Schulterschluss gefordert

Für die sichere Verstauung einer Ladung ist grundsätzlich der Verlader verantwortlich. Diesen von Gerichten wiederholt bestätigten Grundsatz der VDI-Richtlinie 2700 nehmen die Kunden der Spedition Koppenhöfer in Frankenthal sehr ernst. "Die meisten Verlader geben präzise Anweisungen, wie wir ihre Waren sichern sollen", sagt Geschäftsführerin Henriette Koppenhöfer. "Allerdings scheren sie häufig alles über einen Kamm und differenzieren nicht zwischen einzelnen Ladegütern, was vor allem die Arbeit mit Teilladungen erschwert." So will ein Kunde Ladungen auf verstärkten Aufbauten mit Code XL-Zertifikat genauso sichern wie solche auf konventionellen Aufbauten. Ein anderer wünscht Gurte für jede einzelne Palette, ein Dritter gibt für Sattelauflieger die gleichen Anweisungen wie für Hängerfahrzeuge, wiewohl Letztere meist größere Ladeflächen haben. Das könne beim Fahrpersonal für Verwirrung sorgen, sagt Koppenhöfer, deren Firma für namhafte Industrieunternehmen im Rhein-Neckar-Raum fährt. "Beim Thema Ladungssicherung ergänzen wir die Inhalte der Berufskraftfahrerweiterbildung mit internen Mitarbeiterunterweisungen, die die Besonderheiten der einzelnen Ladegüter berücksichtigen", hebt die Unternehmerin eigene Weiterbildungsanstrengungen hervor. Uneinheitliche Kontrollpraktiken Koppenhöfer führt die Unsicherheit ihrer Kunden auf uneinheitliche Kontrollpraktiken zurück. Was manche Bundesländer erlauben, ahnden andere mit Bußgeldern. Dabei hat sich als Norm für die Berechnung von Standsicherheit, Sicherungskraft und anderen Parametern das 2010 eingeführte Regelwerk DIN EN 12195-1 flächendeckend durchgesetzt. Dessen Inhalte fußen weitgehend auf der wesentlich älteren VDI-Richtlinie 2700. Bei Ladungssicherungen für Teilladungen stoßen solche Anleitungen jedoch auf Grenzen. Weil häufig Ladelücken anfallen, fallen formschlüssige Lösungen schwerer als bei Komplettladungen. Wenn außerdem die Lkw auf Sammelgut- und Wechselverkehren unterwegs sind, kann sich bei jedem Belade- und Entladepunkt die Verteilung der Gewichtskraft auf den Ladeflächen verändern. Ein solcher Vorgang hat möglicherweise gravierende Auswirkungen auf die Fahrzeugsicherheit: Im Extremfall vermag der Fahrer den Lkw nicht mehr richtig zu lenken und muss jede Kurve fürchten. Am Grundsatz der Verladerverantwortung für die Ladungssicherung ändert dies nichts. "Der Verlader muss bei der Ladungssicherung auch Teilentladungen und Nachsicherungen berücksichtigen", betont Stephan Bode, Gründer der Branchenberatung LasiStandard in Steinfurt. "Weil diese Auswirkungen auf die Lastverteilung haben, ist er auf Absprachen mit seinem Speditionspartner angewiesen." Ohne einen Lastverteilungsplan (LVP), der den Ladungsschwerpunkt im Fahrzeug ermittelt und die einzelnen Teilladungen in Abhängigkeit von Nutzlast, Achslast, Fahrzeuglänge und anderen Rechengrößen platziert, kann kein Verlader Ladepläne mit Ladungssicherungen konzipieren. Für den LVP jedoch ist der Logistikdienstleister als Fahrzeughalter verantwortlich. Er kann diesen mit bewährten PC-Programmen ausarbeiten und hierbei auch die Reihenfolge von Teilentladungen berücksichtigen. Außer manchen Fahrzeugherstellern hat die Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr eine entsprechende Software entwickelt. Allerdings muss der Anwender über Größe, Gewicht und weitere Eigenschaften der Ladung Bescheid wissen. "Hierüber hat der Verlader den Dienstleister zu informieren", betont Bode. Ausschließlich dann kann Letzterer das passende Fahrzeug auswählen, den Fahrer mit den richtigen Gurten, Antirutschmatten und anderem Sicherungsequipment ausstatten und die Reihenfolge der Be- und Entladungen festlegen. Anschließend übermittelt der Dienstleister dem Verlader den LVP mit allen Zusatzinformationen. Jetzt kann dieser den eigentlichen Ladeplan erstellen. "An einem engen Schulterschluss zwischen Logistikdienstleister und Verlader führt kein Weg vorbei", betont Bode. Trotzdem funktioniert das Zusammenspiel häufig nicht reibungslos. So sind laut Bode viele Tourenplanungen vor allem dann fehlerhaft, wenn unterwegs Ladungen von Drittunternehmen aufgenommen werden sollen. Hier lauern erfahrungsgemäß besonders viele juristische Fallstricke. Rechtliche Fragen im Tagesgeschäft Was beispielsweise soll Fahr- und Lagerpersonal tun, wenn es Ladungen völlig ungesichert vorfindet? Darf es sich dann wirklich mit Sicherungsmaßnahmen ausschließlich für die eigenen Sendungen begnügen? "Solche Fragen gehören für Frachtführer, die Verteilerverkehre anbieten, zum Tagesgeschäft", weiß Markus Otremba, Leiter der Fachgruppe Ladungssicherung bei TÜV Süd. Und klare Antworten fallen schwer: Verlädt der Frachtführer eine ungesicherte Ladung nicht, verstößt er möglicherweise gegen vertragliche Abmachungen. Sichert er sie hingegen, werden seine Maßnahmen unter Umständen produktspezifischen Besonderheiten des Ladeguts nicht gerecht. "Der Frachtführer sollte Rücksprache mit dem Versender halten", deutet Otremba einen Ausweg an. Allerdings räumt er ein, dass viele Abfahrten kurzfristig passieren und deshalb kein Kontakt mit dem Verlader zustande kommt. Beim Equipment raten die Experten gerade bei Teilladungen zu bewährten Transport- und Hilfsmitteln. Vor allem neuere Ladungsträger haben die Transportwirtschaft wiederholt vor Probleme gestellt, weil deren Produkt- und Ladeeigenschaften nicht hinreichend bekannt sind. Ein typisches Beispiel sind Big Bags. "Wenn das Transportgut sehr weich ist, kann dieses durch Sicherungsmaßnahmen mit Gurten und Paletten beschädigt werden", gibt Werner Schmidt, Geschäftsführer des 3G-Kompetenzzentrums in Fulda, zu bedenken. Auch Experten mit langjähriger Branchenerfahrung mussten sich hier korrigieren. So hat der VDI kürzlich einen Entwurf für eine technische Regel, welche Ladungssicherungen für Schüttgüter in Säcken und anderen "flexiblen Verpackungen" zum Gegenstand hatte, wieder zurückgezogen. Jetzt arbeitet der Verband an einem neuen Entwurf, welcher möglichst alle Big Bag-tauglichen Transportgüter berücksichtigt. Mehr zum Thema im Dossier "Ladungssicherung" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Teilladungsverkehr Checkliste: Lasi-Maßnahmen- Investieren Sie in betriebsspezifische Schulungen, welche genau auf die Ladungen der Kunden abgestimmt sind. Verlassen Sie sich nicht allein auf die pauschalen Inhalte der Berufskraftfahrerschulungen.- Binden Sie leitende Mitarbeiter in die Weiterbildungen ein. Wenn diese für Lasi-Themen sensibilisiert sind, reagieren erfahrungsgemäß auch Fahrer und Lagermitarbeiter aufgeschlossen.- Achten Sie gerade bei Teilladungen auf die Einbindung der Disposition in Lasi-Maßnahmen und Lastverteilpläne. Sie haben den Überblick bei der Tourenplanung. bot Weiterbildung Online-UnterweisungenDie VerkehrsRundschau bietet auf Verkehrs-Rundschau Plus Online-Unterweisungen zum Thema Ladungssicherung auf deutsch und polnisch an.- Ladungssicherung Methoden: Die Teilnehmer des Kurses sollen in die Lage versetzt werden, die Qualität einer Sicherung zu bewerten und bei Bedarf selbst Hand anzulegen- Ladungssicherung Physik: In diesem Kurs erfahren die Teilnehmer mehr zu den wirkenden Kräften bei der LaSiweiterbildung.verkehrsrundschau-plus.de

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