Berlin. Das von der Bundesregierung geplante Verbot lauter Güterwagen ab Ende 2020 wird von den Branchenverbänden begrüßt. Während einer öffentlichen Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestags haben sie Stellung genommen zu dem Entwurf für ein entsprechendes Schienenlärmschutzgesetz und auf eine Begrenzung der vorgesehenen Ausnahmen gedrungen. Jürgen Tuscher, Geschäftsführer des Verbands der Güterwagenhalter (VPI), brachte es auf den Punkt: „Das Interesse an einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz des Schienengüterverkehrs ist groß, da ansonsten mittel- bis langfristig das Geschäftsmodell der Wagenhalter bedroht wäre.“ Ein „noch eindeutigeres Signal“ wäre aber ein nationales Betriebsverbot für laute Züge ohne Ausnahmen.
Sachverständige fürchten Kapazitätsengpässe
Wie Tuscher sah auch Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, darin die Gefahr eines Verstoßes gegen EU-Recht. Die Bundesregierung solle sich deshalb für ein EU-weites Einsatzverbot lauter Güterwagen einsetzen. Der Gesetzentwurf der Regierung sieht vor, dass laute Güterwagen auch nach dem Fahrplanwechsel 2020/21 noch auf dem deutschen Schienennetz verkehren dürfen, wenn der Güterzug, in den die Wagen eingereiht sind, nur mit einer niedrigen, im Fahrplan festgelegten Geschwindigkeit unterwegs sind. Langsame Güterzüge bedeuteten Kapazitätsverluste mit der Folge, dass „der Schienengüterverkehr massiv an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Verkehrsträgern verlieren würde“, befürchtete Flege. Wenn man noch für eine Übergangszeit mit langsamen Güterzügen leben müsse, dürften diese nur im Gelegenheitsverkehr eingesetzt werden, nicht aber im Regelfahrplan.
Ähnlich argumentierte Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE). Er regte an, die vorgesehenen Ausnahmen durch „erhöhte Trassenpreise noch unattraktiver zu machen“. Er begrüßte die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, bei Verstößen gegen das Verbot lauter Güterwagen Bußgelder zu verhängen. Martin Henke, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), rechnete vor, die Geschwindigkeit eines Zugs mit lauten Güterwagen dürfe statt 90 nur noch 30 Stundenkilometer fahren, um den Lärmpegel eines Zuges mit lauten Güterwagen auf angestrebte fiktive Schallleistungspegel zu senken. Weil er fürchtet, es könne zu einer erheblichen Reduzierung der tatsächlich verfügbaren Trassenkapazitäten und zu beträchtlichen Einschränkungen des Betriebs für alle Beteiligten kommen, verlangte er eine „sehr deutliche Spreizung der Trassenpreise“.
Bundesregierung will Schienenlärm halbieren
Ziel des Gesetzes ist es, die Bevölkerung vor dem im Schienengüterverkehr verursachten Lärm zu schützen. Deshalb soll auf die bisher üblichen Grauguss-Bremssohlen verzichtet und stattdessen zum Beispiel Verbundstoff-Bremssohlen eingesetzt werden. Das Gesetz zur Halbierung des Schienenlärms in Deutschland bis 2020 soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag beraten und verabschiedet werden. (jök/ag)