Schneeketten im Vergleich

Schneeketten im Vergleich Volle Traktion mit Stahl Schneeketten sind manchmal die einzige Möglichkeit, Lastwagen sicher über verschneite und vereiste Passagen zu bringen. Der Vergleich von vier Fabrikaten zeigt, wie die Traktionshilfen angewendet werden. Alle Winter wieder wirbelt gefrorenes Wasser als Schnee auf die Straßen und bringt den Verkehr ins Stocken. Wer sich davon nicht aufhalten lassen möchte, braucht speziell in bergiger Landschaft Schneeketten. In den Alpenländern sind diese sogar während der Winterzeit vorgeschrieben. Doch viele Fahrer haben damit keine oder zu wenig Erfahrung. Wir haben uns fachkundige Hilfe gesucht, um einige der Schneeketten einer kritischen Betrachtung zu unterziehen und sie unter praktischen Bedingungen im Schnee zu erproben. In Hohenems im österreichischen Bundesland Vorarlberg betreiben die Brüder Jürgen und Arno Bentele ein Logistikunternehmen mit 25 Lastwagen. Fahrer Wolfgang Bösch war Jahrzehnte im Fernverkehr durch ganz Europa unterwegs, heute fährt er nur noch im Nahverkehr die Filialen eines großen Lebensmittelhändlers an. Schneeketten gehören für ihn im Winter zum Alltag, denn er hat auch Kunden in Gargellen im Montafon oder in Lech am Arlberg, beides hochalpine Ortschaften, die im Winter generell nur über verschneite Straßen zu erreichen sind. Grizzlys System nur mit Stahlfelgen Als Erstes probieren wir ein neuartiges System von Grizzly aus Nürnberg aus, das allerdings Stahlfelgen auf der Antriebsachse voraussetzt. Denn in diese wird ein Spannring im Felgenhorn nahe des Reifens montiert, an dem passend zu den Felgenlöchern zehn Spannschrauben montiert sind. Üblicherweise sollte der Ring von Fahrer oder Werkstatt im Herbst montiert und den ganzen Winter am Rad gelassen werden. Braucht man nun die Traktionshilfe, werden bis zu zehn einzelne Kettenstücke über den Reifen gelegt und mit einem Hilfshaken durch das Felgenloch gezogen. Wenn die beiden Enden eines Kettenstücks dann am Spannmechanismus eingehängt sind, wird dieser mit einer Kurbel angezogen, bis das Stahlgliederband fest am Reifen liegt. Der Vorteil dieser Technik liegt darin, dass sie auch dann noch funktioniert, wenn man sich schon im Schnee festgefahren hat. Und wenn es nur wenige Meter sind, etwa an eine Rampe oder aus einer Ausfahrt hinaus auf eine geräumte Straße, reichen schon deutlich weniger als zehn Kettenstränge, um die entscheidende Traktion auf den Boden zu bekommen. Andererseits sind die einzelnen Stränge weniger stabil als ein Kettennetz und müssen öfter ersetzt werden. Bei längeren Strecken soll der Verschleiß laut Aussagen von Fahrern hoch sein. Dann müssen einzelne Stücke häufiger nachgekauft werden. Für gelegentliche Nutzung aber oder um sich aus problematischen Situationen zu befreien, zeigen sich auch die österreichischen Transporteure, die uns beim Test halfen, durchaus angetan von diesem Produkt. Ebenfalls unkonventionell ist das System „Trak“ des italienischen Herstellers Maggi, das ebenfalls auf einem Hilfsring in der Felge basiert. Dieser wird weiter innen als beim Grizzly-System montiert, und da er sich mit drei Gummielementen, die per 17er-Schraubenschlüssel auf Spannung gebracht werden, in der Felge fixiert, geht das auch bei Alurädern. Das Hauptelement besteht aus einer raffinierten Konstruktion aus Ketten und Plastikelementen, das zusammengeklappt verstaut ist und sich zur Benutzung einfach auffalten lässt. Man legt es dann über den Reifen, fährt eine halbe Radumdrehung vor und schiebt dann den Rest auf den Reifen. Dann wird das ganze Teil am vormontierten Felgenring fixiert. Unkonventionell: Das Maggi-System Auch hier ist die Montage recht einfach, wird aber problematisch, wenn man sich schon festgefahren hat. Kompliziert wirkt auch das Nachspannen bei durch Abrieb reduzierter Profilstärke, man sollte kein Feind umfangreicher Bedienungsanleitungen sein, um das zu bewerkstelligen. Ein Nachteil dürfte auch der beträchtliche Platzbedarf der italienischen Traktionshelfer bei Nichtbenutzung sein. ➞ Die klassischen Spurketten für den äußeren Zwilling kommen unter anderem vom deutschen Hersteller RUD aus Aalen. Zur Aufbewahrung der netzartigen Kette werden stabile Textilsäcke mitgeliefert. Diese Kette wird über den Reifen gelegt, dann muss man ein Stück vor- oder zurückfahren, um die gesamte Länge komplett über den Reifen zu bringen. Das ist für Ungeübte nicht ganz einfach, man zerrt erst einmal reichlich an der Kette, die sich oft in den Profilrillen einhängt und sich erst bei optimaler Ausbreitung über dem Reifen zusammenhaken lässt. Vor allem, wenn man auf einem Kettenstück steht, das nicht voll in die Länge gezogen ist, wird es schwierig. Viele Profis stellen sich deswegen mit dem Reifen auf ein Stück Holz, um weniger Aufstandsfläche zu haben und damit der Kette mehr Bewegungsspielraum zu geben. Hat man schließlich die Verschlüsse eingehängt, wird das Ganze mit einer Spannkette außen am Reifen strammgezogen. Diese sollte nach einigen Metern Fahrt noch einmal nachgezogen werden. Rud liefert dünne Hilfsketten mit, damit kann der Anfang der Schneekette am Reifen befestigt werden, um dann mit Vorfahren die vorher sauber am Boden ausgelegte Kette über den Reifen zu ziehen. Bei Rud muss die Richtung der Kette bei der Montage beachtet werden. Doppelt hält länger: Pewag-System Ähnlich im System, aber in beide Richtungen verwendbar und damit länger haltbar, sind die Spurketten des österreichischen Herstellers Pewag. Sicher ist es auch etwas Lokalpatriotismus der Vorarlberger Transportspezialisten, dass sie dieses Produkt favorisieren und seit Jahren selbst verwenden. Aber auch objektiv betrachtet wirkt die österreichische Spurkette am robustesten und überzeugt mit durchdachtem Hakenmechanismus und einer leichter funktionierenden Spannvorrichtung. Pewag liefert in den ebenfalls robusten Aufbewahrungssäcken einen festen Draht mit, der die gleiche Funktion wie die erwähnte dünne Hilfskette hat: Damit lässt sich der Anfang der Kette am Reifen fixieren und dann das restliche Kettenwerk per Fahrbewegung über die Lauffläche ziehen. Auch hier wird das Netz aus Stahl mit einer äußeren Spannkette straffgezogen. Wir können jedem Anwender nur empfehlen, den Einsatz von Ketten, gleich welchen Systems, vorher im Trockenen zu üben. In jedem Fall sinnvoll ist ein Stück Plane oder zumindest Karton, um sich notfalls auch mal zum Schließen der inneren Haken oder bei sonstigen Schwierigkeiten auf den Schnee legen zu können, ohne nass zu werden. Beim Abnehmen der Netzketten muss man vorsichtig vorgehen, denn wenn sie zwischen die Zwillingsreifen rutschen, kann es nach der Erfahrung der Spezialisten dazu kommen, dass sich der Stahl zwischen dem Gummi verklemmt, dann hilft nur noch das Abmontieren des äußeren Rads, um sich aus dieser Situation zu befreien. Wer sich aber mit seinen Ketten dank vorausgegangener Übung gut auskennt, wird auch im Bergland eine gute Figur als Kraftfahrer machen … Anmerkung: Alle genannten Hersteller bieten eine ganze Reihe von unterschiedlichen Ketten an, die sich unter anderem in der Materialstärke, der Bauweise und der Zahl der Greifstege unterscheiden. Deswegen ist der Preisvergleich der vier genannten Modelle nur eingeschränkt aussagekräftig. Je nach Fahrzeug und Einsatzzweck sollte man sich von den Fachverkäufern der Hersteller oder den Internetseiten der Anbieter vor der Anschaffung von Ketten informieren lassen. ❙❚■ Felix Jacoby, freier Journalist Alle Jahre wieder: Bei Schnee helfen oft nur Ketten weiter VR/Felix Jacobi Schneeketten im Vergleich Tipp Das sollten Sie beachten Vor dem ersten Einsatz unbedingt Bedienungsanleitung lesen und Trockenübungen machen Das Aufziehen von in Fahrtrichtung ausgelegten Spurketten mit Hilfsketten oder Hilfskabeln üben, mit denen der Kettenanfang am Reifen fixiert wird, so lassen sich Ketten sauber mit einer Radumdrehung auf den Reifen ziehen Bei zu erwartendem Einsatz Kettensäcke im warmen Beifahrerfußraum lagern Holzkeil für netzartige Spurketten mitführen, wenn man darauf beim Anlegen auffährt, lässt sich die Kette leichter um den Reifen herum spannen Ketten nach kurzer Fahrt auf festen Sitz überprüfen und gegebenenfalls nachspannen Beim Abnehmen von Netzketten vorsichtig vorgehen, damit sich diese nicht zwischen den Zwillingsrädern verklemmen Ketten nach dem Einsatz und vor dem Verstauen trocknen lassen Faltbare Plane oder ähnliche Unterlage mitführen, um auf Schnee arbeiten zu können, ohne dabei nass zu werden fj Herr der Ringe: Grizzly-System mit festem Kranz Einzelketten werden über den Reifen gelegt ... ... und durch das Felgenloch gezogen Dann am Spannmechanismus eingehängt ... ... und mit einer Spezialkurbel angezogen ... ... was häufig schon über Engstellen hilft Maggi setzt ebenfalls auf einen fixen Kranz Raffiniert: Hauptsystem aus Plastik/Ketten Über den Reifen, halbe Umdrehung vorfahren Die Vorher-Montage fällt relativ leicht Das Nachspannen ist dagegen nicht so einfach Beim Fahren treten kaum Vibrationen auf Schneeketten im Vergleich Klassiker: Die Spurketten von RUD Zum Einhaken muss man unter den LKW Schließen erst bei optimaler Ausbreitung Sind die Verschlüsse eingehängt, wird mit ... ... einer Spannkette nochmal nachgezogen Beim Fahren entstehen mehr Vibrationen Der Favorit in Österreich: Pewag-System Hilfskette am Reifen fixiert, dann ausgelegt Die Kette legt sich beim Vorwärtsfahren auf Eine Spannkette strafft das Gliederwerk Durchdachter Hakenmechanismus Die Pewag funktioniert vorwärts wie rückwärts Schneeketten im Vergleich Grizzly aus Deutschland, www.grizzly.de 993 Euro Sehr einfache Montage, lässt sich als einziges System noch einsetzen, wenn man sich schon festgefahren hat. Kaum Vibrationen beim Fahren. Nur geringe Seitenhaltkräfte. Montagering kann nur bei Stahlfelgen verwendet werden. Maggi aus Italien, Vertrieb durch Novotec Lübbecke www.maggigroup.com, www.autoteile-owl.de 890 Euro Vergleichsweise unkomplizierte Montage, kaum Vibrationen beim Fahren Nachjustieren bei abnehmender Profiltiefe relativ kompliziert. Hoher Platzbedarf zum Verstauen bei Nichtbenutzung. RUD aus Deutschland, weitere Standorte in 22 Ländern weltweit www.rud.com 756 Euro Sehr robuste Bauweise mit zusätzlichen Greifstegen. Montage vorgegeben in Fahrtrichtung. Bei der Montage muss man unter den Lkw, um die Kette am Reifeninneren einzuhaken. Erzeugt Vibrationen beim Fahren. Pewag aus Österreich, weitere Standorte in 15 Ländern weltweit www.pewag.com 632 Euro Gut funktionierende Haken- und Spannmechanik, unabhängig von der Fahrtrichtung montierbar. Bei der Montage muss man unter den Lkw, um die Kette am Reifeninneren einzuhaken. Erzeugt Vibrationen beim Fahren.