Willkommene Hilfe bei der Fahrersuche

Eigentlich ist es ja eine gute Nachricht, wenn in einer Region die Arbeitslosigkeit auf um die zwei Prozent sinkt. Denn dann gehen Experten davon aus, dass jeder, der wirklich arbeiten will, auch Arbeit bekommt. Doch Holger Baumann kennt die Kehrseite der Medaille. Denn der Betriebsleiter des Entsorgungsunternehmens Götzfried + Pitzer Entsorgung mit Sitz in Türkheim und Ulm weiß aus leidvoller Erfahrung, was passiert, wenn er per Inserat neue Mitarbeiter sucht: "Da kommen schon Antworten", meint er, "aber diejenigen, die brauchbar wären, haben Vorstellungen, die in der Branche absolut unrealistisch sind." Denn in Regionen, wo es wirtschaftlich gut läuft, wirkt sich der deutschlandweite Fahrermangel besonders stark aus. Und laut Experten ist in den nächsten Jahren keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil. Deshalb sitzt seit Mitte Februar Atanas Ivanov Ilchev am Steuer eines der Entsorgungsfahrzeuge von Götzfried + Pitzer. Er ist auf Vermittlung der Spanisch-Deutschen Personalvermittlung nach Türkheim gekommen, die der Verlag Heinrich Vogel - in dem die VerkehrsRundschau erscheint - zusammen mit seinem spanischen Partner Etrasa betreibt, dem spanischen Marktführer im Bereich Fahrschul- und Ausbildungsliteratur für Berufskraftfahrer (siehe Kasten Seite 26). "Erst war noch alles sehr fremd für mich", erinnert sich Ilchev an seine ersten Tage. "Es war ein sehr großer Schritt für mich, da ich meine Familie zurücklassen musste." Doch er sah keine andere Chance: Das spanische Unternehmen, bei dem er gearbeitet hatte, musste aufgrund der Krise schließen und der spanische Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 27 Prozent im Jahr 2013 (International Monetary Fund) versprach nicht wirklich eine Perspektive. Zumal mehr als 25.000 spanische Transportunternehmen ihren Betrieb schließen mussten und in der Branche damit ein Verlust von 90.000 Arbeitsplätzen zu beklagen war. Auch für den Entsorgungsdienstleister Götzfried + Pitzer war die Einstellung eines Fahrers aus Spanien zunächst ein großer Schritt (siehe Interview rechts). Schließlich arbeitet das Unternehmen seit Jahrzehnten mit einer vornehmlich deutschen Stammbelegschaft und Baumann weiß, dass das Entsorgungsgeschäft Qualifikationen erfordert, die über die eines klassischen Fernfahrers hinausgehen. "Gerade in der Entsorgung hat man doch viel Kundenkontakt als Fahrer und relativ viel Papierkrieg zu erledigen, weil man gefährliches Gut transportiert", erläutert er. "Da muss man schon Fahrer finden, die mit diesen Umständen hantieren können." Umso mehr sind Baumann und seine Kollegen an einem langfristigen Engagement der Mitarbeiter interessiert. Fundiertes Vorbereitungsprogramm Eigentlich müssten genau diese Rahmenbedingungen den Einsatz eines Fahrers aus Spanien besonders erschweren. Doch Ilchev kam nicht unvorbereitet nach Deutschland. "Die Fahrer werden mit Unterstützung der öffentlichen Verwaltung ausgesucht", erläutert Manuel Nogales, Direktor der Abteilung für Beratung und Projekte des spanischen Partners Etrasa. "Dabei ist es entscheidend, die richtigen Anforderungsprofile zu entwickeln, um die passenden Fahrer zu finden." Bereits in Spanien hatte Ilchev, wie alle anderen von der Spanisch-Deutschen Fahrervermittlung des Verlags Heinrich Vogel ausgesuchten Kandidaten, ein mehrmonatiges Vorbereitungsprogramm durchlaufen. Dazu gehören ein Coaching- und Informationstermin zur Einsatzvorbereitung und Betreuungsgespräche, um Kandidaten beim Umgang mit ihrer neuen Herausforderung in Deutschland zu helfen. Ein psychologischer Eignungstest stellte sicher, dass auch er der Herausforderung einer neuen Aufgabe in fremder Umgebung aller Voraussicht nach gewachsen ist. Vor allem aber hat der LKW-Fahrer in einem 100-stündigen Kurs an einer spanischen Filiale des weltweit in der Deutsch-Ausbildung tätigen Goethe-Instituts die Grundzüge der deutschen Sprache gelernt. "Hätte Atanas Ivanov Ilchev diese Grundkenntnisse der deutschen Sprache nicht gehabt, wäre für uns eine Einstellung nicht infrage gekommen", betont Götzfried + Pitzer-Betriebsleiter Baumann. "Und die anderen Leistungen der Deutsch-Spanischen Fahrervermittlung haben uns die Entscheidung natürlich auch leichter gemacht." Doch ehe alles reibungslos lief, war noch viel Einsatz nötig. Darauf weisen der Verlag Heinrich Vogel und Etresa ihre Kunden ausdrücklich hin - und die Botschaft kam an: "Es war uns schon von vornherein klar, dass das nicht ohne Unterstützung geht", betont Baumann. Aus diesem Grund schickte er seinen neuen Mitarbeiter sofort in einen weiteren Deutschkurs bei der örtlichen Volkshochschule. Nachdem Ilchev in den ersten Wochen auf Kosten des Unternehmens in einer Pension untergebracht war, begleitete Baumann selbst seinen neuen Mitarbeiter auf anstehenden Gängen. "Eine Wohnung zu finden, war erstaunlich einfach", erinnert er sich, "auch wenn es schockierend ist, für was für Löcher wie viel Geld verlangt wird." Ein größeres Problem war es, für Ilchev bei der örtlichen Bank ein Konto zu eröffnen. Die öffentlich-rechtliche Hausbank von Götzfried + Pitzer wollte nicht nur den Personalausweis von ihm sehen, sondern auch seinen Arbeitsvertrag, seinen Mietvertrag und die Krankenkassenbestätigung - "und dann mussten wir auch noch ziemlich lange warten." Mit der Folge, dass der Fahrer jetzt ein Konto bei der privaten Konkurrenz hat. Der Einsatz hat sich gelohnt Auch von den über 30 Kollegen bei Götzfried + Pitzer ist der neue Mitarbeiter offensichtlich gut aufgenommen worden. "Es ist den Leuten schon klar, dass die Arbeitsmarktsituation solche Maßnahmen erfordert", meint Baumann. "Da ist es dann auch in Ordnung, wenn ein neuer Mitarbeiter so ungewöhnlich ,gepflegt' wird. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck, dass diese Maßnahmen den Betriebsfrieden gestört haben." Der Einsatz scheint sich gelohnt zu haben: Derzeit fährt Ilchev auf einem Sattelauflieger vor allem die weiteren Strecken, die bei den Entsorgungsdienstleistungen seines Arbeitgeber anstehen. Seinen Job als Fahrer macht er dabei ausgezeichnet. An der Kommunikationsfähigkeit hapert es allerdings noch etwas: "Im Absetzerbereich können wir ihn noch nicht einsetzen. Da hat man schon mal zehn bis 15 Kundenkontakte am Tag - und das bei wechselnden Destinationen." In drei Monaten aber, da ist Baumann optimistisch, wird Atanas Ilchev auch dafür weit genug sein. Und dann könnte der Entsorgungsdienstleister einen neuen langjährigen Mitarbeiter gewonnen haben. Denn Ilchev fühlt sich "jetzt schon wohl hier" und möchte "eine Arbeit, bei der ich bis zu meiner Rente arbeiten kann." So funktioniert die Fahrervermittlung Was auf den ersten Blick kompliziert wirkt, ist ganz einfach: Wenn ein deutscher Unternehmer einen Fahrer aus Spanien sucht, wendet er sich unter Angabe der gesuchten Qualifikationen an den Verlag Heinrich Vogel. Dieser stellt über sein spanisches Partnerunternehmen Etrasa sicher, dass die gewünschte Anzahl der Fahrer zur Verfügung gestellt werden kann.Daraufhin schließen die suchende Firma und der Verlag Heinrich Vogel einen verbindlichen Vermittlungsvertrag, bei dem die Hälfte der Vermittlungsgebühr von 2000 Euro pro Fahrer fällig wird. Danach wird die Stelle in Spanien ausgeschrieben, die Interessenten durchlaufen das Bewerbungsverfahren inklusive psychologischem Eignungstest und nach insgesamt vier bis fünf Wochen erhält der Transportbetrieb in Deutschland eine Vorauswahl an Fahrerprofilen. Nach der finalen Auswahl in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Firma besuchen die ausgewählten Fahrer einen Deutsch-Sprachkurs des Goethe-Instituts in Spanien. Anschließend werden die Fahrer in Spanien mittels eines Coachings und eines Integrations-Kurses vorbereitet. Auch nach Einsatzbeginn steht der Verlag Heinrich Vogel und sein spanisches Partnerunternehmen Etrasa weiter als Ansprechpartner für die Firma und die Fahrer zur Verfügung - und spätestens nach erfolgreichem Abschluss der Probezeit wird die gesamte Vermittlungsgebühr fällig. Weitere Informationen unter www.lkw-fahrer-personalvermittlung.de. fb

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