Vorsicht, Nahost-Auftrag!

Das Zollkriminalamt in Köln leitete im Jahr 2014 insgesamt 151 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht ein. Das waren 23 mehr als noch im Vorjahr. Bei rund 20 Millionen Ausfuhrsendungen jährlich bewegt sich die Zahl dieser Ermittlungsverfahren zwar auf einem konstant niedrigen Niveau. Die Steigerung resultiert aber vor allem aus neu verhängten Handelsbeschränkungen sowie wiederholten Änderungen und Verschärfungen bestehender Embargovorschriften. Kürzlich lockerte die Europäischen Union (EU) nun die nuklearbezogenen Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen den Iran. Die Abwicklung von Außenhandelsgeschäften dorthin birgt für Spediteure aber noch immer Risiken. "Das Iran-Embargo besteht bis mindestens 2023", stellt der auf Exportrecht spezialisierte Rechtsanwalt Harald Hohmann klar. "Zum sogenannten Implementation Day am 16. Januar 2016 ist es nur zu Erleichterungen gekommen." So seien etwa in der EU die Güter- und Personen-Listen um etwa 50 Prozent gekürzt worden, die übrigen Güter- und Personenbeschränkungen gelten aber zunächst unverändert fort, erläutert der Rechtsexperte aus Büdingen. Der DSLV rät weiterhin zu Achtsamkeit Vor Außenhandelsaufträgen mit Ziel im Iran müssen Spediteure deshalb nach wie vor prüfen, ob die zu befördernden Waren oder die beteiligten Personen und Organisationen unter das Embargo fallen. Laut dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) sind inzwischen folgende wichtige Sanktionen weggefallen: - Versicherungsverbot: Bislang war unter anderem das Bereitstellen von Versicherungen und Rückversicherungen an iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen verboten. Darunter fielen auch Transportversicherungen. Dieses Verbot ist im Januar ersatzlos gestrichen worden. - Akkreditive: Wer Dokumente wie Konnossemente oder Akkreditive bislang bei einer gelisteten Bank einreichte, um eine Zahlung an eine nicht in der Embargoliste aufgeführte Person, Organisation oder Einrichtung auszulösen, konnte sich wegen verbotener Zurverfügungstellung von Geldern strafbar machen. Nun wurden viele iranische Banken von den EU-Sanktionslisten gestrichen. Eine Akkreditivabwicklung über bestimmte Geldinstitute ist damit künftig wieder möglich. - Bestimmte Ein- und Ausfuhrverbote: Ersatzlos aufgehoben wurden unter anderem das Verbot der Einfuhr und Beförderung von Erdöl, Erdölerzeugnissen, petrochemischen Erzeugnissen und Erdgas. Gestrichen wurden auch das Verbot der Ein- und Ausfuhr von Gold, Edelmetallen und Diamanten sowie das Verbot der Ausfuhr von Banknoten und Münzen an die iranische Zentralbank. Viele Sanktionen gelten aber weiterhin Viele Verbote bleiben allerdings in Kraft. Sie betreffen nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) unter anderem das Waffenembargo (Paragraf 74 und folgende der Außenwirtschaftsverordnung) sowie Güter, die vom Trägertechnologie-Kontrollregime (MTCR) erfasst sind (Massenvernichtungswaffen). Untersagt ist es zudem nach wie vor, unmittelbar oder mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen für Personen, Einrichtungen oder Organisationen bereitzustellen, gegen die Finanzsanktionen angeordnet wurden. Der Kreis der davon Betroffenen ist zwar deutlich reduziert worden, bleibt aber grundsätzlich bestehen (Anhänge 8 und 9 der Außenwirtschaftsverordnung). Auch die Verbote nach der sogenannten Iran-Menschenrechtsverordnung (siehe EU-Verordnung Nummer 359/2011) gelten fort. Oft sind Genehmigungen notwendig Für viele Güter müssen jetzt Genehmigungen beantragt werden. "Durch die geänderte Iran-Embargoverordnung sind aus vielen güterbezogenen Verboten nun Genehmigungspflichten geworden", erklärt Hohmann. Viele der Anhänge hätten sich dabei geändert. Einfacher geworden ist die Prüfung der güterbezogenen Vorschriften damit nicht unbedingt. "Insbesondere die neuen Anhänge 1 und 3 der Verordnung sind sehr lang und weit gefasst ", betont der Jurist. Er kritisiert, dass jeglicher Bezug zu Zolltarifnummern fehle, was bei der Prüfung einen erheblichen Aufwand verursache. Zudem seien darin "Allerweltsgüter" wie Werkzeugmaschinen, Vakuumpumpen oder Druckmessgeräte gelistet. "Die Beurteilung, ob ein zu transportierendes Gut tatsächlich unter die Vorschrift fällt, ist daher sehr schwierig." Zusätzlich müssen Außenwirtschaftsverantwortliche allgemeine Genehmigungspflichten etwa nach der Dual-Use-Verordnung beachtet. "Von daher ist ein nachvollziehbarer Kunden-Fragebogen wichtig, mit dem der Spediteur die güterbezogene Prüfung durchführt", so Hohmann. Für den Spediteur stellt sich angesichts der Regelvielfalt und -komplexität die Frage, welche Prüfpflichten ihn konkret treffen und worauf er achten muss, um sich nicht strafbar zu machen. Die Iran-Embargoverordnung unterscheidet grundsätzlich zwischen personenbezogenen und güterbezogenen Sanktionen. "Personenbezogene Sanktionen muss der Spediteur immer selbst prüfen. Dafür hat er in der Regel eine Software", erklärt Jutta Knell, Geschäftsführerin des DSLV. Mittels der Software muss er nachforschen, ob eine der involvierten Personen, etwa ein Kunde, Endverwender, eine Bank oder ein sonstiger Dienstleister, in den Anhängen 8 und 9 gelistet ist. Große Unsicherheit herrscht bei vielen Spediteuren dagegen bei der Frage, wie weit ihre güterbezogenen Prüfpflichten gehen. Die Güter zu kontrollieren, ist schwierig "Für die Einholung etwaiger Genehmigungen ist grundsätzlich der Exporteur zuständig", erklärt der auf Zoll- und Außenwirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Lothar Harings aus der Hamburger Kanzlei Graf von Westphalen. "Der Spediteur ist aber auch in der Verantwortung, weil die Iran-Embargoverordnung nicht nur den Verkauf, sondern auch die Lieferung und Weitergabe der Ware unter Strafe stellt." Die Krux: Spediteure haben in der Regel weder konkrete Kenntnis von der Ware, noch wissen sie, wofür diese im Iran letztendlich verwendet wird. "In der Praxis wird deshalb eingeschränkt und auf den Pflichtenkreis des Spediteurs abgestellt - er ist für den Transport verantwortlich", berichtet Harings. "Zudem ist auch für den Spediteur die allgemeine Vorschrift des Artikels 42 Absatz 2 der Iran-Embargoverordnung anzuwenden, die den gutgläubig Handelnden schützt", so der Experte. Dort heißt es sinngemäß, dass Personen nicht haftbar gemacht werden können, wenn sie nicht wussten und keinen Grund zu der Annahme hatten, dass sie mit ihrem Handeln gegen diese Verbote verstoßen. Was dies praktisch bedeutet, erklärt Harings wie folgt: "Der Spediteur muss mit der gebotenen Sorgfalt handeln. Diese Sorgfalt beinhaltet allerdings keine umfassende, ins Detail gehende Prüfung, sondern nur eine grobe Kontrolle. Versichert der Auftraggeber glaubhaft, dass keine Ausfuhrbeschränkungen bestehen, darf sich der Spediteur darauf verlassen." Kundenfragebögen hält er - anders als Hohmann - nicht für erforderlich. Sollten sich allerdings bei der Güterkontrolle oder den Frachtpapieren Unklarheiten oder Ungereimtheiten ergeben, müsse der Spediteur bei seinem Auftraggeber nachfragen und Auskunft verlangen, betont Harings. Er mahnt vor allem bei Iran-Ausfuhren von komplexen technischen Gütern zu erhöhter Sorgfalt und zu einem intensiven Kontakt zum Auftraggeber. Sensibilisiert sein sollten Spediteure auch bei Transporten in Drittländer wie Dubai oder die Türkei. DSLV-Geschäftsführerin Knell rät in diesen Fällen, alle Geschäftsunterlagen sorgfältig auf eventuelle Endempfänger im Iran zu prüfen, auch wenn der Frachtauftrag selbst in Dubai oder der Türkei endet. Exportvollmacht schafft Sicherheit Um sich abzusichern, empfiehlt der DSLV Spediteuren, sich vom Absender eine Exportvollmacht, bei reinen Transporten eine Erklärung zur Exportkontrolle unterzeichnen zu lassen. Der Verband hat für seine Mitglieder Muster zur Verfügung gestellt. Daneben kann auch das BAFA mit einer Ausfuhrgenehmigung, einem sogenannten Nullbescheid oder einer sogenannten Positiven Auskunft weiterhelfen. Der DSLV weist allerdings darauf hin, dass Ausfuhrgenehmigungen vom BAFA nur dann erteilt werden, wenn die Ware ausfuhrgenehmigungspflichtig ist. Insofern mache es keinen Sinn, vom Auftraggeber pauschal für alle Fälle Ausfuhrgenehmigungen zu verlangen. Auch sollten Spediteure nur in wirklichen Ausnahmefällen Nullbescheide selbst beantragen oder Auskünfte einholen, da das BAFA anderenfalls hoffnungslos überlastet wäre. Bei ernsthaften Zweifeln an der Unbedenklichkeit des zu transportierenden Gutes könnten Spediteure aber auf die Vorlage eines Nullbescheids beziehungsweise einer Positiven Auskunft durch ihren Auftraggeber bestehen. Zollagenten können helfen Wer unsicher ist, kann bei Exportaufträgen in die islamische Republik auch einen Zollagenten beauftragen. Das Rundumsorglos-Paket buchen sie auch damit allerdings nicht. "Wir können Spediteuren den Prozess der Prüfung abnehmen und ihn in Zweifelsfragen unterstützen, indem wir beispielsweise einen Nullbescheid beim BAFA beantragen", sagt Thorsten Porath, Inhaber der Zollagentur Porath Customs Agents in Hamburg. "Die Entscheidung, ob er den Transport durchführt und die Verantwortung dafür liegt allerdings bei ihm." Nach seiner Erfahrung haben sich daher viele Spediteure bereits vor Jahren aus dem Iran-Exportgeschäft verabschiedet. Das verwundert angesichts der Strafen, die ein Embargoverstoß nach sich zieht, nicht. "Nach dem Außenwirtschaftsgesetz wird ein vorsätzlicher Verstoß mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, Fahrlässigkeit kann mit einer Geldstrafe von bis zu 500.000 Euro geahndet werden", sagt Rechtsanwalt Hohmann. Wer fürchte, sich strafbar gemacht zu haben, könne durch eine freiwillige Selbstanzeige gegensteuern, erklärt der Fachmann. Bestenfalls könne er damit Straffreiheit erlangen, wenigstens aber eine Strafmilderung erreichen. Zollagenten können helfen Der Jurist weist zudem auf das US-Embargo gegen Iran hin, das nur geringfügig gelockert wurde. "Es gilt für alle Güter 'Made in USA', selbst wenn weder US-Personen noch das US-Territorium involviert sind", warnt er. Sogar bei einem Gut 'Made in Germany' sei ein Reexport in den Iran verboten, wenn es etwa zehn Prozent US-Komponenten beinhalte, sagt er. Spediteure sollten daher die aktuelle Entwicklung der Embargo-Vorschriften für Ausfuhren nach Fernost intensiv mitverfolgen. "Wichtiger Bestandteil des Atomabkommens ist auch ein sogenannter Snap-Back-Mechanismus", sagt DSLV-Geschäftsführerin Knell. Danach können gelockerte Sanktionen wieder in Kraft treten, falls die iranische Seite gegen die Vereinbarung verstößt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Außenhandel www.verkehrsrundschau.de/dossiers Handlungsempfehlung Das rät aktuell der DSLV: - Abwicklung von Irangeschäften über eine zentrale Compliance-Stelle im Unternehmen,- Verwendung der vom DSLV empfohlenen Exportvollmacht beziehungsweise bei reinem Transport der Erklärung zur Exportkontrolle,- güterbezogene Embargoverstöße ausschließen,- Überprüfung aller an einem Auftrag beteiligten Personen, Organisationen und Einrichtungen anhand der EU-Antiterrorismus-Verordnungen, Iranembargo-Verordnung und US-Listen,- ist der Auftraggeber, Empfänger, Carrier, Subunternehmer etc. eine iranische Person, Organisation oder Einrichtung? (Überprüfung nur bei negativen Indizien erforderlich),- bei Zweifeln: Anfrage beim BAFA ir Wichtige Kontakte Diese Einrichtungen können im Zweifel weiterhelfen: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)Tel: 06196/908-0 E-Mail: poststelle@bafa.bund.de www.bafa.deDeutsche Bundesbank:Servicezentrum FinanzsanktionenTel: 089/2889-3800 www.bundesbank.de ir

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Vorsicht, Nahost-Auftrag!

HASHTAG

#Naher Osten

Hellmann macht auf Mode in Dubai

Saudi-Arabien und Bahrain verbannen iranische Schiffe aus ihren Gewässern

Polnische Rohlig Suus Logistics fährt in den Iran

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

E-Rechnungspflicht in Deutschland: Was Unternehmen wissen müssen

STELLENANGEBOTE

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Area HR Business Partner

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER