Ticken die Tiroler noch ganz sauber?

Tirol hat wieder ein sektorales Fahrverbot angekündigt - obwohl der EuGH bereits zweimal dieses Verbot kassiert hat. Ticken die Tiroler noch ganz sauber? (Lacht) So krass würde ich es nicht ausdrücken. Aber wir wissen, dass der Lkw-Transitverkehr ein Dauerthema in Tirol ist. Da ist das sektorale Fahrverbot ein gern gesehenes Instrument. Was sind die besseren Alternativen zum sektoralen Fahrverbot? Zum Beispiel eine weitere Tempoabsenkung für leichte Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen auf 80 und 90 km/h statt 100 km/h. Bei der Pkw-Vignette könnte man eine stärkere Differenzierung nach Kraftstoffen und Euro-Klassen vornehmen. Und man könnte die bestehende Lkw-Maut noch mehr spreizen: Laut EU-Wegekostenrichtlinie kann die Spreizung zwischen Alt- und Neufahrzeugen bis zu 100 Prozent betragen statt bislang nur knapp 40 Prozent. Von diesen Maßnahmen wäre der Güterverkehr auch betroffen. Ja, aber diese Maßnahmen wären verhältnismäßiger als das Fahrverbot. Für uns ist zudem unverständlich, warum man erst ab August 2018 ein generelles Fahrverbot für Euro-3-Fahrzeuge einführen will. Euro-6-Fahrzeuge sind bis Mitte 2018 von dem Fahrverbot ausgenommen. Wie verbreitet sind Euro-6-Lkw? In den Fuhrparks deutscher Unternehmen, die im Alpentransit tätig sind, befinden sich über 90 Prozent Euro-6-Fahrzeuge. Was wird Ihr Verband gegen das sektorale Fahrverbot unternehmen? Wir werden Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt stellvertretend für die Bundesregierung auffordern, bei der EU-Kommission gegen das Fahrverbot Druck zu machen. Und wir werden uns an die EU-Kommission als die Hüterin der EU-Verträge wenden und anregen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich vor dem EuGH einzuleiten. Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen? Da die Verordnung zum 1. November in Kraft tritt, muss spätestens im Verlauf des Spätsommers oder im Herbst eine Entscheidung fallen. Wie ist Ihre Einschätzung: Kommt das sektorale Fahrverbot wie angekündigt? Ich bin sehr zuversichtlich, dass Tirol wieder scheitern wird. Die Fakten und die Rechtslage sprechen eindeutig dagegen, zumal die Kommission bereits versucht hat, Tirol das Fahrverbot auszureden. Müssen die Transportunternehmen also keinerlei Vorkehrungen treffen? Doch. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, in umweltfreundliche Fuhrparks zu investieren. Außerdem sollte man die Kunden informieren. Falls doch alle Stricke reißen, ist es von Vorteil, wenn die Kunden wissen, dass beim Transport dieser Güter Erschwernisse auftreten könnten, wenn die Güter ab 2018 nur noch auf der Schiene gefahren werden dürfen. Können Sie sich vorstellen, dass die Tiroler so mutig sind und einen vierten Anlauf wagen, sollten sie jetzt wieder scheitern? Das kann ich mir nicht vorstellen. Denn die Umwelttechnologie wird weiter voranschreiten: Die Fahrzeugflotten werden zunehmend aus Lkw mit Euro-6-Technologie bestehen. Die Industrieemissionen, die derzeit noch gar nicht berücksichtigt sind, werden sich verringern. Auch die Schadstoffe für das Heizen von Häusern werden sich verringern. Da wird ein sektorales Fahrverbot überflüssig. Sektorales Fahrverbot in Tirol Nachdem 2005 und 2011 ein sektorales Fahrverbot vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) scheiterte, wagt Tirol einen neuen Anlauf. Ab dem 1. November 2016 ist der Transport von bahnaffinen Gütern wie Abfall, Rundholz, Kraftfahrzeuge, Fliesen, Marmor, Schotter und Stahl auf der Inntalautobahn A 12 zwischen Kufstein und Innsbruck verboten. Euro-6-Lkw sind von diesem Verbot bis 30. März 2018 beziehungsweise 30. Juni 2018 ausgenommen. cd