Stuttgart. Sieben Wochen vor der Volksabstimmung über das Milliardenprojekt Stuttgart 21 haben die Befürworter des Tiefbahnhofs am Montag ihre Kampagne gestartet. Im Mittelpunkt stehen nach den Worten von Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) weniger die Vorteile des 4,1 Milliarden teuren Vorhabens als vielmehr die Konsequenzen aus einem möglichen Ausstieg des Landes aus dessen Finanzierung. Mit Schadenersatzansprüchen der Bauherrin Bahn von 1,5 Milliarden Euro würde das Land die "größte Geldvernichtung" jemals erleben, warnte Schuster.
Auf jeden Baden-Württemberger entfielen davon 150 Euro - "vom Baby bis zur Rentnerin". Stapele man 1,5 Milliarden Euro in 100-Euro-Scheinen aufeinander, entspreche dies neunmal dem Ulmer Münster, das mit gut 160 Metern den weltweit höchsten Kirchtum hat.
Das überparteiliche Bündnis, dem unter anderem die kommunalen Landesverbände, die CDU Baden-Württemberg, die Freien Wähler, einzelne Grünen- und SPD-Politiker sowie Bürgerinitiativen angehören, will mit Plakaten, an Marktständen und auf Podien werben. Die Hoffnung des Vereins ist, dass sich bei der Volksabstimmung eine Mehrheit für den Weiterbau des Tiefbahnhofs entscheidet.
Auf den Plakaten, von denen alle CDU-Kreisverbände je 500 zu zwei Euro pro Stück abnehmen, steht zu lesen: "Weiter ärgern oder fertig bauen?" und "1,5 Milliarden für den Ausstieg verschwenden?". Wie viel Geld der noch nicht als gemeinnützig anerkannte Verein bisher bei Sponsoren aus Wirtschaft und Gesellschaft eingeworben hat, wurde nicht bekannt. Öffentliche Mittel würden aber für die Kampagne nicht genutzt, sagte Geschäftsführer Bernhard Maier.
CDU-Landeschef Thomas Strobl war den Grünen eine "gigantische Volksverdummung" vor, indem sie vorgaukelten, dass ein Aus für Stuttgart 21 einen Aufschwung für regionale Bahnprojekte im Land wie die Süd-, Gäu- oder Rheintalbahn bedeute. Wenn das Bundesgeld nicht in die Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart fließe, gehe es dem Land vollständig verloren. Die 1,5 Milliarden Euro, die das Land möglicherweise an Schadenersatz zahlen müsse, fehlten aber für Bildung oder Infrastruktur im Land.
Kritisch sieht der Verein auch die Fragestellung, mit der die Baden-Württemberger am 27. November konfrontiert werden. "Man muss seitenverkehrt abstimmen", sagte Schuster. Gegner des Projektes müssen für den Ausstieg des Landes aus der Finanzierungsbeteiligung von 824 Millionen Euro mit "Ja" votieren, Befürworter mit "Nein". Das sei für den "Bürger draußen" schwer verständlich. (dpa)
M. Kirschner