Vorsicht, ansteckend!

Fünf Wochen lang dauerte die Behandlung in Hamburg. Dann konnte Deutschlands erster Ebola-Patient aus Westafrika das Krankenhaus wieder gesund wieder verlassen. Das teilte das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) Anfang Oktober mit. Nicht gesagt wurde, wie aufwendig die Behandlung gewesen war, vor allem welche hohen Standards das Klinikum, die Pflegekräfte und die Logistik erfüllen mussten, um sich nicht selbst, aber auch nicht andere mit dem hochgefährlichen Erreger zu infizieren. Dazu nur einige wenige Zahlen: So setzen die Krankenhäuser, die über Spezialstationen für hoch-infektiöse Krankheiten verfügen, die Liegezeit eines Ebola-Patienten derzeit mit fünf Wochen an. In dieser Zeit wird er rund um die Uhr intensiv und unter Vollschutz betreut. Sicherheitstechnik und hohe Standards schreiben hier 24 Personen pro Tag für die Versorgung eines Patienten vor. Keiner arbeitet da länger als drei Stunden am Stück in einem Schutzanzug. So sind pro Patient 24 Schutzanzüge am Tag, 168 in der Woche und 840 in fünf Wochen zu entsorgen und eventuell zwischenzulagern. Dazu kommen jede Menge Handschuhe, Instrumente oder Bettwäsche sowie täglich zwischen 70 und 120 Liter hochinfektiöses Blut (Dialysat), das durch eine 24-stündige Blutreinigung mit Unterbrechungen in den ersten Behandlungswochen anfällt, ebenso wie Waschwasser oder Ausscheidungen des Patienten. Für die Entsorgung aller dieser Stoffe kommt in diesen Kliniken normalerweise ein sogenannter krankenhausinterner Autoklav zum Einsatz, ein gasdicht verschließbarer Druckbehälter, der für die thermische Behandlung von Stoffen im Überdruckbereich eingesetzt wird. Danach kann alles als ungefährlicher Stoff problemlos entsorgt werden, Waschwasser und Ausscheidungen über ein besonderes Abwasserverfahren. Steht ein solcher Autoklav aber nicht zur Verfügung und gibt es kein entsprechendes Abwasserkonzept - und beides kommt selbst in den großen Zentren vor, etwa durch Geräteausfall - wird die Entsorgung zu einem sehr umfangreichen logistischen und sicherheitsrelevanten Unterfangen. Mangel an Verpackungen Erste Hürde: Es gibt derzeit nicht viele Behälter auf dem Markt zu kaufen, die für größere Volumen an Kategorie-A-Gütern der Gefahrgutklasse 6.2 zugelassen sind, da es sich bei 6.2-Transporten normalerweise um Blutproben, Laborbefunde oder zu entsorgendes Injektions- und Operationsbesteck handelt und andererseits ein größeres Auftreten an hochgefährlichen Virusinfektionen in Europa bisher eher selten war. So nennt das Robert-Koch-Institut in Berlin für das hochgefährliche Lassa-Fieber insgesamt vier Fälle deutschlandweit in 40 Jahren, zwei davon im Jahr 2000. Damals wurden über eine Ausnahmegenehmigung 200-Liter-Metallfässer als Außenverpackung für die plötzlich anfallenden großen Mengen der zu entsorgenden Abfälle eingesetzt. Be- und Entlader arbeiteten dabei unter Vollschutz (siehe Foto auf Seite 29). In manchen Forschungslabors der Universitätskliniken und Instituten ist vor allem im Rahmen der medizinischen Forschung der Umgang mit sogenannten Kategorie-A-Stoffen erforderlich. Sie sind entweder als UN 2814 (Risiko für Menschen) oder UN 2900 (für Tiere) unterklassifiziert. Hier gelten die in den Gefahrgutvorschriften ADR Kapitel 6.3 "Vorschriften für die Konstruktion und die Erprobung von Verpackungen für Stoffe der Klasse 6.2" beschriebenen Anforderungen. Eine solche Verpackung muss für die Zulassung Prüftests bestehen: zum Beispiel einen Falltest aus neun Metern Höhe bei minus 18 Grad Celsius, die einstündige Besprühung mit einer genau definierten Menge Wasser sowie einen zweiten Falltest aus einem Meter Höhe auf einen spitzen Stab (Dorntest). Diesen Dorntest bestehen die gängigen Außenverpackungen aus Aluminium, Wellpappe oder Kunststoff bislang aber nur bis zu einem Volumen von 30 bis 35 Litern. Deshalb wird nun an einer multilateralen Vereinbarung zwischen mehreren Staaten gearbeitet, die es ermöglichen soll, mehrstufige Verpackungen für größere Volumen in einem vereinfachten Verfahren zuzulassen. Auf Anfrage der Redaktion der Fachzeitschrift Gefahr/gut, die im gleichen Verlag wie die VerkehrsRundschau erscheint, hieß es beim Bundesverkehrsministerium Mitte November: "Die rechtlich zulässige Beförderung von möglicherweise mit Ebola-Erregern kontaminiertem Material in größeren Gebinden als den derzeit für ansteckungsgefährliche Stoffe der UN-Nummer 2814 zugelassenen Verpackungen soll durch eine international abgestimmte zeitweilige Abweichung - durch eine sogenannte Multilaterale Vereinbarung - geregelt werden. Der Entwurf wird zur Zeit zwischen verschiedenen Staaten abgestimmt, dabei werden national insbesondere das Robert-Koch-Institut und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie die Länder beteiligt." Ende November sollte sich die Expertengruppe wieder treffen. Zum Redaktionsschluss standen die Ergebnisse des Treffens jedoch noch nicht fest. Mancher Verpackungsanbieter arbeitet schon an einem Angebot gemäß der künftigen Multilateralen Vereinbarung M 281. Beispiel ist die dreistufige Verpackung der Firma Mauser mit einem 50- bis 60-Liter- Abfallbehälter, Kunststoffbeutel mit absorbierendem Material und einem 210-Liter Deckelfass als Außenverpackung. Zu groß dürfen die Gebinde nicht sein, denn Sonderabfall-Entsorger können nicht jede beliebige Gebindegröße annehmen. Aufwendiger Transport Selbst mit der richtigen Verpackung gestaltet sich der Transport zu einem Entsorgungsunternehmen entsprechend der Gefährdung aufwendig und kostspielig. So passen in einen derzeit erhältlichen 30-Liter-Behälter gerade einmal zwei Schutzanzüge. Angesichts der fünf Wochen Liegezeit pro Patient gehen Kliniken also von rund 40 Behältern aus, die täglich zur Entsorgung transportiert werden müssen. Zusätzlich muss ein gesetzlich vorgeschriebener Sicherungsplan gemäß der Gefahrgutvorschriften zur Sicherung gegen mögliche terroristische Gefahren entwickelt werden. Darüber hinaus muss ein Transportdienstleister gefunden werden, der die Beförderung übernimmt und neben dem Fahrer eine Begleitung sicherstellen kann. Und: Manche Klinik beauftragt noch einen zusätzlichen Begleitschutz für den Transportweg. Die letzte Hürde liegt schlussendlich in der Suche nach einer geeigneten Sonderabfall-Entsorgungsanlage. Nicht jedes Bundesland ist hier gut aufgestellt. Trotzdem: Schritt für Schritt bereiten die großen Kliniken die Abwicklung vor, haben den Kreis des zu schulenden Personals erweitert, arbeiten Checklisten ab. Denn zu Weihnachten werden in allen Spezialkliniken infizierte Patienten erwartet. Hintergrund: Die Verpackungsvorschriften Die Auswahl der richtigen Verpackung - Transportvorschriften für Ebola Das sagt die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung: "Das Ebolavirus ist gemäß den allgemeinen Transportvorschriften für gefährliche Güter der Klasse 6.2 zuzuordnen. Es ist als Erreger der Nummer UN 2814"ANSTECKUNGSGEFÄHRLICHER STOFF, GEFÄHRLICH FÜR MENSCHEN" der Kategorie A zugeordnet. Unter dieser Einstufung darf es nach der Tabelle A'Verzeichnis der gefährlichen Güter' nur gemäß der Verpackungsvorschrift P620 verpackt werden.Achtung: Klinische Abfälle, die Stoffe der Kategorie A enthalten, sind in jedem Fall der UN 2814 (bzw. UN 2900) zuzuordnen und können nicht unter der UN 3291 gemäß P621 (wie z.B. normaler Krankenhausabfall) befördert werden. (ADR 2.2.62.1.11.1)- Anforderungen an die Transport-VerpackungVerpackungen, die der Verpackungsvorschrift P620 entsprechen, bestehen aus einem oder mehreren flüssigkeitsdichten Primärgefäß(en), einer flüssigkeitsdichten Sekundärverpackung und einer starren Außenverpackung.Bei flüssigen Stoffen ist in die Sekundärverpackung so viel Saugmaterial einzusetzen, dass es in der Lage ist, die Gesamtmenge an Flüssigkeit aller Primärgefäße aufzunehmen. Befinden sich mehrere Primärgefäße in einer Sekundärverpackung, sind diese durch Polstermaterial voneinander zu trennen. Zusätzlich gilt, dass entweder die Primärverpackung oder die Sekundärverpackung in der Lage ist, einem hydraulischen Innendruck von mindestens 95 kPa (0,95 bar) standzuhalten.Die Außenverpackung ist gemäß Kapitel 6.3 des ADR zu prüfen und es ist eine Zulassung zu beantragen. Sie erhält eine UN-Kennzeichnung, die anstelle des Verpackungsgruppen-Codes (X, Y oder Z), der Bruttomasse und des Buchstaben 'S' den Code 'Class 6.2' enthält. Damit sind diese Verpackungen eindeutig von 'normalen' Gefahrgutverpackungen unterscheidbar (...).Zu beachten ist bei der Auswahl der zu verwendenden Sekundärverpackung und des Primärgefäßes, dass beide wasserdicht im Sinne der Verordnung sein müssen und zumindest eins von beiden in der Lage ist, die hydraulische Innendruckprüfung von mindestens 95 kPa (0,95 bar) zu bestehen." dsb Fahrzeug-Kontrollen Mangelnde Ausrüstung und wenig Erfahrung Der Anteil an kontrollierten Fahrzeugen mit Gefahrgut der Klasse 6.2 ist laut Aussage eines Kontrollspezialisten der Polizei äußerst gering. Ein Grund sei, dass viele Kliniken ihre Klinikabfälle oft mit einem Autoklaven (Druckbehälter zur thermischen Sterilisation) behandeln, sodass diese als ungefährliche Stoffe befördert werden. Zum anderen würden Laborproben häufig als"UN 3373 Biologischer Stoff, Kategorie B" nach Verpackungsanweisung P650 befördert. Diese fallen praktisch nicht auf. Als dritter Grund für die geringe Kontrolldichte wird aufgeführt, dass Beamte für Gefahrgutkontrollen meist nicht ausreichend mit Schutzanzügen und Atemschutz ausgerüstet und geschult seien. Damit verbunden fehle es auch an Praxiserfahrung. Ist ein Kontrollteam in dieser Hinsicht gut ausgestattet, kontrolliere es im Rahmen seiner Tätigkeit auch regelmäßig Transporter, mit denen infektiöse Abfälle befördert werden, heißt es. Dabei handele es sich überwiegend um grenzüberschreitende Verbringungen. Sammlungen aus örtlichen Praxen und Krankenhäusern seien seltener zu beanstanden, so die Mitteilung.Aber auch hier gebe es Mängel, insbesondere im Bereich der Vorschriften für die Verpackungen. Unzureichend widerstandsfähige, unverschlossene und beschädigte Versandstücke seien die häufigsten Beanstandungen."Ich habe vor zwei Jahren bei einer Kontrolle in eine Spritze gefasst, die den dünnen Kunststoff einer Verpackung durchstoßen hatte", so die Aussage eines Beamten, der namentlich nicht genannt werden will.Interessant: Im Zusammenhang mit dem Auftreten des Ebola-Virus erarbeitet der polizeiärztliche Dienst derzeit konkrete Hinweise für den internen Gebrauch. dsb

Autobahnen: A565 bei Bonn wird bis Dienstag gesperrt

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Alle Schlagzeilen

Vorsicht, ansteckend!

HASHTAG

#Pharmalogistik

DHL zieht Bilanz zur Paketdrohne

Bei Pharma auf der sicheren Seite sein

Kommt 'ne Drohne geflogen

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Area HR Business Partner

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

WEITERLESEN

NEWSLETTER