Versicherung gegen Cyber-Kriminelle

Würmer, Viren und Trojaner: Die meisten kleinen und mittleren Unternehmen sind bisher nicht ausreichend vor Internet-Kriminalität geschützt - die Versicherungswirtschaft will das nun ändern und den Cyber-Security-Policen zum Durchbruch verhelfen. Der Branchenverband GDV hat kürzlich unverbindliche Musterbedingungen vorgestellt, die er allen Versicherern ab sofort als Bauplan zur Verfügung stellt. Sie seien speziell für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt worden, denen der Aufwand und die Prämien für den Schutz oft noch zu hoch sind. Ein einfacher Fragebogen soll deshalb künftig bei vielen Anbietern ausreichen, um das Risiko in einem Betrieb zu ermitteln und die häufigsten Gefahren zu versichern. Eine Cyber-Versicherung bietet Schutz, wenn die Sicherheit des IT-Systems oder elektronisch gespeicherter Daten verletzt wurde. Also immer dann, wenn etwa Daten gestohlen, gelöscht, verschlüsselt, verändert, missbraucht oder unrechtmäßig veröffentlicht wurden. Dann ersetzt ein Versicherer, der den neuen Standard des GDV zugrunde legt, in der Regel die Drittschäden (Schadensersatzforderungen von Kunden), die Eigenschäden (Betriebsunterbrechungen oder Kosten für Datenwiederherstellung) und übernimmt darüber hinaus bestimmte Servicekosten (zum Beispiel IT-Forensik, Rechtsberatung und Krisenkommunikation). Der neue GDV-Standard soll die Angebote für Kunden auch besser vergleichbar machen. Betriebe unterschätzen die Risiken Derzeit haben noch wenige Betriebe in Deutschland eine Cyber-Police abgeschlossen. Nur Konzerne haben schon umfangreiche Vorsorgemaßnahmen gegen Internet-Kriminelle entwickelt und sich entsprechend gegen die enormen Schäden abgesichert, die diese verursachen können. Viele kleine und mittlere Unternehmen unterschätzen nach Angaben des GDV hingegen das Risiko, Opfer von Datenklau, Erpressung oder Computersabotage zu werden. Sie ahnen demnach nicht, dass ein solcher Angriff sogar ihren gesamten Betrieb lahmlegen kann. In den Augen vieler ist ihr Unternehmen zu klein oder die dort anfallenden Daten sind nicht interessant für Kriminelle. "Das ist ein gefährlicher Irrglaube", sagte GDV-Präsident Alexander Erdland auf der ersten Cyber-Security-Konferenz der Versicherungsbranche in Berlin. "Die Kriminellen wissen, wie sie auch vermeintlich uninteressante Daten zu Geld machen - nämlich, indem sie einfach Daten sperren und Lösegeld verlangen." Für solche Methoden sei kein Betrieb zu klein. Das zeigen aktuelle Zahlen: Bereits gut jedes vierte kleine oder mittlere Unternehmen hat laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des GDV bereits materielle oder finanzielle Schäden durch Cyber-Angriffe erlitten. Auch die Transport- und Logistikbranche ist im Visier von Cyber-Kriminellen. Die Unternehmen dieses Gewerbes stehen im permanenten Datenaustausch mit Dritten. Zu den Auftraggebern zählen oft große Unternehmen, die sie zur Geheimhaltung verpflichten. Mit einem Angriff auf ihre Systeme können Kriminelle Waren- oder Zahlungsströme umleiten und gezielt Wirtschaftsspionage betreiben. Der IT-Schutz der Betriebe hält aber nicht mit dem Tempo der Digitalisierung Schritt - egal, ob es um gezielte Attacken auf ein Netzwerk oder die massenhafte Verbreitung von Schadsoftware geht. Das unbeabsichtigte Fehlverhalten von Mitarbeitern ist die häufigste Ursache für erfolgreiche Cyber-Angriffe. Für betroffene Unternehmen kann das schwerwiegende Folgen haben, die richtig Geld kosten. Etwa, wenn die Kunden Schadenersatz fordern wegen Umsatzverlusten, Vertraulichkeits- und Datenschutzverletzungen. Zum Teil drohen Vertragsstrafen und Bußgelder. Zudem steht der eigene Betrieb durch den IT-Crash still, vom Imageschaden ganz zu schweigen. Daten müssen dann wiederhergestellt, Dritte über den Angriff auf die IT und das Ausmaß der Panne informiert werden. Darüber hinaus müssen IT-Forensiker den Vorfall aufklären, das System von Viren und anderen Schädlingen befreien und die Sicherheitslücke schließen. Laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC liegt der wirtschaftliche Schaden im Durchschnitt bei 80.000 Euro, in manchen Fällen aber auch bei 500.000 Euro. Mehr Wettbewerb könnte Preise senken Die Versicherer haben ihr Angebot zuletzt stärker auf den großen Kern der deutschen Wirtschaft angepasst. Allein im vergangenen Jahr sind mehrere Cyber-Policen speziell für kleine und mittlere Betriebe hinzugekommen. Bislang schienen den Versicherern bei diesem Kundenkreis mitunter der Prüfaufwand oder die Risiken und Kosten im Schadensfall zu groß. Über 15 Assekuranzen bieten bei uns derzeit Cyber-Policen für Gewerbekunden an. Der GDV geht davon aus, dass dies bald deutlich mehr Mitglieder tun. Ein möglicher Nebeneffekt: Der stärkere Wettbewerb im Versicherungsmarkt könnte dazu führen, dass der Schutz vor Cyber-Kriminellen für Unternehmen in Kürze etwas günstiger wird. Der "Versicherungs-Marktreport 2017" des Industrieversicherungsmaklers Marsh geht davon aus, dass die Prämien um bis zu zehn Prozent sinken werden. Doch auch der Druck auf die Wirtschaft wächst. Immer häufiger berichten Medien über Cyber-Vorfälle und daraus entstehende Schäden. Damit einher geht laut Marsh ein sich an das strenge Regulierungsumfeld der USA annäherndes europäisches Rechtssystem, das in deutlich höherem Maß dazu verpflichtet, Datenschutzfälle zu melden. Als Beispiele nennen die Experten in ihrem Report das neue, deutsche IT-Sicherheitsgesetz und die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft tritt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Versicherungen www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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