Wohin steuert der KV?

Es ist auf den ersten Blick verwunderlich: Da gibt es im deutschen Transportmarkt ein Marktsegment, dem so hohe Wachstumsraten prognostiziert werden wie keinem anderen. Und trotzdem befasst sich eine deutliche Mehrheit der Transportdienstleister nicht mit dem Markt. Die Rede ist vom Kombinierten Verkehr (KV). 7,4 Prozent mehr Volumen sagt ihm die Kurzfristprognose für 2014 voraus. Im nächsten Jahr bleibt der KV auf dem Wachstumspfad und es soll ein Plus von 5,2 Prozent geben. Und dennoch zeigen viele Transportdienstleister kein Interesse am intermodalen Transport, wie die Ergebnisse einer Exklusivumfrage zum VerkehrsRundschau-Index zeigen, der von der Unternehmensberatung Bearing Point unterstützt wird. 63,3 Prozent der befragten Logistikdienstleister geben an, dass sie nicht im KV tätig sind. Hinzu kommen weitere 10,9 Prozent, die bislang keine KV-Leistungen angeboten haben, aber mit dem Gedanken spielen, solche Transporte abzuwickeln. Nur 21,8 Prozent - also etwa nur jeder Fünfte - sind seit einiger Zeit in dem Markt aktiv. Ob nun 21,8 Prozent viel oder wenig sind, ist schwer zu sagen. Schließlich muss man berücksichtigen: KV betreibt man nicht mal so nebenbei. Dazu benötigt man ein etwas höheres Volumen, das dazu am besten noch kontinuierlich anfällt. Und man muss auch bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie ein KV-fähiges Equipment oder eigene Niederlassungen oder Partner am Abgangs- und/oder Empfangsort. Immer mehr Dienstleister im KV tätig Immerhin, das Pendel schlug in den letzten zwei Jahren leicht Richtung KV aus. Denn bei der Befragung von vor zwei Jahren waren noch 67,4 Prozent der Dienstleister KV-Verweigerer. Etwas höher als bei der aktuellen Befragung war mit 12,3 Prozent der Anteil derjenigen, die Interesse an dem KV-Markt zeigten, aber bislang noch nicht aktiv geworden sind. Es scheint so, als hätten damals ein paar Dienstleister nicht nur ihre Absicht bekundet, sondern diese auch wahr gemacht. Darauf deutet auch der Anteil der Unternehmen hin, die bereits im KV tätig waren: Das waren im vierten Quartal 2012 nur 16,9 Prozent. Dieser Wert hat sich also in den letzten zwei Jahren um fast ein Drittel erhöht. Trotzdem erscheint der Anteil von 21,8 Prozent, die im KV tätig sind, zunächst mal wenig. Aber: Auch der Kunde muss ja mitspielen. Will der keine KV-Transporte, kann der Logistikdienstleister sich noch so intensiv mit der Kombination Schiene-Straße befassen, er wird sich doch nicht damit durchsetzen. Deshalb sind auch die Verlader gefragt worden, welche Rolle der KV in ihrem Unternehmen spielt. Der Anteil derer, die sich nicht mit dem KV befassen, ist bei ihnen mit 65,2 Prozent noch höher als bei den Dienstleistern. Hinzu kommen 7,3 Prozent, die bereits mal Transporte im KV abgewickelt, damit aber schlechte Erfahrungen gesammelt haben. Weitere 5,8 Prozent sind noch nicht aktiv, wollen sich aber künftig mit dem Thema befassen. 18,8 Prozent geben an, dass sie schon seit einiger Zeit Güter im KV transportieren lassen. Der Vergleich mit den Werten aus dem vierten Quartal 2012 zeigt auch hier: Der KV gewinnt an Attraktivität. Denn vor knapp zwei Jahren bekannten noch 71,4 Prozent aller Verlader, dass sie keine KV-Transporte in Auftrag geben. Und nur 14,3 Prozent waren bereits in dem Segment tätig. Aber: Damals gaben 10,7 Prozent an, sich künftig mit dem KV befassen zu wollen. Ein deutlich höherer Wert als bei der Befragung im dritten Quartal 2014. Ist das womöglich ein Indiz dafür, dass der Boom allmählich abflaut? Wenn ja, wäre es interessant, zu wissen, was die Unternehmen am KV kritisieren. Diese Frage ist den Transportdienstleistern im Rahmen der VerkehrsRundschau-Umfrage gestellt worden. Bei den Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass hier alle geantwortet haben, also auch die Dienstleister, die sich bislang nicht mit dem KV befasst haben. Am häufigsten wurde die geringe Flexibilität genannt (siehe linke Grafik Seite 24). Ein Nachteil des KV, den sicher auch deren größte Befürworter nicht leugnen wollen. Denn der LKW kann jederzeit losfahren, muss sich nicht nach einem Fahrplan richten und kann sich jeden Weg selbst aussuchen. Ein Vorteil, der auch zukünftig bestehen wird. Preise spielen eine eher geringe Rolle Eine vergleichsweise geringe Bedeutung messen die Dienstleister den Preisen im KV bei. Dabei sind die Frachtraten auf der Bahn nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit 2010 stärker gestiegen als auf der Straße. Während der Preisindex im Schienengüterverkehr im zweiten Quartal 2014 bei 110,7 Punkte steht (2010 = 100), liegt er im Straßengüterverkehr nur bei 106,9 Punkte. Trotz des stärkeren Anstiegs der Frachtraten im KV spielt der Preis zumindest im Vergleich zu den drei Kritikpunkten, die in der Hitliste der größten Kritikpunkte ganz oben rangieren, eine deutlich geringere Rolle. Die Verlader hingegen sind gefragt worden, was die wichtigsten Gründe seien, die für den KV sprechen. Mit Abstand am häufigsten wurde die Umweltfreundlichkeit genannt (siehe Grafik rechts Seite 24). Bislang war immer zu hören, dass das Thema Umwelt nur dann den Ausschlag für die Schiene gibt, wenn LKW und der KV preislich in etwa gleichauf sind. Doch der hohe Wert bei der Umweltfreundlichkeit könnte ein Indiz dafür sein, dass selbst bei womöglich nicht ebenbürtiger Qualität oder nicht ganz so guter Preise der KV als Transportmittel der Wahl dennoch zum Zuge kommt. Ansonsten werden von den Verladern konkrete Vorteile wie die 44 Tonnen im KV statt der 40 Tonnen im Straßengüterverkehr als Vorteil genannt sowie die Ausnahmen vom Feiertags- und Sonntagsfahrverbot. Zudem haben die Dienstleister und Verlader zur Zukunft des KV Stellung genommen. Wie verändert sich die Bedeutung des KV in Deutschland/Europa, lautete die Frage. In Summe fallen die Antworten positiv aus (siehe Grafik Seite 25), allerdings auch nicht euphorisch, wie man das angesichts der Zahlen aus der Kurzfristprognose vermuten könnte. Die Transportdienstleister zeigen sich dabei optimistischer als die Verlader, dass der KV an Wichtigkeit zulegen wird: 38,6 Prozent aller Dienstleister vertreten diese Ansicht. Bei den Verladern sind es "nur" 30,4 Prozent. KV profitiert vom Fahrermangel Doch was sind die Gründe für den Optimismus? Hier gibt es zwischen Dienstleistern und Verladern unterschiedliche Ansichten. So geben bei den Dienstleistern 74,4 Prozent aller Befragten den sich abzeichnenden Fahrermangel als Ursache an. Als zweitwichtigster Grund für die Zunahme des KV wird die Vermeidung des CO2-Ausstoßes genannt, der eine immer wichtigere Rolle spielt (61,5 Prozent). 43,6 Prozent sagen, die Staus auf den Autobahnen und der schlechte Zustand der Straßen, die den LKW-Verkehr zunehmend behindern, sorgten für mehr Sendungen im KV. Hingegen glauben nur 25,6 Prozent, dass steigende Mautgebühren den LKW-Verkehr so stark verteuern könnten, dass die Schiene bevorzugt genutzt wird. Bei den Verladern hingegen steht ein anderer Grund ganz oben, warum der KV an Bedeutung gewinnt: die Staus auf den Autobahnen und der schlechte Zustand der Straßen, die LKW-Transporte auf die Bahn treiben (71,4 Prozent). Die Vermeidung des CO2-Ausstoßes wird wie bei den Dienstleistern am zweithäufigsten als Ursache genannt (66,6 Prozent). Hingegen sehen nur 52,4 Prozent der Verlader im LKW-Fahrermangel einen Auslöser, der zu einer Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene führen könnte. Der VR-Index: die Frage des Quartals Jedes Quartal lässt die VerkehrsRundschau (VR) von dem unabhängigen Marktforschungsinstitut Kleffmann die Transportpreise im Straßengüterverkehr erheben. Die Ergebnisse fließen in den VR-Index ein. Außerdem wird eine Frage zu einem aktuellen Thema gestellt. Der VR-Index für das dritte Quartal 2014 ist in der VR 40 erschienen. Unterstützt wird der Index von der Unternehmensberatung Bearing-Point. cd Preissteigerungen 2015 wahrscheinlich BME-Umfrage: Die Politik ist gefordert Darin sind sich nahezu alle politischen Vertreter einig: Die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene fordern nahezu alle Parteien, egal welcher Couleur. Vonseiten der Transportwirtschaft werden jedoch immer wieder auch mal Zweifel laut: Denn ein Verkehrsträger sollte nicht auf Kosten eines anderen subventioniert werden, heißt es.Doch die Ergebnisse einer Umfrage, die der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) in Auftrag gegeben hat und deren Ergebnisse der VerkehrsRundschau in Auszügen vorliegen, zeigen: Eine deutliche Mehrheit der Verlader (85,19 Prozent) wie auch unter den Unternehmen aus der Transportbranche (95,6 Prozent) fordert, dass es weiterhin das Ziel der Politik sein sollte, Güterverkehre auf die Schiene/den KV zu verlagern. Keinen Einfluss nehmen kann die Politik auf die Preisentwicklung. Im Jahr 2015 ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Frachtraten im KV steigen. 43,4 Prozent aller Unternehmen vertreten diese Ansicht laut BME-Umfrage, die Professor Paul Wittenbrink für den BME erstellt hat. Nur 6,4 Prozent erwarten sinkende Preise. cd

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