Viel Raum für Zukunft

Die Landflucht in den strukturschwachen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns erfordert neue Konzepte für eine intelligente Versorgung der Bevölkerung. Das betonte Peer Witten, Vorsitzender der Logistikinitiative Hamburg (LIHH) bei der 6. MetroLog-Konferenz der Initiative Ende Oktober in Schwerin. Zahlen des statistischen Bundesamts belegen: In Mecklenburg-Vorpommern ist die Zahl der Senioren seit 1997 um ganze 61,1 Prozent mit am deutlichsten in Deutschland gestiegen. Zum Vergleich: Bundesweit wuchs die Anzahl der älteren Menschen um 36,6 Prozent innerhalb der letzten 20 Jahre. Eine logistische Herausforderung ist dennoch auch in Mecklenburg-Vorpommern das wachsende E-Commerce-Geschäft, auch wenn nach Zahlen des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK) 2016 nur 1,5 Prozent der KEP-Sendungen in das Bundesland gingen. Insgesamt waren es 50 Millionen und damit 30 Pakete je Einwohner (Bundesdurchschnitt: 38). Zum weitaus größten Problem der Speditionsbranche in Mecklenburg-Vorpommern wird wegen der demografischen Entwicklung allerdings der Fachkräftemangel. Denn auch in der Region rund um die berühmte Seenplatte gibt es immer weniger junge Leute, die Lkw-Fahrer werden wollen. Eher zieht es sie ins hippe Berlin oder nach Hamburg. Inzwischen weichen Transporteure vielfach auf die Bahn aus. Sie hat seit Juli bis zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember wegen der starken Nachfrage beim Gütertransport sogar den Personenverkehr auf der vielbefahrenen Strecke von Schwerin in Richtung der Seehäfen Wismar und Rostock eingeschränkt. "Das Fahrerproblem ist riesengroß. Deswegen setzen wir auf den Schienenverkehr", berichtet Axel Kröger, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Spedition Konrad Zippel. Bei der Erschließung der Schienennetze im Kampf gegen den Fahrermangel könnte Mecklenburg-Vorpommern Vorreiter werden, betonte er in Schwerin. Das Nadelöhr bleibe aber die letzte Meile, die Zippel mit dem eigenen Fuhrpark organisiere. "Wir holen unseren Profit auf der Bahnstrecke und setzen bei der letzten Meile auf Qualität", so der Firmenchef. Ziel sei zumindest eine schwarze Null. Unkonventionelle Konzepte und Ideen Diskutiert wurden in Schwerin auch unkonventionelle Ideen für die letzte Meile, etwa Pakete mit Linienbussen bis zu bestimmten Paketsammelstellen zu bringen. In größeren Städten seien Mikrodepots und Lastenräder eine echte Option. Im Rostocker Stadtteil Evershagen stellt Hermes seit Mitte September bis Anfang 2019 Pakete mit einem elektrisch betriebenen Lastenrad zu. Das Pilotprojekt ist eine Kooperation des Hamburger KEP-Dienstleisters mit dem Kompetenzzentrum für ländliche Mobilität (Komob) im Rahmen des EU-Projekts "Low Carbon Logistics". "In der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns sind Baumärkte noch ein Geschäft, das ausbaufähig ist", sagte Pouyan Anvari, Area Manager Last Mile bei Hermes im Logistikzentrum Berlin/Brandenburg vor den Konferenzteilnehmern in Schwerin. Und: "Annahmestellen sind wichtig, wir brauchen Flächen dafür." Eine enorme Herausforderung stelle der Lebensmittel-Online-Handel dar, der aber gerade für ländliche Regionen große Chancen berge. Als Positivbeispiel nannte Anvari das Projekt "Olivia" der Supermarktkette Edeka: Die Online-Plattform soll den selbstständigen Edeka-Kaufleuten aus der Region Nord die Möglichkeit bieten, ihr lokales Sortiment auch online anzubieten. Allerdings läuft Olivia bislang nur zaghaft an. Für eine sinnvolle Erschließung Mecklenburg-Vorpommerns sei der flächendeckende Breitbandausbau elementar, lautete der Tenor in Schwerin. Mit Hürden bei Ansiedlungen rechnet Stefan Sternberg, Landrat Ludwigslust-Parchim, entlang der neu gebauten "Nordachse" A 14, die von Naturschutzgebieten umgeben ist. Mehr im Dossier Mecklenburg-Vorpommern www.verkehrsrundschau.de/dossiers