Duisburg. Immer mehr Start-Ups fassen im Logistikmarkt Fuß und machen den Speditionen und Logistikdienstleistern Konkurrenz. In Duisburg trafen auf dem 9. Branchenforum Schifffahrt Hafen Logistik Vertreter der Spediteure und der Start-Ups aufeinander und diskutierten über die Folgen der Digitalisierung.
72 Stunden für eine Quotierung sind zu lang
„Die Spediteure haben zu lange damit gelebt, dass die Kunden irgendwann schon ihre Sendungen in Auftrag geben. Was die Kunden jedoch genau umtreibt, damit haben wir uns die letzten Jahre nicht intensiv genug beschäftigt“, fand Hansjörg Rodi, Vorsitzender der Geschäftsleitung Deutschland und der Region Zentral- und Osteuropa bei Kühne + Nagel, selbstkritische Worte. Als Beispiel nannte er die Zeit, die in einigen Speditionen benötigt werde, um einem Kunden auf eine Transportanfrage hin einen Preis zu nennen. „72 Stunden sind entschieden zu lang“, sagte der Manager.
Michael Wax, Mitgründer und CCO bei dem Logistik-Start-Up FreightHub, die einen Full-Service für weltweite See- und Luftfracht anbietet, hatte zuvor das Geschäftsmodell seines Unternehmens vorgestellt. Im Rahmen eine Kundenabfrage habe man festgestellt, dass viele Kunden nicht mit den Leistungen der Spediteure zufrieden sind. „Die Preise sind nicht transparent. Viele Verlader beklagen, dass nicht ersichtlich ist, für welche Leistung was zu zahlen ist“, sagte Wax. „Bis zu 72 Stunden auf eine Antwort nach dem Preis für einen Transport zu warten, ist den Kunden zu lang“, nannte Wax einen weiteren Kritikpunkt. Deshalb gibt es bei Freight Hub real time quotes (also Preise sofort auf Anfrage) und auch Angaben, wie teuer einzelne Nebenleistungen wie Terminalgebühren oder die Fiskalverzollung sind.
FreightHub expandiert weiter und stellt neue Mitarbeiter ein
Das Unternehmen ist am 1. August 2016 als Start-Up an den Start gegangen und legt Monat für Monat beim Umsatz um 60 Prozent zu. „Wir wollen so weiterwachsen“, kündigte Wax an. Derzeit arbeiten 50 Mitarbeiter bei FreightHub. Zum Jahresende sollen es etwa 80, 90 Mitarbeiter sein. Bislang stammten die Kunden zu 80 Prozent aus dem E-Commerce-Sektor. „Wir wenden uns jedoch zunehmend mittelständischen Kunden zu“, sagte Wax. Große Industrie- und Handelsunternehmen sieht er hingegen nicht unbedingt bei Freighthub.
Rodi glaubt nicht, dass das Modell der 3PL-Logistikdienstleister durch die Start-Ups gefährdet ist. „90 Prozent unserer Seefrachttransporte laufen nicht so wie geplant. Da braucht es nach wie vor die Expertise von Speditionskaufleuten, um diese Veränderungen zu managen“, sagte Rodi. „Aber die alten Zeiten, in denen alles langsam ging, die sind vorbei. Der Wandel wird immer schneller erfolgen“, lautete seine Prognose.
Auf der Veranstaltung stellte Carsten Taucke, CEO von Imperial Logistics International, die Plattform IFMS vor. Dabei handelt es sich um einen Marktplatz für Binnenschiffstransporte, die Imperial vor etwa einem Jahr online geschaltet hat. „Unser Fehler war, dass wir versucht haben, alles selber zu entwickeln“, sagte Taucke. Deshalb habe es von der Idee bis zur Fertigstellung fünf Jahre gedauert. „Sie hätten es wahrscheinlich in einem Jahr geschafft“, sagte Taucke in Richtung Wax und stützte damit die These von Rodi, dass sich der Wandel beschleunigen werde.
Imperial will schneller neue Produkte entwickeln
Doch Imperial habe daraus gelernt. Er nannte als Beispiel neue Prozesse bei Imperial, für die der Begriff „Creathon“ erfunden wurde. Dabei wird innerhalb von fünf Tagen von fünf Experten aufgrund eines Kundenwunsches ein Prototyp entwickelt. Ein erstes Ergebnis dieser Form der Produktinnovation werde Imperial in wenigen Wochen vorstellen, sagte Taucke, wobei er noch nicht verraten wollte, um was für ein Produkt es sich handelt.
Das Forum in Duisburg mit dem Titel „Maritime Logistik 4.0“ ist eine Veranstaltung im Rahmen des Logistikcluster NRW. Es wird organisiert vom Verband Verkehrswirtschaft und Logistik (VVWL) Nordrhein-Westfalen und von der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg, Wesel und Kleve. (cd)
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