"Wer fährt nun unsere

Wir nehmen derzeit keine neuen Aufträge mehr an, weil wir keine Fahrer dafür finden", sagt Alfred Amenda, Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens Alfred Amenda & Sohn Transport in Hohenwart. Insgesamt 30 Fahrerstellen sind in seinem oberbayerischen Transportbetrieb aktuell unbesetzt. Und das, obwohl der Mittelständler nie um gute Ideen verlegen ist, wenn es um die Akquise qualifizierter Mitarbeiter geht. Selbst im Radio hat Amenda zum Beispiel schon vor Jahren Werbespots geschaltet. Gebracht habe ihm das nur mediale Aufmerksamkeit, räumt er im Rückblick ein. Mehr qualifizierte Bewerbungen habe er dadurch nur bedingt bekommen. Deshalb probiert Amenda es nun mit einer neuen Idee: "Wir planen eine Ausbildungskampagne - in erster Linie über Facebook und Werbefolder, über die wir junge Leute, aber auch berufliche Quereinsteiger ansprechen wollen", verrät er. Über die gesamte Lehrzeit gerechnet, lockt Amenda, liege das Bruttoentgelt im Schnitt bei 1600 bis 2000 Euro plus Spesen - fallweise schon im ersten Lehrjahr. Amenda ist kein Einzelfall. Das gesamte Transport- und Speditionsgewerbe kämpft derzeit mit dem Fahrermangel. Laut Bundesagentur für Arbeit stieg die Zahl der offenen Stellen für Berufskraftfahrer in den letzten fünf Jahren deutschlandweit um 44 Prozent auf zuletzt knapp 16.000 im Juni 2016. Gleichzeitig sank die Zahl der Arbeitslosen und Arbeitssuchenden für diese Stellen um rund 30 Prozent. Noch viel problematischer aber ist: Etwas über eine Million Menschen, die eine Fahrerkarte zur Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten haben, sind laut dem Kraftfahrt-Bundesamt 45 Jahre oder älter, und das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei Fahrern liegt bei 60 Jahren. Im Klartext: Zwei Drittel der heutigen Fahrer gehen in den nächsten 15 Jahren in Rente. Aber der Nachwuchs rückt nicht nach. Keiner will mehr Berufskraftfahrer werden. Nur 3231 Azubis im ersten Lehrjahr zählte der Ausbildungsberuf "Berufskraftfahrer/in" im Zeitraum 1. Oktober 2016 bis Ende September 2017, nennt der deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) konkrete Zahlen. Und in diesem Jahr werde wohl jeder zweite Ausbildungsplatz in den Branchenbetrieben unbesetzt bleiben, fürchtet Daniel Hensel, Geschäftsführer der Hensel Spedition und Vorsitzender des Fachausschusses Landverkehr im DSLV ist (siehe Seite 15). Werbung auf Zapfsäulen Mehr denn je lassen sich Unternehmen pfiffige Ideen einfallen, um junge Leute, Migranten, Berufsumsteiger und Studienabbrecher auf ihren Betrieb und den Fahrerberuf aufmerksam zu machen. Das zeigen die Beispiele auf den umliegenden Seiten 15 und 16. Interessanter Ansatz ist auch, wie UPS zum Beispiel seine starke Marke nutzt. So setzte der Paket- und Expressdienst im Herbst 2016 Fillboard-Anzeigen auf Zapfsäulen in Rheinland-Pfalz ein, um Zustellfahrer zu gewinnen. Im Frühjahr folgte Baden-Württemberg. Menschen mit Führerschein fahren in der Regel Auto und müssen dann auch tanken - so der Ansatz des Unternehmens, das auch sein eigenes Jobportal im Internet hat. Aber auch ein kleinerer Transporteur kann im Kampf um Fahrer punkten, macht Reiner Rosenfeld Firmenchefs Mut. Er war selbst lange Jahre Berufskraftfahrer und gibt heute als Dozent Firmen Tipps zur Fahrergewinnung und -bindung. "Die beste Werbung ist nach wie vor die Mundzu-Mund-Propaganda. Ist ein Fahrer mit seiner Arbeit und seinem Chef zufrieden, erzählt er das anderen", sagt Rosenfeld. Dreh- und Angelpunkt eines jeden Unternehmers müsse es also sein, für die Zufriedenheit seiner Fahrer zu sorgen. Und hier ist natürlich die faire Bezahlung sehr wichtig. Aber mindestens genauso wichtig sei Mitarbeitern zum Beispiel Lob und Anerkennung, ein ordentlicher Ton im Umgang mit einander - auch in Zeiten des Termindrucks, nennt Rosenfeld Hebel einige Punkte, an denen jeder ansetzen kann - auch ein Kleinstbetrieb. Mehr zum Thema im Dossier Berufskraftfahrer www.verkehrsrundschau.de/dossiers Praxislösung Hensel "Ausbildung ist für uns die beste Fahrer-Nachwuchssicherung" Daniel Hensel, geschäftsführender Gesellschafter der Hensel Spedition in Mainz, ist Überzeugungstäter. Seit vielen Jahren bildet der Mittelständler Berufskraftfahrer aus."Nur über den Weg der dreijährigen Ausbildung zum Berufskraftfahrer erhalten unsere Fahrer die Qualität, die wir als Spediteur brauchen, um im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können", ist Hensel überzeugt.Und im Gegensatz zu anderen Branchenkollegen konnte er auch als regionaler Spediteur seine Ausbildungsplätze fast immer besetzen. "Das ist aber jedes Jahr ein Kampf", räumt er ein. Doch in diesem Jahr sei es "ganz besonders schlimm. Die Aufträge sind da, aber uns fehlen die Fahrer." Klar liege das auch daran, dass er als Mainzer Transportbetrieb mit regionalen Arbeitgebern wie dem ZDF im Kampf ums Personal konkurriere und er eben nicht die Entgelte bezahlen könne wie der öffentlich-rechtliche Sender. Mittlerweile hat Hensel aber sein persönliches Erfolgsmodell entwickelt, wie es ihm gelingt, tüchtige Leute für seinen Betrieb zu gewinnen:"Wir holen die Bewerber schon in der Schule für uns ab", erzählt er. Sprich: Er kooperiert gezielt mit Schulen und nutzt jede Informationsveranstaltung, um Schüler über Berufsbilder in der Logistikbranche und sein eigenes Unternehmen zu informieren. Weiterer Erfolgsbaustein sei"der Tag der Logistik", den das Logistikgewerbe in Mainz alljährlich veranstaltet."Wir bieten da Interessierten ein buntes und vielfältiges Programm, um über unsere Branche zu informieren", erzählt er. Das sei aber mühsam. "Viele nutzen nur den Spaßfaktor. Wirklich qualifizierte Bewerbungen erhalten wir sehr, sehr wenige im Nachklapp", räumt er ein.Auch die Option, junge Migranten für den Beruf des Berufskraftfahrers zu begeistern, ging Hensel an. Die lokale Arbeitsagentur habe ihn dabei sehr unterstützt, erzählt er. So finanzierte diese einem jungen Mann neben dem Deutschkurs auch den CE-Lkw-Führerschein, nachdem Hensel der Behörde zugesichert hatte, dass er den Syrer nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung in seinem Unternehmen beschäftigen werde. Alles lief nach Plan. Am Ende sei der Syrer, erzählt Hensel, aber nach vier Wochen in der Probezeit während der Ausbildung abgesprungen - mit der Begründung, dass er nicht gewusst habe, was auf ihn beruflich zukommt. Trotzdem ist Hensel überzeugt:"Ausbildung ist für unsere Branche die beste Nachwuchs-Sicherung - auch im Lkw-Fahrerberuf." Zudem stünde den Betrieben durch die BAG-Förderprogramme "Aus- und Weiterbildung" finanzielle Unterstützung zur Verfügung."Natürlich besteht stets das Restrisiko, dass ein Azubi nach absolvierter Ausbildung zum Wettbewerber wechselt. Als Unternehmer muss ich aber dieses Risiko eingehen können." eh Praxislösung Mosolf "Unsere Fahrer sprechen auf Autohöfen andere Kollegen an" Am Wochenende sind Arbeitnehmer für Wünsche des Arbeitgebers besonders offen, wenn sie ihre Freizeit nicht zu sehr beeinträchtigen. Dietmar Fuchs, Fuhrparkleiter der Mosolf GmbH, nutzt diese Erfahrung für ein besonderes Anliegen."Ich bitte Fahrer zu einem kurzen Gespräch und ziehe mit ihnen über ihre Arbeit Bilanz. Dabei ermuntere ich sie auch immer wieder, Kollegen auf eine Mitarbeit für Mosolf anzusprechen." Denn Fuchs sucht regelmäßig Fahrer für die rund 220 Lkw-Züge der Mosolf GmbH."Abhängig von der konjunkturellen Entwicklung sind fünf bis acht Prozent der Fahrer-Arbeitsplätze unbesetzt", sagt er."Da unsere Lkw-Züge im Zwei-Schicht-Betrieb fahren, sind sie nicht komplett ausgelastet." Inzwischen kann Fuchs aufgrund seiner Initiative auch regelmäßig Fahrer einstellen, die seine Mitarbeiter vorschlagen. "Bei fast jedem Aufenthalt auf Autohöfen und Autobahnraststätten sprechen unsere Fahrer mit anderen Kollegen", weiß Fuchs. Diese Kontakte nutzt er für seine Akquisitionsversuche und bereitet die Fahrer darauf vor. Zuerst fragt er sie, was Mosolf gut macht und wo Verbesserungsbedarf existiert. Dann erinnert er sie an die Stärken ihres Arbeitgebers: Mosolf sei ein wirtschaftlich stabiles und international anerkanntes Autologistikunternehmen mit Töchtern in zahlreichen europäischen Ländern. Zudem zahlt Mosolf besser als viele andere und kann seinen Fahrern in der Regel ein freies Wochenende garantieren. Und natürlich winkt dem jeweiligen Mitarbeiter eine kleine Anerkennung", wenn ein von ihm vermittelter Fahrer bleibt."Gegen den Fahrermangel gibt es kein Patentrezept", betont Fuchs aber die Grenzen der Strategie. Nicht jede offene Fahrerstelle kann er so besetzen. Daher bildet Mosolf in jedem Lehrjahr vier bis fünf Jugendliche zum Berufskraftfahrer aus. "Wir führen auch in Fahrzeugtechnik, Instandhaltung und Umgang mit Kunden ein", preist er die Mosolf-Ausbildung an."Grundsätzlich muss ein Azubi aber Herzblut fürs Fahren mitbringen." Fehle dieses, werde er irgendwann abbrechen. bot

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