Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will im September bekannt geben, welcher der am stärksten befahrenen Korridore im Schienennetz der Deutschen Bahn als erster saniert und umfassend modernisiert wird. Die Arbeiten sollen dann im übernächsten Jahr beginnen, kündigte Wissing im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Mainz an. Die technische Umsetzung sei Sache der Bahn und könne nicht politisch entschieden werden. „Es muss darum gehen, was am dringendsten und wichtigsten ist und dass gleichzeitig ausreichend Umleitungsstrecken rechtzeitig ertüchtigt werden können.“
Die Zeit bis zum Beginn der ersten Korridorsanierung im Jahr 2024 soll für eine gründliche Planung genutzt werden. Zudem sollen die Umleitungsstrecken in einen Zustand versetzt werden, dass der Schienenverkehr verlässlich weiterlaufen könne. „Einige Personen- und Güterzüge werden dafür möglicherweise vorübergehend aus dem Fahrplan genommen werden müssen. Aber eben so, dass sich die Fahrgäste und Frachtkunden darauf einstellen können“, erklärte Wissing, der in seinem Haus eine Steuerungsgruppe Deutsche Bahn eingerichtet hat.
Generalsanierung besonders intensiv genutzter Strecken geplant
Sein Ministerium setze bei der Modernisierung des Schienennetzes auf eine Generalsanierung der besonders stark genutzten Strecken. „Bisher hatten wir die Situation, dass immer dann, wenn etwas kaputt war, genau das repariert wurde. Das kann dazu führen, dass in einem Schienenkorridor ständig eine Baustelle ist“, erklärte er. Jetzt sei das Ziel, diesen Korridor komplett zu sanieren, „indem wir einmal alles richten und gleichzeitig modernisieren, indem wir ihn technologisch aufrüsten“.
Dabei sollen auch wieder mehr Weichen und Signalanlagen in Gegenrichtung verbaut werden. Dadurch werde es im Hochleistungsnetz dann ähnlich wie in Österreich möglich sein, dass Züge näher an eine Baustelle heranfahren können und nicht zu früh auf die Gegenstrecke ausweichen müssen. Auf dem Gegengleis könnten die Züge dank Signaltechnik in beide Richtungen und dann auch in voller Geschwindigkeit an der Baustelle vorbeifahren, erläuterte der Minister. „Der Gleisabschnitt ist nach der Baumaßnahme also nicht nur umfassend saniert und damit weniger störanfällig, sondern kann künftige Baustellen auch viel besser ausgleichen.“
Digitales Zugsteuerungssystem soll kommen
Parallel soll das digitale Zugsteuerungssystem ETCS eingeführt werden, kündigte Wissing an. „Dadurch können wir insgesamt mehr Züge fahren lassen. Auch das brauchen wir dringend.“ Es gehe nicht darum, den Ausbau des Schienennetzes hintanzustellen. Der werde parallel mit voller Kraft weiterbetrieben. „Aber wir müssen auch unser vorhandenes Schienennetz stärken“, betonte er.
Die Bahn erlebt laut Wissing eine „Renaissance“. Immer mehr Verkehr sei in den vergangenen Jahren auf die Schiene verlagert worden. „Die Bahn hat jedoch in den vergangenen Jahren das Streckennetz nicht ausreichend modernisiert.“ Dabei gehe es nicht nur um neue und zusätzliche Strecken, sondern darum, dass die vorhandene Infrastruktur zusätzlichen Verkehr aufnehmen könne.
Streckensanierung als „Herkulesaufgabe“
Die Modernisierung des Schienennetzes sei eine Herkulesaufgabe. „Mir war offen gesagt nicht bewusst, in welch schlechtem Zustand das Streckennetz der Bahn ist, als ich mein Amt angetreten habe“, sagte Wissing. „Ich kann mich über manches nur wundern, aber nicht rückwirkend regieren. Ich suche Lösungen für die Zukunft.“ (dpa/sn)