Smartphone ersetzt Handheld

Wie lassen sich Subunternehmer datentechnisch anbinden? Vor dieser Frage steht Komm Logistik aus Großbeeren bei Berlin. Das Unternehmen ist im Sammelgutverkehr tätig und beliefert Privatleute und Handelslager. Zu Spitzenzeiten reichen die 20 Lkw nicht aus und zusätzliche Frachtführer werden eingesetzt. Nur, wie können die Externen jene digitalen Statusmeldungen liefern, die von vielen Sammelgut-Kooperationen erwartet werden? "Wir wollen uns nicht zusätzliche Handhelds in den Schrank legen", betont Robert Schulz, EDV-Leiter des Familienunternehmens. Deshalb hat man sich entschieden, einen neuen Weg zu gehen: Alle externen Fahrer laden sich auf ihr Smartphone eine spezielle App des Anbieters Active Logistics. Sie zeigt nicht nur die Details der Tour an, sondern dient auch zur Erfassung der Statusdaten. Mit einem einfachen Antippen etwa kann der Fahrer ein Packstück als ausgeliefert markieren (oder mit der Kamera den Barcode scannen). Das System läuft reibungslos. "3000 Euro für ein Handheld gegenüber fast keinen Kosten - das war eine einfache Entscheidung", lacht EDV-Leiter Schulz. Praktiker setzen auf das Telefon Handelsübliche Smartphones in der Logistik einzusetzen ist auf dem Vormarsch. Deutsche Post DHL prognostiziert in einer Trendstudie, dass "Konsumentenelektronik bald essenziell für das Personal in Logistikunternehmen sein wird". Was nicht heißt, dass der Einsatz von Smartphones an der Rampe, in Lager oder Lkw schon Alltag ist. "Vielen Leuten kommt das vor wie ein Sakrileg", sagt Karl Warmulla, Projektleiter bei Dr. Thomas und Partner (TUP). Das Unternehmen ist auf Intralogistik-Software spezialisiert und berät Firmen wie Otto, Zalando und Baur. Vor drei Jahren hatte TUP erstmals die Idee, statt teurer Industriehandhelds, die oft vierstellige Eurobeträge kosten, Smartphones einzusetzen, die nur mit 100 bis 150 Euro zu Buche schlagen. "Das Risiko besteht darin, die Geräte in einem Szenario einzusetzen, für das sie nie gebaut wurden", erklärt Warmulla. TUP hat unlängst bei einem Kunden die erste praktische Umsetzung gestartet: Eine Fahrradmanufaktur setzt in der mobilen Datenerfassung komplett auf Smartphones; sie kommen in allen Transport- und Logistikabläufen zum Einsatz. Was spricht - außer dem Preis - überhaupt für Smartphones im Lager? Experte Warmulla verweist vor allem auf Vorteile, die durch das größere Display entstehen. "Klassische Handhelds liefern Informationen nur als Zahlen oder Buchstaben. Mit dem Smartphone lässt sich alles grafisch darstellen." Anstatt einer Regalnummer sieht der Kommissionierer auf dem Display ein Piktogramm, das den Regalplatz darstellt. Zudem lassen sich auf der farbigen Anzeige weitere Informationen einspielen, die Pick-Fehler vermeiden. Gibt es im Sortiment zum Beispiel einen Radkranz in verschiedenen Ausführungen, zeigt das Smartphone automatisch ein Detailfoto an, auf dem die Unterschiede sichtbar werden. Das Fernziel ist klar: Selbst Fachfremde, die unter Umständen nicht einmal besonders gut lesen können, sollen ihre Aufgaben mittels des Smartphones binnen kurzer Zeit problemlos erledigen können. Die Mitarbeiter in der Fahrradmanufaktur schnallen sich das Smartphone in einer speziellen Hülle an den Unterarm; zusätzlich kommt ein Ringscanner zum Einsatz, der Barcodes liest und die Daten mittels Bluetooth-Kurzstreckenfunk ans Handy sendet. Um Falscheingaben auszuschließen, muss zur Quittierung nur das Display angetippt werden (auf komplexe Fingerzieh-Bewegungen wurde verzichtet). Mittels des Smartphones werden zum Beispiel Sendungen im Wareneingang gescannt, Teile für die Montage zusammengestellt oder Merchandising-Produkte für einen angeschlossenen Versand kommissioniert. Der Vorteil: Da alle Mitarbeiter das gleiche Gerät verwenden, können sie schnell auf andere Aufgaben umgeschult werden. Nimm zwei Aber wie steht es um Robustheit und Akkulaufzeit? Die Einwände hören die TUP-Berater oft. Private Smartphone-Nutzer werden diese Bedenken teilen, schließlich reicht oft schon ein Fall von der Schreibtischkante oder ein Spritzer Wasser, um ein Mobiltelefon zu beschädigen. "Natürlich sind die Geräte nicht industriefest", räumt Warmulla ein. Doch TUP hat sich eine Lösung einfallen lassen: Für jeden Mitarbeiter werden zwei Smartphones angeschafft - eines für den Einsatz im Lager und ein Ersatzgerät, das jederzeit im Büro des Meisters abgeholt werden kann, falls es zu einem Ausfall kommt oder der Akku leer ist. Da auch die Software redundant ausgelegt ist, kann ohne Unterbrechung weitergearbeitet werden. Dahinter steht eine einfache Rechnung: Zwei Smartphones sind immer noch deutlich billiger als ein klassisches Handheld und die Wahrscheinlichkeit, dass beide Geräte gleichzeitig ausfallen, ist zu gering, um wirtschaftlich von Bedeutung zu sein. "Außerdem vertrauen wir darauf, dass die Menschen mit den Geräten wie mit dem eigenen Smartphone umgehen", ergänzt Warmulla. Geplant ist, dass die Mitarbeiter ihre Telefone nach Schichtende mit nach Hause nehmen können - allerdings erhalten sie keine SIM-Karte. Noch ist der Smartphone-Einsatz in Lager und Fabrikhalle ein Experiment. Doch der Einsatz in der Fahrrad-Manufaktur läuft vielversprechend. "Bisher kommt das Konzept sehr gut an", freut sich Warmulla. Er ist überzeugt, dass der Konsumententechnik die Zukunft gehört - zumindest im normalen industriellen Umfeld. "In Tiefkühllagern oder in Umgebungen, die feucht oder ölig sind, wird man natürlich weiter spezielle Geräte brauchen." Diese Einschätzung teilt auch Michael Otto, Geschäftsführer von Active Logistics. Er sieht spezielle, besonders robust ausgelegte Smartphones (siehe Kasten) eher in einer Nischenrolle. "Die meisten Kunden sagen: Wenn es kaputt ist, kaufe ich ein Neues". Derzeit spürt der IT-Dienstleister ein reges Interesse an seinen App-Lösungen, "primär aus dem Bereich der Lkw-Transporte", so Otto. Die meisten Anwender interessierten sich - aus Kostengründen - für Android-Anwendungen. Und wie steht es um die Sicherheit, wenn auf dem Fahrer-Handy in Zukunft die Logistik-App neben Facebook und kleinen Games läuft? "Das ist kein Problem: Alle Daten werden verschlüsselt gespeichert und übertragen. Außerdem bekommt der Fahrer immer nur die Transportdaten für die jeweilige Tour; danach werden sie gelöscht." Bei der Komm Logistik zieht man eine positive Zwischenbilanz des Smartphone-Projekts. "Bisher haben wir noch kein Problem gehabt", berichtet EDV-Leiter Schulz. Die Kosten für die Anschaffung neuer Handhelds konnte der Betrieb komplett einsparen, stattdessen wird für die App eine Gebühr von einem Euro pro Tag und Fahrer fällig. In der Praxis fehlt natürlich hier und da noch die Routine, so nutzen nur wenige Fahrer die Kamera ihres Handys als Scanner und quittieren die Auslieferung lieber per Hand. Wirkliche Akzeptanzprobleme gebe es nur aufseiten der Kunden, so Schulz: "Als Spediteur hat man ein schweres Standing, was digitale Unterschriften angeht. Bei DHL & Co. machen das die Kunden selbstverständlich, bei uns noch nicht." Doch auch hier zeichne sich Besserung ab. Marktüberblick robuste Smartphones* Eine hohe Schutzklasse hilft beim Überleben im Lager Wie gut ist ein Handy gegen Staub und Wasser geschützt? Das verrät die sogenannte IP-Kennzeichnung. Sie setzt sich aus den Buchstaben "IP" gefolgt von zwei Ziffern zusammen: Die erste steht für den Schutz gegen Fremdkörper (Staub). Ein Wert von sechs bedeutet komplett staubdicht. Die zweite Ziffer beschreibt, wie gut das Gerät gegen Wasser geschützt ist. Ein Wert von acht bedeutet, das Gerät ist gegen dauerhaftes Untertauchen geschützt. Bei sieben hält es 30 Minuten in einem Meter Wassertiefe aus. Die meisten Smartphones für den Außeneinsatz sind nach IP67 oder IP68 zertifiziert.Cat B15Q- Schutzklasse: IP67- Akkulaufzeit: bis 7 Stunden (Sprechzeit)- Displaygröße: 4 Zoll (480 mal 800 Pixel)- Preis: etwa 400 EuroHoneywell Dolphin 70er Black- Schutzklasse: IP67- Akkulaufzeit: 7,5 Stunden (Sprechzeit)- Displaygröße: 4,3 Zoll (480 mal 800 Pixel)- Preis: etwa 800 Euro- Besonderheit: mit eingebautem Barcodescanner, als Betriebssystem kann Windows Embedded Handheld oder Google Android verwendet werdenIceFox Razor- Schutzklasse: IP68- Akkulaufzeit: 3 bis 5 Tage (Standby)- Displaygröße: 4 Zoll (480 mal 854 Pixel)- Preis: 299,99 Euro- Besonderheit: unterstützt zwei SIM-Karten für gleichzeitige berufliche und private NutzungMotorola TC 55- Schutzklasse: IP67- Akkulaufzeit: "eine Schicht" (Herstellerangabe)- Displaygröße: 4,3 Zoll (480 mal 800 Pixel)- Preis: 800 bis 900 Euro- Besonderheit: mit eingebautem BarcodescannerNautiz X1- Schutzklasse: IP67- Akkulaufzeit: k. A.- Displaygröße: 4 Zoll (480 mal 800 Pixel)- Preis: etwa 800 Euro- Besonderheit: als Betriebssystem kann Windows Embedded Handheld oder Google Android verwendet werdenSamsung Xcover 3- Schutzklasse: IP67- Akkulaufzeit: k. A.- Displaygröße: 4,5 Zoll (480 mal 800 Pixel)- Preis: etwa 200 Euro cg*Auswahl

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