Stuttgart. Flächendeckend miese Luft hat eine neue Studie der bundesweit als Feinstaub-Hochburg bekannten Stuttgarter Innenstadt attestiert. Nicht nur an den Durchfahrtstraßen, sondern auch an Krankenhäusern, Schulen oder Kindergärten liegen auch die Stickstoffdioxid-Werte deutlich über den gesetzlichen Grenzwerten, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Donnerstag mitteilte.
Der kürzlich bundesweit erste Feinstaubalarm, bei dem die Autofahrer zum freiwilligen Verzicht aufgerufen wurden, sei gescheitert, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der Feinstaub-Grenzwert sei nur am vergangenen Wochenende eingehalten worden - „als natürlich weniger Autos unterwegs waren”. Die DUH werde auf rechtlichem Wege Fahrverbote durchsetzen - „und zwar noch in diesem Jahr”, wie Resch optimistisch betonte. Die Stadt Stuttgart hatte Fahrverbote für frühestens 2018 angekündigt, sollte sich an den Werten bis dahin nichts nachhaltig ändern.
Diesel-Fahrzeuge als Hauptverursacher der dicken Luft
Wissenschaftler vom Institut für Umweltphysik der Uni Heidelberg haben in den vergangenen Wochen an zwölf Stellen in der Stadt gemessen und als Hauptverursacher der dicken Luft einmal mehr Diesel-Fahrzeuge ausgemacht. Bewusst habe man nicht an Durchfahrtstraßen, sondern an „sensiblen Orten” gemessen, so Resch. Recht hohe Schadstoffwerte wurden mit 106 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Mittel am Katharinenhospital registriert. Zum Vergleich: An der wegen ihrer hohen Feinstaubwerte bundesweit bekannten Messstation Neckartor ergab sich ein Wert von 99 Mikrogramm. Erlaubt ist beim Stickstoffdioxid ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.
„Die ganze Stadt ist belastet, das ist ein flächendeckendes Problem”, sagte Verkehrsberater Axel Friedrich, einst Leiter des Verkehrs-Ressort des Umweltbundesamtes. Der Grund: „Diese ganze Stadt ist auf das Auto ausgelegt.” Wer die Luft in Stuttgart verbessern wolle, müsse Diesel-Fahrzeuge mit manipulierten Abgaswerten aussperren. Selbst neueste Modelle würden Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einhalten. Resch betonte: „Das ist kein VW-Skandal, sondern ein Diesel-Skandal.” Umweltdaten müssten endlich auf der Straße gemessen werden.
Das Land wollte am Donnerstag den ersten Feinstaubalarm noch nicht abschließend bewerten: Zwar seien dem Aufruf zum freiwilligen Autoverzicht „nach vorläufigen Ergebnissen noch viel zu wenige Menschen gefolgt, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Die Auswertung der Daten sei aber noch nicht abgeschlossen. „Es ist noch zu früh für ein Urteil über die generelle Bereitschaft der Menschen, freiwillig ihr Verhalten zu ändern.” Eine solche Umstellung brauche Zeit. Auch bei den Anreizen zum Umstieg vom Auto auf Busse oder Bahnen lässt sich sicher noch einiges verbessern. (dpa)