Stattliche Untergrenze

Zum Januar 2019 soll ein neuer gesetzlicher Mindestlohn gelten - das hatte die verantwortliche Kommission schon im Juni empfohlen. Das Gremium legt alle zwei Jahre auf Grundlage der Entwicklung der Tariflöhne den Mindestlohn fest. So weit so gut - doch die Kommission will mehr: Schon ab 2020 soll er erneut auf 9,35 Euro steigen. Das ist eine Steigerung von mehr als 50 Cent zur aktuellen Lohnuntergrenze, die bei 8,84 Euro steht. Obwohl einige Interessenvertreter aus Transport und Logistik sich gegen den Antrag ausgesprochen haben, wird die Änderung höchstwahrscheinlich umgesetzt. Anhörung zur Mindestlohnkommission "Neben diesen unerwarteten Kostensteigerungen stellt sich aus Arbeitgebersicht, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen der Branche, die Frage nach Kalkulierbarkeit und Verlässlichkeit von staatlichen Eingriffen in die unternehmerische Freiheit", kommentierte der Deutscher Speditions- und Logistikverband (DSLV) in einer Stellungnahme an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Ähnlich kritisch positioniert sich der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (siehe Kasten). Andere Vertreter der Branche wie der Bundesverband Paket und Expresslogistik und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) unterstützen die Erhöhung des Mindestlohns. Ihrer Ansicht nach müssten die meisten Unternehmen ohnehin mehr zahlen, um geeignete Fachkräfte zu finden. Aber auch auf EU-Ebene muss sich was tun, sagt der BGL. Er drängt mit Blick auf Nachbarländer, "bei denen niedrigere Löhne zum Geschäftsmodell gehören, auf die Schaffung fairer Wettbewerbsverhältnisse in ganz Europa". Rückenwind aus der Politik Der Mindestlohnkommission ist der Beistand aus der Politik gewiss. Bei einer Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales Ende September 2018 waren sich die Sachverständigen einig, dass das Gremium auch in Zukunft entscheiden solle. Parteien wie Die Linke und die Grünen forderten sogar einen Mindestlohn von bis zu zwölf Euro pro Stunde und einen größeren Entscheidungsspielraum für die Mindestlohnkommission. Dagegen sprach sich die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) aus. Dass der Mindestlohn 2020 nicht ansteigt, ist ziemlich unwahrscheinlich. "Geplant ist, der Empfehlung der Mindestlohnkommission in Gänze zu entsprechen", gab das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf Nachfrage an. Der Entwurf zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns werde zeitnah dem Bundeskabinett vorgelegt. Statement zu Mindestlohnanpassung Verfrühter BeschlussDie beschlossene Anhebung des Mindestlohns auf 9,19 Euro für das Jahr 2019 begegnet aus Sicht des BWVL keinen Bedenken. Dieser Betrag ergibt sich rechnerisch aus dem als Berechnungsgrundlage dienenden Tarifindex des Statistischen Bundesamtes. Der Beschluss einer darüber hinausgehenden Erhöhung für das Jahr 2020 auf 9,35 Euro je Stunde erscheint allerdings verfrüht. Hier hätten erst mögliche Auswirkungen der 2019er-Erhöhung auf Arbeits- und Lohnstückkosten und Produktivität abgewartet werden sollen. Es ist zu befürchten, dass hierdurch auch künstliche Eintrittsbarrieren in den Arbeitsmarkt geschaffen werden. In einigen Branchen und zumal in strukturschwachen Gebieten wird die zweistufige Erhöhung von manchen Unternehmen nicht problemlos umgesetzt werden können. Der BWVL vertritt die Interessen von rund 1200 Unternehmen aller Größenordnungen aus Industrie und Handel in puncto Transport und Logistik. Mehr unter:www.bwvl.deDetlef Neufang, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht, BWVL e.V.

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