Berlin. Die Rückkehr zu Kontrollen an innereuropäischen Grenzen in der Flüchtlingskrise wird Gütertransporte aus Sicht der Spediteure bei längerer Dauer teurer machen. Die Fahrer stünden an den Grenzübergängen stundenlang im Stau oder müssten Umwege fahren, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, der Deutschen Presse-Agentur. Wo bisher ein Lastwagen ausgereicht habe, brauche man deshalb bald eineinhalb oder zwei. „Sollte das andauern, wird das letztendlich auf die Beförderungspreise und damit auch die Verbraucher durchschlagen“, prognostizierte Schmidt.
Wegen des starken Andrangs von Flüchtlingen hatte Deutschland am Sonntag mit vorübergehenden Grenzkontrollen begonnen. Österreich zog am Dienstagabend nach und kontrolliert bis auf weiteres seine Grenzen zu Ungarn, Italien, Slowenien und der Slowakei.
Der BGL befürchtet, dass es auch zu „empfindlichen Störungen der Lieferkette“ kommen wird. So könnten etwa Autos nicht zu Ende gefertigt werden, wenn der Laster mit den nächsten 20 Sitzen an Bord an der Grenze feststecke. Auch der sensible Bereich der Industriegase werde betroffen sein. „Wenn die nicht rechtzeitig ankommen, müssen Industrieanlagen heruntergefahren werden. Das kostet gleich Millionen“, sagte Schmidt. Er forderte: „Es ist ganz dringend, dass wir wieder zu planbaren Güterverkehren zurückkommen.“
Cora Bügenburg, die für die auf die Balkanroute spezialisierte Spedition Allgaier zwei Niederlassungen bei Frankfurt und Düsseldorf leitet, schilderte der dpa, die Fahrten seien schwer kalkulierbar geworden. Am Grenzübergang bei Passau gebe es beispielsweise Staus von bis zu 20 Kilometer Länge, die Fahrer könnten ihre Lenkzeiten nicht mehr einhalten. „Es wird für uns alle kritisch werden“, sagte sie. Wenn die Touren länger dauerten, werde schnell der Laderaum knapp. „Das wirkt sich auch auf die Preise aus. Das ist dann die übliche Regel von Angebot und Nachfrage.“
Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) geht dagegen nicht davon aus, dass die Kosten kurzfristig an die Kunden weitergereicht werden. Längere Staus seien auch sonst nicht unüblich, und die Spediteure seien darin geübt, solche Verzögerungen zumindest bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. „Nur wenn diese Grenzkontrollen sich jetzt vielleicht über Wochen oder noch länger hinziehen, dann würde die Speditionsbranche wahrscheinlich Gespräche mit der Kundschaft suchen, um über Preisanpassungen zu reden“, sagte Verbandssprecher Christoph Sokolowski der dpa. (dpa)