Berlin. Die Spitzenvertreter der Verkehrs- und Logistikverbände haben am 17. März 2016 anlässlich des regelmäßigen Verbändetreffens das Bundesverkehrsministerium auf aktuelle Probleme in ihrem Wirtschaftszweig hingewiesen und mehrere Forderungen gestellt. Dem Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ), dem Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), dem Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) und dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) ging es dabei vor allem um Planungssicherheit.
Einheitliche Lkw-Mautsätze für alle Arten von Straßen, die Ökologisierung des Straßenverkehrs unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, die gesetzliche Verankerung der Mautharmonisierung, die konsequente Umsetzung von Gesetzen im Hinblick auf Kabotage im Straßengüterverkehr beziehungsweise Wettbewerbsgleichheit für alle Marktteilnehmer sowie die Rückkehr zu offenen Grenzen im Schengenraum: Das waren die Kernthemen.
Eine Maut für alle Straßen
Vor dem Hintergrund der geplanten Lkw-Maut-Ausweitung auf alle Bundesstraßen ab 2018 warnten die Branchenexperten davor, eine Differenzierung der Mautsätze nach der jeweiligen Art der Straße vorzunehmen. Die Maut würde so zum Wettbewerbsfaktor in Industrie und Handel, betonten sie. Unterschiedliche Mautsätze hätten verheerende Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft. Unternehmen, die nicht in der Nähe einer Autobahn angesiedelt sind, würden wegen überproportionaler Mautkosten Nachteile erleiden, was zur Verlagerungen in autobahnnahe Regionen und Ballungszentren führen könnte. Wirtschaftlich gewachsene Strukturen wären gefährdet und die Trennung von Wohnorten und Arbeitsplätzen eine weitere mögliche Konsequenz – mit dann wiederum ansteigenden Verkehrsleistungen.
Aufgrund des Klimawandels und der Einsicht, dass die intakte Umwelt eine wichtige Grundlage für gesellschaftlichen Wohlstand und Lebensqualität ist, bekannten sich die Verbände zur Ökologisierung des Straßenverkehrs. Sie wiesen in Berlin aber darauf hin, dass dabei das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht aus dem Blick geraten dürfe. Bei der Vermeidung einer Tonne Kohlenstoffdioxid (CO2) dürften keine höheren Kosten entstehen als der rechnerische volkswirtschaftliche Schaden, der durch die gleiche CO2-Menge verursacht werde. Unbedingt erforderlich sei es, die Ansätze zur Vermeidung und Verminderung der CO2-Emissionen technologieoffen zu gestalten, um es der jeweils effizientesten Lösung zu ermöglichen, sich im Wettbewerb durchzusetzen.
Ausgleichsanspruch per Gesetz
Die Verbände erwarten von der Politik zudem ein klares Bekenntnis zu der im Rahmen der Lkw-Maut-Einführung im Jahr 2005 gegebenen Zusage der Harmonisierung. Es sei an der Zeit, die Mautharmonisierung auf eine zielorientierte gesetzliche Grundlage zu stellen. Die anstehende Änderung des Mautgesetzes sehen die Spitzenvertreter vom AMÖ, BGL, BWVL und DSLV als idealen Zeitpunkt, um die gesetzliche Verankerung des Ausgleichsanspruchs entsprechend vorzunehmen.
Nachdrücklich setzten sich die Verbände in Berlin für die Bekämpfung sozialer Missstände im Straßengüterverkehr und für gleiche Wettbewerbsbedingungen ein. Für sie steht es außer Frage, dass die bestehenden rechtlichen Vorgaben in Europa durchgesetzt werden müssen. Zusätzliche Vorschriften seien hierfür nicht erforderlich. Häufig hielten sich ausländische Verkehrsunternehmen aber nicht an die Kabotage-Regelungen sowie die Anmelde- und aus langer Aufenthaltsdauer im Inland resultierenden Steuerpflichten in Deutschland.
Die Verbände forderten deshalb die Bundesregierung auf, die Kontrollorgane mit den notwendigen Kompetenzen und Ressourcen auszustatten, damit sie ihrer Funktion wirkungsvoll nachkommen können. Dies sei zum Schutz der Fahrer notwendig, die oft unter inakzeptablen Bedingungen arbeiten müssen, und zum Schutz der seriös wirtschaftenden Unternehmen im Straßengüterverkehr.
Freier Warenverkehr in Europa
Im Hinblick auf die infolge der Flüchtlingskrise vielerorts wieder eingeführten Grenzkontrollen sowie die europaweite Diskussion um die Wiederaufnahme von Grenzkontrollen im Schengenraum forderten die Verbände darüber hinaus eine unverzügliche Rückkehr zu offenen Grenzen. Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums würden das Problem nicht lösen, machten sie im Bundesverkehrsministerium klar, sie führten aber für die für die Transportwirtschaft zu erheblichen Mehrkosten. (ag)