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Von Großeinkauf bis Paketlieferung: Lastenfahrrad als Ersatz zum Auto

12.04.2021 13:58 Uhr
Lastenrad
Das Lastenrad soll in der Stadt eine umweltfreundliche Alternative zum Auto sein (Symbolbild)
© Foto: Wolfram Steinberg/dpa/picture-alliance

Wenn ein Großeinkauf ansteht, steigen viele Menschen eher ins Auto als aufs Fahrrad. Doch Experten sehen in Lastenräder mit E-Motor eine umweltfreundliche Alternative für viele Transporte – auch für Gewerbetreibende. Das spornt sächsische Wissenschaftler an.

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Zwickau/Freiberg. Ob Wocheneinkauf, Besorgungen im Baumarkt oder ein neues Möbelstück – Pauline Ziegert aus Zwickau scheut nicht davor zurück, das Auto stehen zu lassen und stattdessen in die Pedale zu treten. Die 25-Jährige hat das Lastenfahrrad für sich entdeckt. Damit ist sie nicht allein. Vor allem im privaten Bereich setzten sich solche Fahrräder – häufig mit Elektromotor – immer mehr durch, konstatiert der Landesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Konrad Krause. „Im Warenverkehr und dem Dienstleistungssektor geht es dagegen nur sehr zäh voran.“ Impulse will das Land nun mit einem neuen Förderprogramm setzen.

„Das Potenzial ist riesig“, schwärmt Krause. Nicht nur Pakete könnten vor allem in Städten per Lastenfahrrad statt Transporter ausgeliefert werden. Auch viele andere Wege und Transporte ließen sich gut mit dieser umweltfreundlichen Alternative zum Auto erledigen. Etwa in der mobilen Altenpflege, Hausmeisterdiensten, aber auch für Maler- und Schornsteinfegerarbeiten, zählt Krause auf. Doch bisher fehle es an Anreizen, um von angestammten Gewohnheiten abzuweichen.

Auch Paketzusteller setzen auf Lastenfahrräder 

Auf Lastenfahrräder setzt etwa der Paketzusteller GLS in Leipzig. Und das seit 2017. Täglich sind dazu neun Fahrräder in der Stadt unterwegs, die jeweils bis zu 100 Kunden beliefern. „Die Zustellung per Lastenrad wird unsererseits äußerst positiv bewertet“, resümiert das Unternehmen auf Anfrage. „Lastenräder können Radwege und speziell gekennzeichnete Flächen befahren und sind deshalb teilweise effektiver als herkömmliche Transportfahrzeuge.“ Weitere Vorteile seien, dass die Fahrer keinen Führerschein benötigen, nicht auf Parkplätze angewiesen sind und Staus leichter umfahren können.

Förderung soll Umstieg beschleunigen

Damit künftig mehr Unternehmen, aber auch Vereine und Kommunen auf Lastenräder umsteigen, hat das Land ein Förderprogramm gestartet. 500 Euro gibt es für den Kauf eines einfachen Lastenfahrrades dazu, 1500 Euro für ein Lastenpedelec mit Elektromotor. Laut Verkehrsministerium können seit rund einem Monat Anträge gestellt werden, 52 sind seither eingegangen für 79 Lastenpedelecs und fünf Lastenräder. Allerdings können sie erst bewilligt werden, wenn der Doppelhaushalt 2021/2022 vom Landtag beschlossen ist und die Fördermittel bereitstehen.

Das Lastenfahrrad als Alternative zum Auto spornt auch sächsische Forscher an. So arbeiten Wissenschaftler der Bergakademie Freiberg an einem neuen Prototyp. „Unser Ziel ist ein leichtes, wendiges, nutzerfreundliches Lastenpedelec für den Alltag“, berichtet Ringo Nepp vom Institut für Maschinenelemente, Konstruktion und Fertigung.

Zudem soll die Stadt mit mehreren Verleihstationen ein Reallabor für ein urbanes Mobilitätskonzept mit solchen Fahrzeugen werden. Für das vom Bund geförderte Projekt „SteigtUM“ stehen bis 2023 insgesamt 5,56 Millionen Euro zur Verfügung. Beteiligt sind weitere Forschungseinrichtungen wie die TU Chemnitz und das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme Dresden.

Noch häufig fehlen Abstellmöglichkeiten für die Räder

Leihstationen sind nach Ansicht von ADFC-Mann Krause ein guter Weg, um Menschen mit Lastenrädern vertraut zu machen. Denn die Räder sind nicht nur teuer und Experten zufolge gewöhnungsbedürftiger in der Handhabung als herkömmliche Fahrräder. Es fehlt gerade in städtischen Wohnhäusern oft an geeigneten Abstellmöglichkeiten. Das ist auch die Erfahrung von Pauline Ziegert in Zwickau. „Für mich macht das nur mit der Mobilstation Sinn“, betont sie. Denn weder in noch vor ihrem Wohnhaus gäbe es Platz, um solch ein großes Fahrrad dauerhaft abzustellen. Auch der Kaufpreis von mehreren Tausend Euro würde die junge Frau abschrecken. Stattdessen leiht sie sich das Lastenfahrrad im Schnitt einmal pro Woche in ihrem Stadtteil aus.

Die Mobilstation in Zwickau-Marienthal wurde im vergangenen Jahr im Zuge des Projektes „Zwickauer Energiewende demonstrieren“ eröffnet. Neben Elektro-Scootern können dort kostenlos zwei Lastenpedelecs geliehen werden. „Die typischen Nutzer sind jüngere Leute unter 50“, erzählt Projektmitarbeiter Erik Höhne. Neben größeren Einkäufen nutzten Familien die speziellen Fahrräder, auf denen mehrere Kleinkinder Platz haben, auch für Ausflüge. „Unser Ziel ist es, die Menschen an Alternativen zum Auto heranzuführen.“

Leihstationen für Elektrofahrräder gibt es in Sachsen nicht nur in Zwickau. Das Portal „Cargobike.jetzt“ weist in sechs Städten solche Angebote aus: neben Dresden, Leipzig und Chemnitz auch in Bautzen, Bischofswerda und Radebeul. Ebenso nutzten manche Geschäfte oder Kirchgemeinden inzwischen Lastenräder und böten sie nebenbei zum Verleih an, berichtet Krause. Das ermögliche vielen Interessenten den Einstieg. „Wir haben Rückmeldungen bekommen, dass Familien ihren Zweitwagen verkauft und sich dafür ein Lastenrad zugelegt haben.“ (dpa/ja)

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