Über bessere Rahmenbedingungen für Investitionen und den Betrieb von Gleisanschlüssen, Ladestellen und Güterterminals – sogenannten GLG-Anlagen – diskutieren in Wolfsburg 120 Vertreter aus Wirtschaft und Politik. "Die Güte des Eisenbahnbetriebes wird entscheidend durch die Qualität der Infrastruktur bedingt“, sagte Joachim Berends, Vizepräsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zu Beginn der der 4. BME/VDV-Gleisanschluss-Konferenz am 7. und 8. Oktober 2024 in Wolfsburg.
Mit Blick auf die chronische Unterfinanzierung der Schieneninfrastruktur unterstrich Michael Jungk, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME): „In den 70 Jahren unseres Bestehens gab es viele Herausforderungen, doch die, die vor uns liegen, sind ohne Beispiel. Allein die Infrastruktur zu sanieren, wird nicht ausreichen, um die Deutsche Bahn auch konzeptionell an die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts anzupassen.“
Unisono erklären die Verbände BME und VDV, dass dringender Handlungsbedarf bei der Verkehrsinfrastruktur und den Trassenpreisen besteht. Die Kunden der Eisenbahnen benötigten „Planungssicherheit, Preisstabilität und Qualität“. Ansonsten würden Rückverlagerungen auf die Straße mit negativen Folgen für Klimaschutz und Energieeffizienz drohen, so die Branchenvertreter.
Ausbau der Schiene in den Regionen
Die Bedeutung der GLG-Anlagen betonte Michael Jungk vom BME: „Diese Zugangspunkte sind entscheidend, um die Klimaziele und die Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene zu erreichen. Durch die Gleisanschluss-Charta wird sichergestellt, dass dieses Thema auf der politischen Agenda bleibt.“ Eine zentrale Frage in Wolfsburg war denn auch: Wie kann die Wirtschaft in den Regionen bedarfsgerecht mit GLG-Anlagen und vorgelagerten Infrastrukturen ausgestattet werden?
Initiativen für den Ausbau der Schiene müssen auch aus den Regionen kommen und regionale Güterbahn-Planungen durch Länder und Bund unterstützt werden. Dazu sagte der Landrat Jens Marco Scherf vom Landkreis Miltenberg „Die im Landkreis angesiedelten Unternehmen möchten die Schiene sehr viel stärker nutzen und verfügen über ein großes Transportpotenzial. Neben Zugangsstellen benötigt die Wirtschaft aber auch eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur vor ihrer Haustür“. Ähnlich wie bei der Wärmeplanung sollte man auch mit einer regionalen Schienengüterverkehrsplanung beginnen, und zwar für die Metropolen und den ländlichen Raum gleichermaßen. Hierzu bedarf es eines Schulterschlusses zwischen Bund, Ländern, Regionalplanung und Kommunen bei der Planung und Finanzierung. Interessenten aus dem regionalen Umfeld gibt es ausreichend, um entsprechende Pilotprojekte anzustoßen.
Sorgenkind Trassenpreiserhöhungen
Derzeit werden die aktuellen Nachrichten rund um den Schienengüterverkehr aber von Infrastrukturproblemen und drastischen Kostensteigerungen dominiert. Tino Bauer, Mitglied des Erweiterten Präsidiums des DSLV, sagte dazu: „Die angekündigten Trassenpreiserhöhungen der DB InfraGo gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs und erschweren es insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen, wirtschaftlich zu arbeiten. Im schlimmsten Fall droht eine Einstellung von Schienentransporten und die Stilllegung von Gleisanschlüssen. Wir fordern, die Trassenpreise auf einem angemessenen Niveau zu halten, um den Schienengüterverkehr auch langfristig abzusichern.“
VDV-Vizepräsident Joachim Berends: „Wir müssen zweigleisig fahren. Einerseits haben wir der Politik zwei zukunftsfähige Modelle vorgelegt, wie ein zukunftsfähiges Trassenpreissystem in Deutschland aussehen kann. Hier dürfen wir uns kein Zögern leisten, denn die wirtschaftlichen Folgen für viele Unternehmen wären verheerend.“ Gleichzeitig müsse man darüber sprechen, „wie sich die drastischen Trassenpreissteigerungen in den nächsten Jahren auf die Transportentscheidungen der Kundinnen und Kunden auswirken werden, was Szenarien sein könnten“.