Die Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB in Münster hat eine Studie zum Einfluss Chinas auf die Lieferkette für Lithium-Ionen-Batterien veröffentlicht. Ein Ergebnis: China beherrscht nahezu die gesamte Wertschöpfungskette – von der Rohstoffgewinnung bis zur Fertigung. Das Land kontrolliert demnach nicht nur heimische Produktionsanlagen, sondern auch solche im Ausland.
Mitgewirkt an der Studie hat Professor Achim Kampker, Leiter des Lehrstuhls „Production Engineering of E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH Aachen. „Mineralische Rohstoffe stehen ganz am Anfang der Lieferkette für die Batteriezellproduktion, und Europa ist zu fast 100 Prozent von Importen abhängig“, so Kampker, der auch Mitglied der FFB-Institutsleitung ist.
Für die aktuelle Studie hatten die Forschenden die Besitzverhältnisse bezüglich Minen, Raffinerien und Produktionsanlagen sowie die geopolitischen Abhängigkeiten entlang der Lieferkette analysiert, wie die RWTH Aachen weiter mitteilt. Das Ergebnis: „China beherrscht nahezu die gesamte Wertschöpfungskette von Lithium-Ionen-Batterien – von der Rohstoffgewinnung bis zur Fertigung“, sagt Kampker. Die Volksrepublik kontrolliere nicht nur heimische Produktionsanlagen, sondern auch solche im Ausland, und das für sämtliche Rohstoffe – mit Ausnahme von Mangan – und die weiterführenden Prozesse.
China produziere mit einem Anteil von mehr als 98 Prozent den Großteil der Lithium-Eisenphosphat-Aktivmaterialien. Das bedeute eine unmittelbare Abhängigkeit Europas bei dieser kostengünstigeren Batteriechemie.
„Die wachsende Rohstoffdominanz Chinas gefährdet die Zukunft der europäischen Elektromobilität“, mahnt FFB-Institutsleiter Professor Simon Lux: „Diese Abhängigkeit macht Europa verwundbar. Geopolitische Spannungen oder Exportstopps könnten zu massiven wirtschaftlichen Schäden und Verlusten in Milliardenhöhe führen.“
Erwerb von Minen und Raffinerien: Auch die USA spielen Rolle bei den Akku-Rohstoffen
Ähnlich wie China, intensivierten derzeit auch Europa und die USA ihre Bemühungen, durch den Erwerb von Minen und Raffinerien größere Kontrolle über die Lieferkette von Lithium-Ionen-Batterien zu gewinnen. Während die USA bei den Eigentumsanteilen am Lithium-Abbau weltweit an zweiter Stelle stehen und Europas Anteile vergleichsweise gering sind, zeigt sich bei Nickel und Kobalt ein umgekehrtes Bild.
Besonders betroffen von Unternehmensübernahmen seien Australien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo – Schlüsselregionen für den Abbau von Lithium, Nickel und Kobalt. So stammen 74 Prozent des weltweiten Lithiums aus Australien und Chile, doch chinesische (29 Prozent) und US-amerikanische Unternehmen (26 Prozent) halten die größten Anteile an der Produktion. Europa besitze indes keine nennenswerten Lithium-Anteile im Ausland.
Optionen für Europa
Ausfuhrbeschränkungen im Fall von geopolitischen Auseinandersetzungen hätten laut den Autoren weitreichende Auswirkungen auf die Stabilität der globalen Batterielieferkette. Mögliche Hebel für eine sichere und souveräne Batterielieferkette in Europa seien daher Investitionen in den Ausbau eigener Raffineriekapazitäten, die Förderung strategischer Rohstoffpartnerschaften und die Stärkung der lokalen Kreislaufwirtschaft.
Das Paper „China’s Hold on the Lithium-Ion Battery Supply Chain: Prospects for Competitive Growth and Sovereign Control“ können Interessierte hier auf der Webseite von Sciencedirect kostenfreien herunterladen.