Transportdienstleister in der Preisfalle

Wer die Gegenwart oder gar die Zukunft erklären will, für den ist ein Blick in die Vergangenheit manchmal sinnvoll. Deshalb sei an dieser Stelle zunächst ein Rückblick auf das erste Quartal 2014 gestattet. Denn daraus lässt sich vieles für die Entwicklung im zweiten Quartal 2014 ableiten. Verheißungsvoller Jahresauftakt Der Auftakt für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr war verheißungsvoll. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte im ersten Quartal um 0,8 Prozent. Mit einem Wachstum war gerechnet worden, aber nicht mit einem so hohen. Nur mal angenommen: Wenn die Konjunktur in Deutschland dieses Tempo beibehielte, käme sie auf ein Plus von 3,2 Prozent. Zum Vergleich: Zwischen 2000 und 2010 wurde in Deutschland ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 1,0 Prozent erzielt. Für die Transportbranche wäre eine solche Entwicklung ideal. Denn boomt die Wirtschaft, nimmt auch die Nachfrage nach Frachtraum zu. Und sofern dieser nicht erweitert wird, steigen auch die Transportpreise. So sagt es zumindest die Theorie. Teil eins dieser Theorie ist offenbar eingetreten: Die wirtschaftliche Dynamik hat dazu geführt, dass in Deutschland im ersten Quartal mehr LKW unterwegs waren. Die Fahrleistungen der mautpflichtigen Fahrzeuge, die als ein sehr zuverlässiger Wert gilt für die Nachfrage nach Transportleistungen auf der Straße, ist im ersten Quartal 2014 um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gestiegen. Im aussagekräftigeren Vergleich zum Vorjahresquartal steht ein Plus von 4,6 Prozent zu Buche. Das Wirtschaftswachstum hat also im ersten Quartal 2014 auch zu einem Transportwachstum geführt, allerdings nicht die Preise klettern lassen. Im Gegenteil sogar. Im ersten Quartal sind sie gesunken. Und das zweite Quartal verlief aus Sicht der Dienstleister auch eher enttäuschend: Der VerkehrsRundschau-Index ist nur um 0,54 Prozent von 119,52 Punkte auf 120,16 Punkte gestiegen. Das Dilemma der Transportdienstleister Was sind die Ursachen für das aus preislicher Sicht schwache erste Halbjahr? Zum einen könnte das Frachtraumangebot gestiegen sein. Dafür spricht, dass im ersten Quartal 2014 die Neuzulassungen von LKW gegenüber dem Vorjahresquartal um 8,1 Prozent, die der Sattelzugmaschinen sogar um 31,1 Prozent gestiegen sind. Zum anderen werden Preisveränderungen häufig mit zeitlicher Verzögerung realisiert, sofern es sich nicht um Spotmarkt-Preise handelt. Womöglich ist das eine Ursache, warum jetzt im zweiten Quartal die Frachtraten zumindest leicht angestiegen sind. Das ist also derzeit das Dilemma der Dienstleister: Stagnierende Preise bei einer durchaus zufriedenstellenden Nachfrage, wie immer wieder von Marktteilnehmern zu hören ist und wie auch eine weitere Zahl aus der Mautstatistik bestätigt: Denn die Mautfahrleistungen auf deutschen Autobahnen lagen im Mai 2014 um 3,5 Prozent höher (kalenderbereinigt) als im Mai 2013. Auch die Aussagen der im Rahmen der VR-Index-Erhebung befragten Dienstleister und Verlader belegen, dass mengenmäßig das zweite Quartal 2014 nicht überragend, aber gut verlaufen ist: 41,9 Prozent der Verlader berichten von einem steigenden Auftragsvolumen in den letzten drei Monaten. Nur bei 13,5 Prozent ist das Aufkommen gesunken. Ähnlich sieht es bei den Dienstleistern aus: Bei 45,5 Prozent sind die Mengen gestiegen, bei 33,3 Prozent war die Entwicklung im zweiten Quartal konstant, während nur 19,2 Prozent mit Einbußen zu kämpfen hatten. Für die Verlader, aber vor allem für die Logistikdienstleister stellt sich jetzt die Frage: Hält diese Entwicklung an? Steigen die Mengen weiter, während die Preise sich nicht vom Fleck bewegen? Diese auf den ersten Blick eher ungünstige Entwicklung aus Sicht der Dienstleister wäre beim genauen Hinsehen so schlecht nicht. Denn in der Regel ist der Anteil der Fixkosten relativ hoch. Daher kann vor allem beim Transport von Teilpartien und Stückgut häufig jede weitere Sendung mit vergleichsweise geringen Kosten produziert werden. Das setzt allerdings voraus, dass ein wichtiger Kostenfaktor sich weiterhin so entwickelt wie bisher: die Dieselpreise. Die machen zumindest im Fernverkehr gut ein Viertel der Gesamtkosten aus. Da die Dieselpreise im Mai mit 109,19 Euro pro 100 Liter (bei Abgabe an Großverbraucher) auf den niedrigsten Stand seit Januar 2011 gefallen sind, können die Dienstleister den derzeitigen Stillstand bei den Frachtraten relativ gut verkraften. Aber wehe, die Dieselpreise steigen wieder an, wovon man früher oder später ausgehen muss. Hinzu kommt, dass die Personalkosten stetig klettern. Auch die Beschaffung neuer LKW wird teurer, sodass mittelfristig die Dienstleister nicht umhin kommen, die Konditionen zur Vergabe von Frachtraum anzuheben. Eine Einschätzung, die sich auch an den Ergebnissen der VR-Index-Erhebung ablesen lässt. Kurzfristig rechnen die befragten Logistikdienstleister und Verlader nicht mit einer Verteuerung. Gefragt nach der Frachtpreisentwicklung in den kommenden drei Monaten gehen 81,2 Prozent der Unternehmensvertreter von gleichbleibenden Preisen aus. Angesichts der relativ konstanten Entwicklung in den letzten zwei Jahren keine Überraschung. Anders jedoch fällt das Ergebnis bei einem immer noch relativ kurzen Prognosehorizont über zwölf Monate aus (siehe auch mittlerer Kasten Seite 19): Bei den Verladern sagen zwar die meisten ebenfalls konstante Preise voraus (47,9 Prozent), aber doch spürbar weniger als bei der Drei-Monats-Betrachtung. 38,4 Prozent gehen von steigenden Entgelten aus, 13,7 Prozent sind zuversichtlich, ihre Dienstleister im Preis noch drücken zu können. Anders beurteilten die Logistikdienstleister die Lage: Deutlich mehr sagen konstante Preise voraus (57,6 Prozent). Mit 33,3 Prozent ist der Anteil derjenigen, die davon ausgehen, dass die Auftraggeber tiefer in die Tasche greifen, bei den Dienstleistern geringer als bei den Verladern. Allerdings prognostizieren auch deutlich weniger Dienstleister ein sinkendes Preisniveau (7,1 Prozent). Die weiteren Aussichten: freundlich In Summe lässt sich jedoch festhalten: Im Vergleich zum ersten Quartal 2014 zeigen sich die Befragten skeptischer und äußern sich nicht mehr so euphorisch, was ein Anziehen der Preise betrifft. Das lässt sich unter anderem damit begründen, dass das erste Quartal eines Jahres immer ein eher schwächeres ist. Erfahrungsgemäß äußern dann besonders viele die Erwartungen nach steigenden Mengen und Preisen. Doch ist das auch der Fall? Laut den Erhebungen zum VR-Index ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage weiter steigt. Für die kommenden drei Monate äußern sich die Unternehmen zwar eher zurückhaltend: 33,9 Prozent gehen von einem weiter steigenden Aufkommen aus. 54,4 Prozent rechnen mit einer Konstanz, 11,7 Prozent hingegen mit Mengeneinbußen. Die Unterschiede zwischen Dienstleistern und Verladern sind dabei kaum spürbar. Für die nächsten zwölf Monate zeigen sich die befragten Unternehmen jedoch deutlich optimistischer: 51,5 Prozent gehen von einer steigenden Nachfrage aus. Die Transportunternehmen sind dabei zurückhaltender: Nur 47,5 Prozent sagen ein höheres Volumen voraus. Demgegenüber sind die Verlader optimistischer. Mit 56,9 Prozent sind es fast zehn Prozent mehr, die mit steigenden Mengen rechnen. Insgesamt herrscht also durchaus Zuversicht, die ist jedoch nicht so ausgeprägt wie im ersten Quartal. Denn damals hatten 62,6 Prozent steigende Mengen vorhergesagt, was allerdings auch ein Spitzenwert war. Offenbar machen sich die geopolitischen Risiken wie die Krise in der Ukraine und im Irak, die ja auch gravierende Auswirkungen auf die Öl- und Gasversorgung mit entsprechenden Energiepreisverteuerungen haben könnten, doch bemerkbar. Mit dieser Einschätzung befindet sich der VR-Index im Übrigen in guter Gesellschaft. Auch der Ifo-Index, der wichtigste Konjunkturindikator für die deutsche Wirtschaft, war im Mai leicht gesunken. Ursache war nicht die aktuelle Geschäftslage, die von den Unternehmen unverändert gut bewertet wurde. Ursache waren vielmehr die zukünftigen Erwartungen, die zwar immer noch positiv ausgefallen sind, aber doch spürbar nachgegeben haben. Sollten die Unternehmen mit dieser Einschätzung recht behalten, würde das allerdings das Bestreben der Dienstleister erschweren, höhere Preis umzusetzen. VR-Index Etabliert und aktuell Bereits seit 2005 lässt die VerkehrsRundschau (VR) von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut die Frachtraten im Straßengüterverkehr erheben. Damit ist der VR-Index der älteste Preisindex für LKW-Transporte in Deutschland. Kein anderer Preisindex ist auch so aktuell wie der VR-Index. Unterstützt wird der Index von der Unternehmensberatung Bearing Point. cd Die wichtigsten Ergebnisse - Der VerkehrsRundschau-Index ist im zweiten Quartal 2014 leicht gestiegen, und zwar von 119,52 Punkten auf 120,16 Punkte. Das entspricht einem leichten Plus im Vergleich zum Vorquartal in Höhe von 0,54 Prozent.- Maßgeblichen Einfluss auf die Transportpreise hat die Nachfrage nach Frachtraum. Immerhin haben 41,9 Prozent der Verlader und 45,5 Prozent der Dienstleister angegeben, dass das Sendungsaufkommen in den letzten drei Monaten gestiegen ist. Das hatte aber offenbar nur geringe Auswirkungen auf die Frachtratenentwicklung.- Für die kommenden zwölf Monate ist weiterhin mit einem steigenden Mengenvolumen zu rechnen: 51,5 Prozent der Befragten vertreten diese Ansicht. Allerdings sind es im ersten Quartal mit 62,6 Prozent noch deutlich mehr gewesen.- Die etwas gedämpfte Entwicklung wirkt sich auch auf die Preiserwartungen aus. Noch nie in der Geschichte des VR-Index haben so viele der Befragten eine Stagnation für die kommenden drei Monate vorhergesagt (81,2 Prozent). Auch der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate fällt etwas schlechter, aber immer noch positiv aus. cd

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