 2018 den Rat der für sie zuständige Industrie- und Handelskammer. Die meisten wollten kleine und mittlere Betriebe übergeben. Fast jeder zweite von ihnen hatte zum Zeitpunkt der Beratung noch keinen Kandidaten für den Generationswechsel gefunden - auch dies ist ein Rekord. Besonders groß ist 30 Jahre nach der Wende die Diskrepanz in ostdeutschen Regionen. Der Staat unterstützt deshalb Gewerbetreibende aller Wirtschaftsbereiche vermehrt bei der Suche nach den passenden Kandidaten für den Generationswechsel und der Übergabe ihrer Unternehmen. Bund unterstützt durch Nexxt-Initiative Vor einigen Jahren hat das Bundeswirtschaftsministerium schon die Nachfolge-Initiative "Nexxt" und die dazugehörige Nexxt-Change-Plattform im Internet gestartet. Potenzielle Käufer und Verkäufer von Unternehmen können dort kostenlos Inserate einstellen und für sie relevante Angebote suchen. Auf der Vermittlungs- und Informations-Plattform waren im Januar gut 6300 Verkaufsangebote und rund 1700 Kaufgesuche eingestellt - etwa jedes zehnte davon hat Bezug zur Speditions-, Transport- und Logistikbranche. Weitere Inhalte sind ein "KMU-Rechner" für die Bewertung von Unternehmen, Planer und Hilfen für die Umsetzung der Übergabe, Beratervorschläge, Checklisten und Übersichten zur Nachfolgevorbereitung und Unternehmensführung sowie Links zur Finanzierung und Förderung. Das Rückgrat der Initiative Nexxt-Change bilden die derzeit rund 730 Regionalpartner, die vor Ort den Interessenten bei allen Fragen und beim Einstellen der Inserate zur Verfügung stehen. Das sind etwa Vertreter der zuständigen Industrie- und Handelskammern, von Wirtschaftsförderungsgesellschaften und von Kreditinstituten. Frühzeitige Sensibilisierung, Information und Beratung sowie gründliche Planung sollen eine erfolgreiche Nachfolgeregelung in kleinen und mittleren Betrieben ermöglichen. Neue Förderung für Mittelstand beginnt Im Rahmen seiner Mittelstandsreise hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im vergangenen Sommer zudem den Startschuss für die Initiative "Unternehmensnachfolge - aus der Praxis für die Praxis" gegeben. Das Programm soll Modellprojekte von Unternehmern und potenzielle Nachfolger fördern und anschließend als positive Praxisbeispiele zum Nachahmen öffentlich machen. Angesichts der großen Bedeutung, die viele kleine und mittlere Unternehmen hätten, könne sich Deutschland keine ungeklärten Nachfolgesituationen leisten, erklärte Altmaier. Ziel ist, durch das Programm bundesweit mehr Übergabeprozesse früher zu initiieren, sie erfolgreich abzuschließen und so den Generationswechsel im Mittelstand zu erleichtern. Mögliche Ideen für eine solche Förderung können Nachfolge-Coaches, -akademien und -moderatoren sein, die interessierte Übergeber und Nachfolger zusammenbringen oder branchenspezifische Botschafter-/Patenschaftsnetzwerke zum Thema. Vorgesehen sind nach Ministeriumsangaben Mittel von fünf Millionen Euro über fünf Jahre bis 2024. DIHK fordert mehrere Verbesserungen Dem DIHK genügt das nicht. Sein aktueller Nachfolgereport zeige, dass die Politik mehr für einen erfolgreichen Generationenwechsel tun müsse, betont Eric Schweitzer. Die Mehrheit der an einer unternehmerischen Zukunft Interessierten bewertete Bürokratie als "große Hürde", berichtet der DIHK-Präsident. Sein Fazit: "Die Unternehmensnachfolge muss insgesamt einfacher werden, und sie muss deutlich schneller möglich sein." Das jetzt in Kraft getretene dritte Bürokratieentlastungsgesetz ist hierfür aus seiner Sicht zwar ein Anfang, reiche aber längst nicht aus. Um diese Probleme zu lösen, seien digitale Verwaltungsprozesse und E-Government wichtig: "Erforderliche Genehmigungen sollten an einer zentralen Stelle abrufbar sein und jegliche Doppelmeldungen der Vergangenheit angehören", so Schweitzer. "Positive Anreize für potenzielle Unternehmer würden gesetzt, wenn die Bundesregierung konsequent schnell die 100 wichtigsten Verwaltungsleistungen für Unternehmen online zur Verfügung stellen würde." Ein Ärgernis für etwa 20 Prozent der Alt-Inhaber und der Nachfolge-Interessenten sind dem DIHK zufolge Unsicherheiten bei der Anwendung des Mitte 2016 reformierten Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Erst seit Ende 2019 gibt es Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Gesetzesnovelle. Sie enthalten vor allem die Ansicht der Finanzverwaltung zur Auslegung der geänderten Begünstigungsregeln für die Übertragung von Betriebsvermögen. Sie dürfe nicht zu noch höheren steuerlichen Belastungen bei der Unternehmensnachfolge führen, mahnt Schweitzer. Deshalb solle auch der Fiskus bei der Unternehmensbewertung die Nutzung des vereinfachten Ertragswertverfahrens akzeptieren - "ohne weitere aufwendige Begutachtungen und ergänzende andere Bewertungsverfahren", fordert er. Auch bei der Wegzugsbesteuerung und der Reform der Grunderwerbsteuer drohten Hürden für die Unternehmensnachfolge, die laut Schweitzer "mit einer mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung der jeweiligen Regelungen vermieden werden könnten". Mehr zum Thema finden Sie unter #Förderung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Seit 2006 versucht das Bundeswirtschaftsministerium, Unternehmensübergaben zu unterstützen. Staatliche Initiativen wie"Nexxt" haben den Nachfolge-Notstand in Deutschland allerdings nicht verhindern können. Wirtschaftsvertreter fordern daher weniger Bürokratie und eine unternehmensfreundlichere Besteuerung. Suchen und finden im Netz Börsen und weitere Infos zur Unternehmensnachfolge:- Nexxt-Change ist die größte deutsche Unternehmensnachfolgebörse mit rund 730 Regionalpartnern. In der Börse können sowohl Verkaufsangebote als auch Kaufgesuche eingestellt werden. Sie wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der KfW Bankengruppe, Kammern und Banken betrieben:www.nexxt-change.org- Das Institut für Entrepreneurship, Mittelstand und Familienunternehmen der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin hat mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums eine Wissens- und Informationsplattform zum Thema Unternehmensnachfolge entwickelt:www.nachfolge-in-deutschland.de- Die Deutsche Unternehmensbörse bietet nach eigenen Angaben den reichweitenstärksten unabhängigen Marktplatz für den Unternehmenskauf und -verkauf in Deutschland an. Dahinter steht die Verlagsgruppe des Handelsblatts:www.dub.de

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