Schnelligkeit zahlt sich aus

Geduld ist nicht immer eine Tugend. Zwar hat sich die Zahlungsmoral der deutschen Unternehmen seit dem vergangenen Sommer über alle Branchen hinweg stetig verbessert. Doch noch immer begleichen davon knapp 15 Prozent ihre Rechnungen verspätet oder gar nicht. Ist das Geld nicht pünktlich innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist - meist nach 26 Tagen - auf dem Bankkonto, dauert es im Durchschnitt weitere 21 Tage, bis säumige Schuldner endlich zahlen, so das Ergebnis einer Studie zur Zahlungsmoral deutscher Unternehmen der Wirtschaftsauskunftei Bürgel vom Herbst 2015. "In diesen Fällen müssen Unternehmen drei Wochen länger auf ihr Geld warten als einkalkuliert. Damit werden sie unfreiwillig zur Bank ihrer Kunden", sagt Bürgel-Geschäftsführer Norbert Sellin. Besonders um die Zahlungsfähigkeit der Transport- und Logistikbranche ist es schlecht bestellt. 22,3 Prozent der Unternehmen sind hier Nicht- oder Spätzahler - häufig, weil sie selbst hohe Außenstände haben. Auftragnehmer aus dem Güterverkehrsgewerbe sollten daher sorgfältig prüfen, mit wem sie Geschäfte machen und auf eine schnelle Bezahlung drängen, um nicht selbst Liquiditätsprobleme zu bekommen. Schwierigkeiten sind oft hausgemacht Oft sind die Probleme hausgemacht: "Fehler passieren schon bei der Aufnahme der Geschäftsbeziehung", erklärt Rechtsanwalt Dieter Doll. Meist sind es Banalitäten: Unternehmen versäumen es, beim Handelsregister zu überprüfen, ob es den Kunden tatsächlich gibt, ob die Firmenbezeichnung stimmt und der angebliche Geschäftsführer überhaupt zeichnungsberechtigt ist. Bei Neukunden ist es zu empfehlen, sich den Ausweis des Geschäftspartners vorlegen zu lassen, um dessen Unterschrift mit der auf dem Auftrag vergleichen zu können. "Das ist wichtig, um im Streitfall die Beauftragung nachweisen zu können", sagt der Rechtsanwalt und Partner der Anwalts- und Steuerberaterkanzlei Doll & Keiler in München. Bei größeren Aufträgen sollten Transportunternehmen ihrem Kunden genauer auf den Zahn fühlen und dessen Zahlungsfähigkeit überprüfen. Auskünfte über die Bonität und das Zahlungsverhalten von Geschäftskunden gibt es von Creditreform oder Bürgel, Informationen zu Privatkunden von der Schufa. "Eine Bonitätsauskunft ist zwar keine Garantie, dass der Schuldner die Rechnung auch bezahlt, aber ein gutes Frühwarnsystem", sagt Rechtsanwalt Doll. Bei einer schlechten Bonität des Auftraggebers rät er Transporteuren und Logistikern, lediglich gegen Vorkasse zu fahren oder den Auftrag ganz abzulehnen. Darüber hinaus müssen Auftragnehmer weitere Vorkehrungen treffen, damit Kunden schnell und pünktlich zahlen: Die Dienstleister sollten sowohl in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) als auch bei der Auftragsannahme bereits schriftlich auf ihre Zahlungsbedingungen hinweisen und deutlich machen, dass das Forderungsmanagement funktioniert. Sie sind gut beraten, kurze Zahlungsziele zu setzen. Auch bei Verhandlungen mit Großkunden sollten Fuhrunternehmen nicht gleich klein beigeben und die häufig langen Zahlungsfristen schlucken. Vereinbarungen mitunter unwirksam Vereinbarungen, in denen sich Auftraggeber überlange Zahlungsfristen einräumen lassen, sind zudem häufig unwirksam. Seit Ende Juli 2014 schreibt das Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr Höchstgrenzen vor. AGB-Klauseln, die Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen oder Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 15 Tagen vorsehen, sind demnach ungültig. Längere Zahlungsziele können Unternehmen nur noch individuell vereinbaren. Für öffentliche Auftraggeber gilt generell eine Zahlungsfrist von höchstens 30 Tagen. Nur in begründeten Ausnahmefällen dürfen sie vertraglich ein längeres Zahlungsziel von bis zu 60 Tagen festsetzen. Auch privatwirtschaftliche Auftraggeber können sich maximal 60 Tage mit dem Bezahlen Zeit lassen. Verträge, die ein längeres Zahlungsziel vorsehen, sind nicht gültig, wenn der Gläubiger dadurch grob benachteiligt wird. Aus dem gleichen Grund wurden Überprüfungs- und Abnahmefristen auf maximal 30 Tage beschränkt. Damit Unternehmen diese Regelungen nicht aushebeln, sind auch keine abweichenden Vereinbarungen zum Eintritt des Zahlungsverzugs möglich. Die erste Gerichtsentscheidung zu dieser neuen gesetzlichen Regelung betraf gleich die Transportbranche. Das Amtsgericht Mannheim erklärte in seinem Urteil vom 22. Juli 2015 (Aktenzeichen: 10 C 169/15) die AGB-Klausel eines Speditionsbetriebs für unwirksam, in der sich dieser ein Zahlungsziel von 90 Tagen gegenüber seinen Frachtführern einräumte. Die Richter sahen darin eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers, der die Beförderung übernommen hatte. Dass der Spediteur in diesem Verfahren mit geringen Gewinnmargen argumentierte und auf die Notwendigkeit verwies, das Entgelt zunächst bei seinen Auftraggebern beitreiben zu müssen, ließ das Amtsgericht nicht gelten. Der Einwand rechtfertige nicht die Existenzgefährdung des beauftragten Frachtführers. Der Auftragnehmer müsse zudem nicht 90 Tage lang das Insolvenzrisiko seines Auftraggebers tragen. Besser konkreten Zahltag vereinbaren Weder Frachtführer noch Spediteure können es sich leisten, lange auf ihr Geld zu warten. "Deshalb sollten sie mit ihren Kunden feste, möglichst kurze Zahlungsfristen verabreden, die sich auf den Lieferzeitpunkt beziehen", rät Rechtsanwalt Doll. Im schnelllebigen Güterverkehrsgeschäft sei es wichtig, dass Rechnungen gleich nach Abschluss des Transports rausgehen und der Betrag spätestens nach sieben bis zehn Tagen fällig wird. Steht der Passus "zahlbar innerhalb von einer Woche nach Lieferung" auf dem Angebot und der Auftragsbestätigung oder ist darin ein konkretes Datum vereinbart, gerät der Schuldner nach Ablauf dieser Frist in Verzug - auch ohne Mahnung. Erst wenn der Kunde mit seiner Zahlung in Verzug ist, kann der Gläubiger rechtliche Schritte einleiten - bei Gericht einen Mahnbescheid beantragen und später einen Vollstreckungsbescheid erwirken. Deshalb ist es wichtig, Kunden durch klare Fristen schnell in Zahlungsverzug zu setzen und sich nicht auf die allgemeine gesetzliche Regelung zu verlassen. Diese besagt, dass Geschäftskunden spätestens in Verzug geraten, wenn sie 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung nicht bezahlt haben. Verbraucher müssen in der Rechnung ausdrücklich auf die 30-Tages-Frist und den drohenden Zahlungsverzug hingewiesen werden. Für Rechtsanwalt Doll dauert das aber viel zu lange. Sein Erfolgsrezept lautet: schnelle Rechnungsstellung, kurzes Zahlungsziel und nach einer erfolglosen Mahnung das Inkasso extern von spezialisierten Dienstleistern oder Juristen durchführen lassen. Auch Alfons Winhart warnt vor zu viel Geduld und Nachsicht mit säumigen Kunden. "Viele Schuldner zahlen generell nicht vor der zweiten Mahnung", berichtet der Vorstand der PNO Inkasso AG im bayerischen Deggendorf. Besonders Großunternehmen legen es häufig darauf an, Rechnungen spät zu bezahlen. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank summieren sich die unbezahlten Forderungen in den Bilanzen deutscher Unternehmen auf rund 393 Milliarden Euro. Kapital, das den Dienstleistern zur Finanzierung des laufenden Geschäfts fehlt. "Auftragnehmer müssen ihre Forderungen schnell und konsequent eintreiben, sonst schauen sie ihrem Geld hinterher", weiß er aus Erfahrung. Überweist der Kunde den Rechnungsbetrag auch nach einer telefonischen Zahlungserinnerung nicht, müsse umgehend die Mahnung folgen, die weitere Schritte ankündigt. "Der Hinweis, dass nach Ablauf der gesetzten Frist ein Inkassounternehmen oder Anwalt das Eintreiben der Forderung übernimmt und für den Schuldner weitere Kosten entstehen, bewegt viele zur Zahlung", sagt der Experte. Vorsätzliche Nicht-Zahler können sich auch nicht mehr damit herausreden, dass sie keine Rechnung erhalten hätten. Der Gesetzgeber regelte vor zwei Jahren, dass im Streitfall bei Geschäften zwischen Unternehmen die Zahlungsfrist beginnt, sobald die vertragliche Leistung erbracht und empfangen wurde. Geht keine Rechnung beim Schuldner ein oder hat dieser angeblich keine Zahlungsaufforderung erhalten, ist nicht mehr der Zeitpunkt des Rechnungszugangs entscheidend, sondern der Liefertermin. Der Zahlungsverzug tritt somit früher ein. Dies hilft den Gläubigern. Erst wenn ihre Schuldner in Verzug sind, dürfen sie nämlich Verzugszinsen und Mahnkosten geltend machen. Bei Geschäftskunden werden derzeit 8,12 Prozent pro Jahr auf den geschuldeten Rechnungsbetrag fällig, bei Privatkunden beträgt der Zinssatz 4,12 Prozent pro Jahr. Die Zinsen sind auf den Tag genau abzurechnen (siehe Kasten auf S. 59). Bei Geschäftskunden und öffentlichen Auftraggebern können Unternehmen darüber hinaus eine Mahnpauschale von 40 Euro berechnen - bei nachweislich höheren Aufwendungen mehr. Beauftragen Transport- und Logistikunternehmen einen Anwalt oder ein Inkassobüro mit dem Eintreiben ihrer Forderung, müssen Zahlungsmuffel auch diese Kosten tragen - aber nur bis zu einer Obergrenze. Inkasso-Kosten sind bis zur Höhe der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz festgelegten Sätze erstattungsfähig. Auch die Kosten für das gerichtliche Mahnverfahren gehen zulasten des Schuldners, sofern er zahlungsfähig ist. Wer zu lange wartet, geht leer aus Sind Auftraggeber tatsächlich in Zahlungsschwierigkeiten, kommt es auf Schnelligkeit an. Oftmals lassen sich Rechnungssteller auf Ratenzahlungsvereinbarungen und Stundungen ein, um die Geschäftsbeziehung zu retten. Doch gerade hier passieren leicht Fehler. "Ratenzahlungsvereinbarungen sollte deshalb ein Anwalt formulieren", sagt Dieter Doll. Er empfiehlt, den Anspruch auch gleich titulieren zu lassen. Das bedeutet, dass sich der Gläubiger die Forderungen gleich durch einen gerichtlichen Vollstreckungsbescheid zusichern lässt. "Wird die Rate nicht bezahlt, kann der Gläubiger sofort pfänden." Generell gilt: Wer zu lange wartet, bekommt kein Geld mehr. Unternehmen sollten daher nicht zögern, ihre Forderungen gerichtlich geltend zu machen. Zahlt der Schuldner auch nach einem gerichtlichen Mahnbescheid nicht, sollte sich der Gläubiger seine Forderung über einen Vollstreckungsbescheid sichern. Auch hier ist Eile geboten, denn ist der Kunde insolvent, gibt es meist kein Geld mehr zu verteilen. "Nur wer sich seine Forderung mindestens drei Monate vor dem Insolvenzantrag des Kunden per Zwangsvollstreckung gesichert hat, darf das Geld behalten", erklärt Doll. Spätere Zahlungen kann sich der Insolvenzverwalter unter Umständen noch nach Jahren zurückholen. Mehr zum Thema finden Sie unter Zahlungsverkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Beispielrechnung Zinsen bei Zahlungsverzug richtig berechnen Gerät ein Schuldner mit der Zahlung in Verzug, sind Sie als Gläubiger berechtigt, ihm Verzugszinsen zu berechnen. Bei Geschäften mit Verbrauchern liegt der gesetzlich festgelegte Verzugszins fünf Prozentpunkte, bei Handelsgeschäften neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dieser von der Deutschen Bundesbank zweimal jährlich festgesetzte Zinssatz ist aufgrund der Nullzinspolitik in den negativen Bereich gerutscht. Bis zum Jahresende beläuft er sich auf -0,88 Prozent. Der Verzugszins für Verbraucher beträgt demnach 4,12 Prozent pro Jahr, für gewerbliche Abnehmer 8,12 Prozent pro Jahr. sahDem Beispiel liegt ein Transportgeschäft zwischen einem gewerblichen Verlader und einer Spedition zugrunde.Geschuldeter Rechnungsbetrag: 15.000,00 EuroZahlungsziel bis zum: 31.07.2016Verzug ab dem : 01.08.2016Zahlungsdatum: 15.08.2016Verzugszeitraum (in Tagen): 15Verzugszinsen pro Tag: (15.000,00 Euro x 8,12 %/366 Tage) 3,3279 EuroRestschuld: 15.000,00 EuroVerzugszinsen Saldo: 49,92 EuroMahnpauschale*: 40,00 EuroGesamtforderung inkl. Verzugskosten: 15.089,92 Euro*Bei Handelsgeschäften haben Sie als Gläubiger das Recht, eine zusätzliche Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro geltend zu machen. Pflichtangaben Das gehört nach geltendem Recht in jede Rechnung: - Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmens sowie des Leistungsempfängers- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer- Rechnungsdatum und fortlaufende Rechnungsnummer- Bezeichnung der erbrachten Leistung (Art und Umfang)- Zeitpunkt der Leistung- Nettoentgelt- Vereinbarte Minderungen des Entgelts- Umsatzsteuersatz und -betrag- Bruttorechnungsbetrag- Zahlungsfrist (es empfiehlt sich ein genaues Datum zu nennen und auf die AGB oder die individuelle Zahlungsvereinbarung, Angebot o.ä. zu verweisen) sah

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